Im Profil
Juan Nevado ist seit dem Jahr 1998
bei der britischen Fondsgesellschaft
M & G. Er ist Co-Manager des M & G
Episode Growth Fund, des M & G Episiode
Allocation Fund und des Multi-
Asset-Fonds M & G Dynamic Allocation
Fund (ISIN: GB 00B 56H 1S4 5).
Vor M & G war Nevado Anleiheexperte
bei der Bank of Montreal. Er besitzt
einen Bachelorabschluss von der
London School of Economics in Wirtschaftswissenschaften
sowie einen
Master der gleichen Fachrichtung von
der Universität Warwick.
€uro fondsxpress: Herr Nevado, macht es Sinn, auf
Grundlage von Wirtschaftsprognosen Investment-entscheidungen
zu treffen?
Juan Nevado: Nein. Zum einen ist es außerordentlich
schwierig, exakt die Höhe des Wirtschaftswachstums
eines Landes, die Inflationsrate oder andere
Kennziffern zu prognostizieren. Die Chance, dass
Experten, auch wenn sie noch so qualifiziert sind,
danebenliegen, ist höher, als dass sie ins Schwarze
treffen. Aber auch wenn die Prognosen einmal zutreffend
sein sollten, gibt es keine Garantie dafür,
dass sich die Märkte tatsächlich in die daraus abgeleitete
Richtung bewegen. Wir haben dies zuletzt im
vergangenen Oktober erlebt.
Da korrigierten Aktien, auch aufgrund geopolitischer
Risiken.
Richtig. Der Rücksetzer stand jedoch in deutlichem
Gegensatz zu den Prognosen. Die meisten Institute
hatten eine weitere Erholung der Wirtschaft und einen
stärker werdenden Dollar vorhergesagt, was sich
ja auch bislang bestätigte. Die Investoren waren dennoch
nicht überzeugt und erhöhten ihre Cash-Position.
Wie erklärt sich das?
Investoren handeln nicht rational, sondern emotional.
Der Crash im Jahr 2008 oder das Platzen der
Technologieblase ist vielen Anlegern noch sehr präsent.
Erreichen die Märkte neue Allzeithochs, werden
Investoren misstrauisch, auch wenn es fundamental dazu keinen
Anlass gibt. Zudem messen Anleger bestimmten Ereignissen oft einen
zu großen oder zu geringen Einfluss auf die Märkte bei. Und immer wieder
kommt es vor, dass Probleme oder Risiken, die schon länger existent
sind, plötzlich von den Investoren nicht mehr negiert, sondern als
Gefahr wahrgenommen werden. Auch wenn wir die Zukunft exakt vorhersagen
könnten, wären wir dennoch nicht in der Lage, Börsenentwicklungen
zu prognostizieren
Wie stark ist der Einfluss der Emotionen auf die Märkte?
Der Ökonom Robert Shiller ist der Ansicht, dass 80 Prozent der Volatilität,
die wir in den vergangenen 100 Jahren an den Märkten erlebt haben,
fundamental nicht begründet waren. Das heißt, die Anleger haben
aus rational nicht nachvollziehbaren Gründen ihre Risikoeinschätzungen
verändert.
Die Emotionen der Anleger sorgen für Übertreibungen, aber auf längere
Sicht entwickeln sich Aktien- und Anleihekurse in Richtung ihres
fairen Wertes?
Davon sind wir überzeugt. Langfristig entwickeln sich die Märkte sehr
wohl rational. Doch Investoren mit einem langen Anlagehorizont sind
eher die Ausnahme. Die Mehrzahl der Investoren trifft Anlageentscheidungen
auf Sicht von zwölf Monaten. Wir sehen in den immer wieder
kehrenden Übertreibungen eine Chance.
Um von Übertreibungen profitieren zu können, müssen Sie zuvor den fairen
Wert eines Investments ermitteln?
Ja. Das machen wir, indem wir uns unter anderem über sehr lange Zeiträume
hinweg die Bewertungen einzelner Märkte beziehungsweise Anlageklassen
anschauen. Erkennen wir, dass sich die Märkte von dem
von uns ermittelten fairen Wert fortentwickeln, positionieren
wir uns entsprechend long oder short.
Wir versuchen zudem mithilfe computergestützter
Analysen, die Auslöser für emotionale Übertreibungen
immer besser zu verstehen.
Sie misstrauen Wirtschaftsprognosen, dennoch verfolgt
der M & G Dynamic Allocation Fund einen Top-
Down-Ansatz. Wie passt das zusammen, treffen Sie eigene
ökonomische Prognosen?
Unser Team verfügt über erfahrene Ökonomen, doch
gerade deshalb sind sie sich der Unzulänglichkeit
exakter Prognosen bewusst. Tendenzen lassen sich
jedoch erkennen. Was die konjunkturelle Entwicklung
betrifft - da deckt sich unsere Meinung derzeit
mit den Wirtschaftsforschern -sind wir sehr optimistisch.
Eine Rezession der Weltwirtschaft ist nicht
zu erkennen. Und selbst in der Eurozone wächst der
Widerstand gegen eine Fortsetzung der Sparpolitik.
Gleichzeitig sorgt die Europäische Zentralbank für
eine enorme Stimulierung. Das spricht grundsätzlich
für Aktien.
Erkennen Sie an den Märkten aktuell emotionale Übertreibungen?
Ja, wir sehen bei den Anlegern eine Blase der Angst.
Unter anderem in Deutschland. Trotz Negativzinsen
bei Anleihen kaufen Anleger Bonds und sind glücklich
damit. Rational ist das nicht, zumal der DAX unserer
Meinung nach immer noch relativ günstig bewertet
ist. Für ein Engagement spricht zudem der niedrige Euro, von
dem die exportorientierte Wirtschaft enorm profitiert. Aufgrund des
günstigen Wechselkurses, der die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen
stärkt, zählt in unserem Aktienuniversum auch Japan zu den Favoriten.
Der M&G Dynamic Allocation Fund ist über eine Milliarde Euro schwer. Wie
haben Sie die Mittel derzeit verteilt?
Wir sind grundsätzlich positiv für Aktien gestimmt und haben inklusive
Derivate 46,5 Prozent investiert. Auf Anleihen, einschließlich Unternehmensanleihen,
Wandelanleihen sowie Short-Positionen bei Staatsanleihen,
entfallen 43,5 Prozent. Wir haben zuletzt in beiden Anlageklassen
Positionen reduziert, da sie uns nicht mehr so billig erscheinen.
Unsere Nettocashposition beträgt nun zehn Prozent.
Ist Ihrer Meinung nach die grundsätzlich negative Wechselbeziehung zwischen
Anleihen und Aktien nicht mehr gegeben?
Die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen ist nicht starr, sondern
kann sich verändern. Derzeit stellen wir vermehrt einen Gleichlauf fest.
Der M & G Dynamic Allocation Fund ist über eine Milliarde Euro schwer. Die
Mittel haben Sie auf rund 90 Positionen verteilt. Ist das Diversifikation genug
?
Wir investieren überwiegend in globale Indexpapiere, die ja die Wertentwicklung
einer Vielzahl von Einzelpositionen widerspiegeln. Zu unseren
Top-Positionen zählen derzeit Index-Futures auf den DAX, den
japanischen Topix und den spanischen Ibex. Zu einem kleinen Teil
investieren wir auch in Einzelwerte, die wir unter anderem in der USTechbranche
finden. Alle Positionen sind liquide, wir könnten alle Investments
in kürzester Zeit verkaufen.