€uro am Sonntag: Warum hat Union Investment seine Aktien von Deutsche Wohnen zuletzt nicht angedient?
Michael Muders: Das Vonovia-Übernahmeangebot von 52 Euro je Deutsche-Wohnen-Aktie war weder attraktiv noch fair. Es reflektiert nicht die Dynamik, die im deutschen Wohnimmobilienmarkt steckt - vor allem in Berlin, das 70 Prozent des Deutsche-Wohnen-Portfolios ausmacht.

Was war das Problem an der Offerte?
Der hier ausschlaggebende Nettovermögenswert liegt doch schon heute über den 52 Euro je Aktie. Doch nach dem Wegfall des Berliner Mietendeckels im Frühjahr wurde er nicht neu ermittelt, das ist das Problem. Von einer Übernahmeprämie, die in solchen Fällen üblich ist, kann auch nicht die Rede sein.

Rechnen Sie mit einem neuen Angebot?
Wenn beide Unternehmen den Deal wirklich wollen, müssen sie das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Sie haben jetzt den Segen der Politik und können sich noch vor der Bundestagswahl auf ein neues Übernahmeangebot einigen, dem im ersten Schritt die Finanzaufsicht Bafin, im zweiten Schritt die Mehrheit der Aktionäre zustimmen muss. Wenn der Deal jetzt nicht kommt, kommt er gar nicht.

Wie sollte das Angebot ausgestaltet sein, um Erfolg zu haben?
Jedenfalls deutlich höher. Die Aktionäre der Deutsche Wohnen werden beim nächsten Angebot sehr genau hinschauen und die Prämie auf den aktuellen, noch zu ermittelnden Nettovermögenswert einfordern, die ihnen bei einer Übernahme zusteht. Der Deal muss fair sein für alle Beteiligten, und die Synergien müssen den Aktionären beider Unternehmen zugutekommen. Es darf nicht passieren, dass die Vonovia-Aktionäre einseitig profitieren, wie es beim nun gescheiterten Übernahmeangebot der Fall gewesen wäre.

Das letzte Angebot soll auch an Hedgefonds gescheitert sein, die sich verspekuliert haben, und an passiven Investoren, die nicht verkaufen durften. Wie bewerten Sie insgesamt das Engagement von Hedgefonds und ETF- bzw. Indexfondsanbietern bei DAX-Konzernen? Werden Übernahmen dadurch schwieriger?
Ich würde die Rolle von Hedgefonds und passiven Investoren hier nicht überbewerten. Wenn der Deal fair ist und die Konditionen stimmen, klappt es. Wenn nicht, dann nicht. So einfach ist das.

Vonovia baggert weiter an Deutsche Wohnen


Übernahme-Deal » Nach dem Scheitern seiner Offerte stockt der Bochumer Wohnkonzern seine Beteiligung am Konkurrenten auf. Der Markt spekuliert auf ein neues und verbessertes Angebot.

Die beiden größten deutschen Wohnkonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen bleiben auch nach dem gescheiterten zweiten Anlauf auf Übernahmekurs. Davon gehen zumindest Branchenexperten und Anleger am Kapitalmarkt aus. Auch Vonovia- Chef Rolf Buch hat ein erneutes Übernahmeangebot nicht ausgeschlossen - und den Worten bereits Taten folgen lassen. So hat der Marktführer gerade seine Beteiligung an Deutsche Wohnen von zuletzt 18 auf knapp 30 Prozent aufgestockt. Überschreitet Vonovia diese Schwelle, müsste ein neues Kaufangebot folgen.

"Das heiße Eisen schmieden"

"Wir prüfen derzeit ergebnisoffen alle Optionen", relativiert eine Vonovia-Sprecherin gegenüber €uro am Sonntag. Doch auch Analysten wie Michael Seufert von der Nord/LB und Kai Klose (Berenberg) rechnen mit einer neuen Offerte. "Wenn beide Unternehmen den Deal wirklich wollen, müssen sie das Eisen schmieden, solange es heiß ist", sagte Union- Investment-Fondsmanager Michael Muders gegenüber €uro am Sonntag. "Wenn der Deal jetzt nicht kommt, kommt er gar nicht".

Zuvor hatte es Vonovia auch im zweiten Anlauf nicht geschafft, mit seiner Offerte von 52 Euro je Aktie die Deutsche- Wohnen-Aktionäre auf Linie zu bringen. Statt der angestrebten 50 erreichte Vonovia nur 47,6 Prozent der Deutsche-Wohnen- Anteile. Vonovia machte dafür vor allem Hedgefonds verantwortlich, die sich bei Deutsche Wohnen positioniert und verspekuliert hätten. Auch passive Investoren sollen gebremst haben, also ETF-Anbieter und Indexfonds, die ihre Anteile nicht so einfach andienen können.

"Ich würde die Rolle von Hedgefonds und passiven Investoren hier nicht überbewerten", gibt Michael Muders zu bedenken. "Wenn der Deal fair ist und die Konditionen stimmen, klappt es. Wenn nicht, dann nicht. So einfach ist das."

Mehrere Gründe sprechen dafür, dass Vonovia bei der Übernahme am Ball bleibt. Dass der Bochumer Wohnungsriese seine Beteiligung auf fast 30 Prozent aufgestockt hat, ist das offensivste Signal, dass die Übernahme weiter vorangetrieben wird. Dabei ist es nur schwer vorstellbar, dass Vonovia auf halber Strecke stehenbleibt und sich dauerhaft mit der Rolle des Minderheitsaktionärs abgeben wird. Umgekehrt würde der Wohnungskonzern bei einem Rückzieher nicht nur Wertverluste aus dem zu erwartenden Kursrückgang riskieren, sondern auch steuerliche Vorteile bei der Realisierung des Deals preisgeben.

Für Anleger bleiben die Aktien von Deutsche Wohnen als spekulatives Investment weiter spannend, auch weil der Marktwert der Liegenschaften über dem Kurs liegt. Auch die Vonovia-Aktie ist auf dem aktuellen Niveau immer noch günstig. Als "fundamental unterbewertet ordnet sie DZ-Bank-Analyst Karsten Oblinger ein. Einzige Einschränkung wäre, wenn Vonovia nun ein so hohes Angebot für Deutsche Wohnen abgibt, dass der Markt es als völlig überzogen einstuft.