Herr Weise, Goldman Sachs geht für das laufende Jahr im Schnitt von einem Goldpreis 1050 Dollar pro Feinunze aus. Was erwarten Sie?
Bankprognosen folgen in der Regel meist dem jeweiligen Kursverlauf und dienen dem eigenen Produktabsatz oder auch dazu, sich gegen die eigene Prognose zu positionieren. Aus unserer Sicht macht es wenig Sinn, den vom Derivatemarkt extrem beeinflussten Goldpreis vorhersagen zu wollen. Langfristig gehen wir aber von anziehenden Notierungen aus. Durch die Nullzinspolitik der Zentralbanken und das Anwerfen der Druckerpressen sind die Risiken im internationalen Währungssystem im Vergleich zu 2008/2009 sogar erheblich gestiegen. Jederzeit können nun Dinge passieren, die die Notenbanken schlichtweg überfordern oder zum Aufgeben zwingen. Da die einzige Währung ohne Schulden - Gold - diese Begegnung mit einem "Schwarzen Schwan" nicht fürchten muss, wird die Nachfrage nach dem Edelmetall unabhängig von den Preisprognosen daher deutlich zunehmen.

2014 ist Gold gesunken, in Euro gerechnet legte der Preis wegen des starken Dollars jedoch um 14 Prozent zu. Wird der Greenback weiter steigen?
Der Dollar profitiert bislang vom Wirtschaftswachstum und der Erwartungshaltung, dass in den USA in diesem Jahr nun eine Zinswende bevorsteht. Wir sind davon jedoch nicht davon überzeugt. Vielleicht erfolgt zur Wahrung des Gesichts ein homöopathischer Zinsschritt, doch mit Blick auf die Probleme, die ein starker und ein dadurch noch stärker werdender US-Dollar allein nur den USA beschert, ist die Wahrscheinlichkeit eher gering. Vielmehr ist stattdessen eine neue quantitative Lockerungsübung der Fed zur Überraschung aller realistischer.

Warum sollte die US-Notenbank ein neues QE-Programm starten? Die US-Konjunktur hat doch wieder deutlich Fahrt aufgenommen.
Die EZB hat gerade den Notenbanken dieser Welt den Fehdehandschuh hingeworfen, der von zahlreichen Notenbanken auch sofort aufgenommen wurde. Ein immer heftiger tobender globaler Währungskrieg aber, der eine untätige USA als Verlierer dastehen ließe, ist nach der bisher gesehenen Billionen-Druckorgie und dem Ziel, diesen nicht gewinnbaren Krieg gewinnen zu wollen, nicht denkbar. Auch zeigt sich, dass die US-Wirtschaft alles andere prosperiert. Zwar bemühen sich die US-Statistiker nach Kräften die US-Wirtschaft blendend aussehen zu lassen, doch werden diese von den 64 Millionen US-Bürger, die 2014 Sozialhilfe bezogen, klar widerlegt. Kann man von einem echten Aufschwung sprechen, wenn aktuell knapp acht Millionen mehr als noch 2007 "Stütze" beziehen müssen?

Wie wird sich der Euro entwickeln?
Der wird schwächer, denn da setzt das bankrotte Athen ja gerade den Hebel an. Jede neue Lösung, Griechenland die untragbare Schuldenlast "tragbarer" zu machen - ob nun als abermaligen, jedoch nicht vermittelbaren Schuldenschnitt oder durch eine Verlängerung der Kredite auf den St. Nimmerleinstag - wird "Ich-auch"-Begehrlichkeiten im überschuldeten Resteuropa wecken. Auch sinkt das Vertrauen in die Stabilität des Euro beziehungsweise in die weitere Existenz der Eurozone durch die billionenschweren Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank, wie die Entscheidung der SNB, die sich vom Euro lossagte, beweist. In Europa nehmen die Fliehkräfte zu. Erst kürzlich hat das niederländische Parlament gegen das Kaufprogramm der EZB gestimmt, um zu verhindern, dass der holländische Steuerzahler für Fehlentwicklungen in anderen Staaten aufkommen muss. All das zeigt ein steigender Euro-Goldpreis nun auf.

