boerse-online.de: Herr Funk, im November findet die UN-Klimakonferenz in Glasgow statt. Staatschefs wie Boris Johnson aus Großbritannien oder Joe Biden aus den USA warnten im Vorfeld, dass die Welt in der Klimapolitik endlich umsteuern müsse. Was erwarten Sie von der Konferenz?
Alexander Funk: Ich bin da etwas gespalten. Einerseits zeigt die Erfahrung, dass bei Klimagipfeln nationale Interessen einer echten Einigung meist im Weg stehen. Andererseits sind meine Erwartungen an den Gipfel in Glasgow hoch: Viele Länder spüren bereits die Folgen des Klimawandels und viele Politiker erkennen, dass sie endlich konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz beschließen müssen - und zwar jetzt! Außerdem gibt es gerade in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ein spannendes Umdenken.
Inwiefern?
Den Menschen wird zunehmend klar, dass klima- und umweltfreundliche Produkte und Produktionsweisen einen Wettbewerbs- und Standortvorteil bringen. Man sieht in der Rohstoff-, Energie- oder Automobilindustrie, dass Konzerne, die sich an alte Geschäftsmodelle klammern, wirtschaftliche Probleme bekommen - während andere vom Umbau zu einer sauberen Wirtschaft profitieren. Es geht in Glasgow also auch um unsere Zukunftsfähigkeit, unsere Jobs und unseren Wohlstand.
Klimaschutz ist also ein Wirtschaftsfaktor?
Natürlich, für Unternehmen sind Klimafreundlichkeit und Umweltschutz längst auch Shareholder-Value. Konzerne, die ihr Geschäftsmodell nicht nachhaltiger aufstellen, müssen sich mit immer strengen Regeln herumschlagen, was ihr Geschäft erschwert. Immer mehr große Investoren lassen die Finger von ihnen, was ihre Aktienkurse langfristig zusätzlich unter Druck bringt. Außerdem macht ein schlechter Ruf ein Unternehmen nicht nur für Kunden weniger attraktiv, sondern auch für gut ausgebildete und talentierte Mitarbeiter. Denn die suchen meist einen Job mit Perspektive in einem zukunftsfähigen Unternehmen, das innovativ und cool ist.
Sie leiten einen Fonds, der in die Gewinner dieser Transformation investieren will: Den Ökoworld Klima. Beim Thema Klima denken die meisten Anleger vor allem an E-Autos und Erneuerbare Energien. Die spielen in Ihrem Fonds aber gar keine so große Rolle, oder?
Im Bereich der Erneuerbaren Energien gibt es viele tolle Unternehmen, die wirklich messbares für den Klimaschutz tun. Aus der Sicht eines Investors muss aber auch die finanzielle Seite passen, wir möchten ja Geld mit den Investments in die Unternehmen verdienen. Momentan sind Erneuerbare Energien deshalb bei uns im Fonds unterrepräsentiert, sie machen nur rund fünf Prozent des Portfolios aus - vor einem Jahr waren es noch über 20 Prozent. Dass der Anteil heute so klein ist hat zwei Gründe: Erstens nimmt die Konkurrenz in diesem Bereich zu, das Geschäft wird schwerer. Zweitens gab es im letzten Jahr wegen der Klimabewegung Fridays for Future, dem Wahlsieg Joe Bidens, aber auch wegen der neuen EU-Regeln, die immer mehr Investoren dazu bringen, nachhaltig zu investieren, einen ziemlichen Hype um Erneuerbare Energien. In Aktien von Solar- oder Windkraftunternehmen wurden riesige Summen angelegt, weshalb sie einfach zu teuer geworden sind.
Die Aktie des Solartechnik-Unternehmens Enphase hat in den letzten fünf Jahren zum Beispiel weit über 10.000 Prozent Gewinn gemacht.
Enphase ist ein gutes Beispiel. Die Aktie hatten wir lange im Fonds, 2019 haben wir Enphase persönlich im Silicon-Valley besucht und mit dem Finanzvorstand gesprochen. Sehr positiv war, dass das Unternehmen seine Finanzprobleme unter Kontrolle gebracht hat. Wir haben alle Aktien in unserem Fonds aber Anfang des Jahres einem Realitäts-Check unterzogen und uns gefragt, wo die Bewertungen noch zu Gewinn- und Umsatzwachstum passen. Für Enphase und viele andere Unternehmen aus dem Bereich Erneuerbare Energien waren die Bewertungen viel zu hoch, weshalb wir die Positionen dort mit guten Gewinnen abgebaut haben. Jetzt investieren wir erst einmal mehr in andere klimafreundliche Trends, die wir für spannend halten.
Welche sind das zum Beispiel?
