Die Abfertigungsprobleme am größten deutschen Flughafen in Frankfurt werden nach Einschätzung des Betreibers noch mehrere Monate anhalten. Man werde sich noch zwei bis drei Monate auf dem gegenwärtigen Niveau bewegen und auch noch weitere Flüge streichen müssen, sagte Fraport -Vorstandschef Stefan Schulte am Dienstagabend. "Das Problem wird nach vorne - obwohl wir einstellen - nicht kleiner werden. Das sage ich sehr offen", so Schulte. Mit Blick auf den Schulferienbeginn in Hessen und Rheinland-Pfalz am 23. Juli sagte er: "Die Sommer-Peaks kommen noch."
In Kooperation mit dem Hauptkunden Lufthansa sind in Frankfurt für die Monate Juli und August bereits mehrere hundert Flüge gestrichen worden. Die maximale Stundenkapazität des Flughafens wurde um 10 auf 94 Flugbewegungen pro Stunde abgesenkt, um die Abfertigung der verbleibenden Flüge zu verbessern. Das sei notwendig, um das System stabil zu halten, sagte Schulte. "Das totale Chaos haben wir bislang vermieden."
Die Lufthansa hat wegen der massiven Kapazitätsprobleme an den Flughäfen und in der eigenen Organisation mehr als 3.000 Verbindungen in den Monaten Juli und August gestrichen.
Zwei Stunden Wartezeit - nach der Landung
Es gebe eine relativ hohe Unpünktlichkeit und insbesondere beim Gepäck lange Wartezeiten, für die sich Schulte bei den Passagieren entschuldigte. Derzeit werde die Verladung abgehender Flugzeuge sowie das Gepäck von Transit-Passagieren priorisiert. Wer in Frankfurt seine Reise beende, müsse daher auch schon mal zwei Stunden auf die Koffer warten. Zusätzlicher Aufwand entstehe, wenn die Fluggäste ohne Gepäck den Flughafen verließen, weil das Gepäck dann nachträglich zugestellt werden müsse. Vergleichsweise problemlos verliefen die Passagierkontrollen.
Schulte räumte ein, die Entwicklung im Laufe der Corona-Krise falsch eingeschätzt zu haben. Die Abwanderung von Beschäftigten mit niedrigen Einkommen habe man aber selbst mit aufgestocktem Kurzarbeitergeld nicht verhindern können, weil diese Menschen auch auf die Schichtzulagen angewiesen seien. Sie hätten sich in anderen Branchen Jobs gesucht.
Fraport hatte im Zuge der Corona-Pandemie 4.000 Mitarbeiter abgebaut, nach Schultes Angaben seit Spätsommer 2021 aber fast 1.000 Leute wieder neu eingestellt. Es gebe indes weiteren Bedarf für mehrere hundert Kräfte. Er sei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dankbar, dass nun die schnelle Anwerbung von Aushilfen aus der Türkei ermöglicht werde, meinte Schulte. Er rechne zwar damit, dass ihr Einsatz noch rund zwei Monate auf sich warten lasse, aber auch das sei eine wichtige Entlastung. Ohnehin werde der Bedarf an Industrie-Arbeitskräften in den kommenden Jahren stark steigen.
Fraport-Aktie auf 20-Monats-Tief
An der Börse kommen die Fraport-News nicht gut an. Die Fraport-Aktie verliert zeitweise unter den schwächsten Werten im MDax zeitweise über drei Prozent und rutscht unter die 38-Euro-Marke auf das tiefste Niveau seit November 2020. BÖRSE ONLINE rät Anlegern von einem Kauf der Aktie derzeit ab.
Die Lufthansa-Aktie gibt unterdessen nur um etwa 0,2 Prozent nach.
mmr mit dpa u. rtr