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Die Notenbanken sind Ihrer Meinung jedoch an einem niedrigen Goldpreis interessiert?
Ja, dies soll den Anlegern, der Wirtschaft und den Verbrauchern signalisieren, sie hätten die Lage im Griff und könnten die Probleme lösen. Doch das ist ein Trugschluss. So ist die Verschuldung in vielen Staaten heute deutlich höher als noch vor der Finanzkrise - in nicht wenigen Staaten sogar nur noch durch die Notenbank-Planwirtschaft darstellbar. Auch das Bankensystem ist in keiner Weise stabiler geworden, von den Ergebnissen des Stresstests halte ich nicht viel. Eine Rückzugsmöglichkeit aus diesem verschuldeten System heißt Gold.

Lassen sich durch die EZB-Anleihekäufe Deflationsgefahren abwehren und die Konjunktur ankurbeln?
Nein, die Zinsen sind schon längere Zeit auf historisch tiefem Niveau, dennoch fällt das Wachstum in der Eurozone anhaltend schwach aus. Geldpolitische Maßnahmen können nichtmonetäre Probleme nicht beseitigen. Zusätzliche Maßnahmen machen daher keinen Sinn, zumal die Nebenwirkungen fatal zu werden drohen. Letztlich geht es der EZB nicht darum, Deflationsgefahren abzuwenden. Sie will Inflation erzeugen, um den Staaten den Schuldenabbau zu erleichtern. So aber verhindert sie, dass die Regierungen die notwendigen Reformen konsequent anpacken und sieht sich mit immer höher kletternden Schuldenbergen konfrontiert. Die Finanzierung der Staaten mit der Druckerpresse wird wie immer in der Geschichte für die betroffenen Währungen fatal enden.

Andererseits beflügelt die Politik der Notenbanken die Märkte. Hat es da Sinn, sich gegen den Trend zu stellen?
Wer garantiert,dass der "Trend", den man nur rückblickend als einen solchen erkennen kann, auch noch morgen ein Trend ist? Wir handeln nicht gegen unsere Überzeugungen. Die Notenbankexperimente sind zum Scheitern verurteilt, auch waren Währungsunionen bislang nicht von Erfolg gekrönt. An den Märkten hat sich eine Blase gebildet, befeuert von den Notenbanken, die jederzeit platzen kann. Zum Ausstieg wird jedoch nicht geklingelt, wie die Schweizerische Nationalbank eindrucksvoll allen Don’t-fight-the-centralbanks-Jüngern schmerzlich demonstrierte.

Im M&W Capital und M&W Privat sind Goldminenunternehmen hoch gewichtet. Was trauen Sie beiden Fonds, die das vergangene Jahr mit einem Minus abschlossen, 2015 zu?
Wir sind optimistisch. Goldminenwerte profitieren von einem steigenden Goldpreis. Die Titel sind zudem unterbewertet. Für den Einstieg sprechen auch die dank des niedrigen Ölpreises geringeren Produktionskosten. Seit Jahresanfang haben unsere Fonds 9,7 beziehungsweise 12,7 Prozent zugelegt.

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Herwig Weise

Herwig Weise ist gelernter Bank- und Diplom-Kaufmann. Gemeinsam mit Martin Mack gründete er noch während seines Studiums 1989 die Mack & Weise Vermögensverwaltung in Hamburg. In den vergangenen Jahren veröffentlichten Mack & Weise in zahlreichen Studien ihre Markteinschätzungen. Nicht selten weichen sie dabei vom Mainstream ab. Die Umsetzung ihrer Analysen erfolgt in den beiden vermögensverwaltenden Investmentfonds M & W Capital und M & W Privat.