Wir sehen uns im Umweltbereich immer die gesamte Wertschöpfungskette an. Und dort gibt es häufig in der zweiten und dritten Reihe sehr spannende Unternehmen, bei denen es noch keinen so großen Hype gibt. Beispiel Erneuerbare Energien: Hier haben wir etwa den Kabelhersteller NKT im Fonds. Er trägt dazu bei, dass der an der Nordsee aus Wind hergestellte Strom ohne große Leitungsverluste zu BMW oder anderen Industrieunternehmen im Süden kommt. Ein weiteres interessantes Unternehmen ist Verbund aus Österreich, das bei der Wasserkraft tätig ist. Wasserkraft ist verlässlicher Stromlieferant, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Und durch Pumpspeicher kann man die Schwankungen ausgleichen, die beim Angebot von Solar- und Windstrom entstehen.
Welche weiteren Anlagetrends finden sich in ihrem Fonds?
Häufig sind das Bereiche, in denen die Menschen ihr eigenes Verhalten kritisch hinterfragen und ihre Lebensweise umstellen. Immer mehr Menschen fahren mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zum Bäcker, weshalb haben etwa die Radhersteller Giant, Merida sowie den Komponentenbauer Shimano im Fonds haben. Oder anderes Beispiel: Gebäude stehen in Deutschland für etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs. Den kann man reduzieren, wenn man mit einer Wärmepumpe statt mit Öl heizt oder sein Haus besser isoliert. Hier sind wir etwa in die Dämmmaterialienhersteller Rockwool und Kingspan oder den Wärmepumpenproduzenten Nibe investiert. Und man kann bei Lebensmitteln oder Kosmetik auf eine nachhaltige Produktion achten. Solche Produkte bietet unter anderem die US-Fastfoodkette Chipotle Mexican Grill oder der Kosmetikhersteller L’Occitane International an, die ebenfalls im Fond sind.
Es geht also viel um Ressourcen- und Energiesparen. Das ist auch in der Wirtschaft ein wichtiges Thema, oder?
Ja, viele Unternehmen sind hier aber auf einem guten Weg und handeln schon aus Eigennütz. Denn Energie- und Rohstoffverschwendung sind nicht nur schlecht für das Klima, sie kosten auch Geld. Im Umkehrschluss heißt das: Wer effizient wirtschaftet, verdient unter dem Strich auch mehr mit seinen Produkten. Das gilt besonders im aktuellen Umfeld mit steigenden Preisen für Rohstoffe und Energie. Hier ist Recycling und Wiederverwertung ein wichtiger Punkt. Wir haben zum Beispiel Anteile am US-Unternehmen Waste Management, die Müll verwerten, Materialien recyceln und sie damit in den Wirtschaftskreislauf zurückbringen. Durch die im Moment stark steigenden Notierungen bei vielen Rohstoffen können Recyclingfirmen höhere Preise für Materialien verlangen, was ihre Margen steigert. Recycling ist außerdem in vielen Bereichen auf dem Vormarsch, auch beim Autobau. Die größte Position in unserem Fonds ist LKQ, die Autos und LKWs recyceln, Teile für die Reparatur von Fahrzeugen wiederverwenden und gewonnene Rohstoffe verkaufen. Auch LKQ profitiert im Moment von steigenden Rohstoffpreisen. Die Aktien von Müllverwertern sind für uns deshalb eine gute Absicherung gegen Inflation
Ökoworld Klima
Umwelttechnik, Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Landwirtschaft, Erneuerbare Energien, alternative Verkehrssysteme oder nachhaltige Wassernutzung: Der Ökoworld Klima (ISIN: LU0301152442) investiert in diverse Bereiche, die helfen, klimafreundlich zu wirtschaften beziehungsweise sich schon heute an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Dass solche alternative Wirtschaftsweisen nicht Einschränkung sondern Wachstum bedeuten, zeigt schon ein Blick auf die Rendite des Ökoworld Klima: Der 2007 gegründete und mittlerweile über 700 Millionen Euro schwere Fonds erzielte in den vergangenen zehn Jahren über 300 Prozent Rendite, allein in den vergangenen drei Jahren waren es rund 100 Prozent. Wegen der starken Wertentwicklung trägt das von Alexander Funk gemanagte Produkt die €uro-Fonds Note 1, bei der Umweltbilanz erhält er das beste €uro-Eco-Rating A. Fondsmanager und ausgebildete Bankbetriebswirt und Analyst Funk ist seit 2009 bei Ökoworld und managte davor bei der DZ Bank den nachhaltig investierenden ÖKO-Aktienfonds. Funk ist Vater von zwei Kindern, fährt in seiner Freizeit viel Fahrrad und macht gerne Rucksack-Reisen.