Herr Dreide, wie beurteilen Sie die Ergebnisse der mittlerweile zwei Jahre anhaltenden expansiven Geldpolitik der Bank of Japan?
Bislang ist es Notenbankchef Haruhiko Kuroda nicht gelungen, das angestrebte Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen. Die deflationären Tendenzen sind vor allem wegen des Ölpreisverfalls weiterhin in Takt. Dennoch glaube ich, dass Japan die mittlerweile über zwei Jahrzehnte währende Phase von sinkenden Preisen, geringen Investitionen und Konsumzurückhaltung überwinden kann.

Rechnet man die jüngste Mehrwertsteuererhöhung heraus, beträgt die Inflationsrate in Japan derzeit aber nur null Prozent.
Richtig, doch nicht nur der Bank of Japan fällt es derzeit schwer, Inflation zu erzeugen. Auch die geldpolitischen Maßnahmen der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank haben noch keinen nachhaltigen Preisanstieg bewirkt. Dennoch bleibt die quantitative Lockerung der Bank of Japan nicht ohne positive Wirkung.

Woran machen Sie diese fest?
Unter anderem hat der Yen im Vergleich zum Dollar und zum Euro deutlich nachgegeben. Das steigert die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, die Exporterträge ziehen an. Davon profitieren beispielsweise die Autohersteller Nissan Motors oder Toyota, die ihre Erlöse überwiegend im Ausland erzielen. Der niedrige Yen-Kurs motiviert aber auch Unternehmen wie etwa Panasonic, ihre Produktionsstätten im Ausland zu schließen und zurück nach Japan zu verlagern. Vor allem aber stärken die Maßnahmen der Notenbank zusammen mit den Stimulierungsmaßnahmen und Steuersenkungen der Regierung das Vertrauen der Unternehmen in eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung. Ich habe vor Kurzem mit vielen Managern gesprochen. Der zu Beginn der Abenomics-Politik noch vorherrschende Pessimismus ist mittlerweile einem deutlich spürbaren Optimismus gewichen.

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Japans Notenbank erwirbt bereits pro Jahr für rund 624 Milliarden Euro Anleihen und Wertpapiere. Mittlerweile soll sie bereits 50 Prozent aller Staatspapiere halten. Wird sie die quantitative Lockerung dennoch intensivieren, um die Preisspirale endlich in Gang zu setzen?
Ich denke schon. Die Bank of Japan wird vor allem dann reagieren, wenn die US-Notenbank die Zinsen in diesem Jahr entgegen den Erwartungen doch nicht erhöht und der Dollar dadurch wieder schwächer werden sollte. Der Aufschwung in den USA ist jedenfalls nicht so robust, wie der Blick auf die Zahlen zunächst vermuten lässt. Ich erwarte die Zinswende in den Staaten im kommenden Jahr. Die US-Notenbank wird erst dann reagieren, wenn ihr der Aufschwung robust erscheint.

Die geldpolitischen Maßnahmen der Notenbank beflügeln die Börse in Tokio. Seit dem 1. Januar 2013 hat Japans Leitindex um knapp 74 Prozent zugelegt. Hält der Kursaufschwung an?
Ja, ich halte es für möglich, dass sich der Nikkei bis 2020, dem Jahr, in dem in Tokio die Olympischen Spiele stattfinden, verdoppelt.

Das hieße, der Nikkei übertriff sein Allzeithoch aus dem Jahr 1989 von 39 815 Punkten. Was treibt die Kurse?
Japans Aktienmarkt ist trotz der starken Entwicklung weiterhin günstig. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt mit 17 immer noch unter dem historischen Durchschnitt. Zudem achten Japans Unternehmen wie etwa Kawasaki Heavy seit langer Zeit wieder auf die operativen Margen und streben Steigerungen auf fünf bis acht Prozent an. Und es kommt endlich Bewegung in die Konglomeratsstruktur vieler großer Unternehmen. Unter anderem will Sony seine unrentable Fernsehsparte verkaufen. In der Vergangenheit war eine Verkleinerung ihres Unternehmens für die meisten Manager keine Option. Für Kursfantasie sorgen aber auch Übernahmepläne. Unter anderem will Panasonic zukaufen. Auch das war vor einigen Jahren noch undenkbar.

Ist die Rally in Tokio fundamental begründet, stehen die Aktienkurse im Einklang mit der Gewinnentwicklung der Unternehmen?
Eindeutig. Die Aufwärtsbewegung unterscheidet sich daher vom Aufschwung an der Wall Street oder in Frankfurt. Die Kurssteigerungen dort sind in erster Linie auf die niedrigen Zinsen zurückzuführen. Die Gefahren einer deutlichen Korrektur sind daher groß. In Tokio sorgt dagegen der staatliche Pensionsfonds für eine gute Unterstützung. Dieser will seinen Aktienanteil von derzeit zwölf auf 25 Prozent aufstocken. Auch die Bank of Japan will sich verstärkt in Exchange Traded Funds engagieren.

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Der private Verbrauch trägt zu über 60 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Die Konsumenten haben ihre Ausgaben nach der ersten Mehrwertsteuerhöhungen jedoch deutlich zurückgefahren. Im April 2017 soll die Mehrwertsteuer noch einmal erhöht werden. Welche Folgen wird dies haben?
Die Erhöhung auf zehn Prozent können die Verbraucher verkraften. Bis dahin dürften die Löhne gestiegen sein. Die Regierung hat speziell die großen Unternehmen aufgefordert, die Mitarbeiter in Form von Gehaltserhöhungen an den jüngsten Erfolgen zu beteiligen. Dem Appell werden sich die Unternehmen nicht völlig verschließen.

Japans Bevölkerung schrumpft zahlenmäßig, bis zum Jahr 2050 droht die Einwohnerzahl auf rund 100 Millionen zu sinken. Wie kann das Land den damit einhergehenden Gefahren für Wachstum und Wohlstand begegnen?
Das Land wird wohl nicht umhinkommen, die Grenzen für ausländische Arbeitnehmer zu öffnen. Zudem will die Regierung den Anteil erwerbstätiger Frauen deutlich erhöhen. Und man setzt auf Produktivitätsfortschritte. Dies hat dazu geführt, dass Japan auf dem Gebiet Automatisierungstechnik weltweit führend ist. Bei Fanuc werden mittlerweile Roboter von Robotern hergestellt.

Der TBF Japan Fund hat in Fanuc investiert?
Ja, das ist eine unserer Top-Positionen. Der Konzern ist auch ein Beispiel dafür, das Japans Unternehmen zunehmend aktionärsfreundlicher agieren. Fanuc empfängt inzwischen Fondsmanager und informiert über Unternehmensziele.

Welche Unternehmen favorisiert der Fonds?
Wir investieren in Unternehmen mit hoher Substanzkraft, die vom schwachen Yen profitieren. Den müssen die Anleger jedoch nicht fürchten. Der Fonds ist in Euro aufgelegt und währungsgesichert.

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Peter Dreide

Peter Dreide gründete im Jahr 2000 TBF Global Asset Management. Die Investmentboutique hat mehrere Fonds, darunter auch den TBF Japan (ISIN: DE000A1Z3Y41) aufgelegt. Dreide startet seine Laufbahn 1983 in der Anlageberatung der Deutschen Bank. 1992 wechselt in den institutionellen Brokerbereich und arbeitete für das kanadische Unternehmen McLean McCarthy. Von 1994 bis 1999 war er unter anderem für Barclays de Zoete Wedd und Deutsche Morgan Grenfell tätig.