Nachrichten aus Bad Homburg hatten zuletzt bei Börsianern einen miserablen Ruf: Zwei Gewinnwarnungen hatte der Gesundheitskonzern Fresenius im Oktober und Dezember vermeldet, Anleger hatten in Scharen Reißaus genommen. Die Bilanz des Jahres 2018 für Fresenius-Aktionäre: ein Minus von rund 35 Prozent, fast doppelt so viel wie im DAX. Und bei der ebenfalls im DAX gelisteten Dialyse-Tochter Fresenius Medical Care (FMC) ging es ähnlich harsch nach unten.

Endlich läuft es wieder besser bei Fresenius und FMC. Konzernchef Stephan Sturm sagt, dass er in den vergangenen Monaten viel gelernt habe. Etwa aus dem letztlich glimpflich ausgegangenen Rechtsstreit um die aufgelöste Akorn-Akquisition. Oder aus den operativen Problemen beim Krankenhausbetreiber Helios sowie jenen bei der Dialysetochter FMC.

Der Konzernlenker hat persönlich 2018 für rund eine Million Euro Fresenius-Aktien gekauft. Im laufenden Jahr verspricht er, eine ähnliche Summe zu investieren. Gegenüber Investoren beschwört der Chef die einmalige Wachstumsgeschichte des Konzerns. Seit 2003 hatten die Bad Homburger den Umsatz im Schnitt pro Jahr um elf Prozent, den Gewinn sogar um gut 20 Prozent gesteigert, wobei Akquisitionen hieran einen großen Anteil hatten "Ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Erfolgsmodell Bestand hat", so Sturm. Eine große Übernahme sei aber zunächst nicht auf dem Schirm.

Jahr der Investitionen



Anleger müssen allerdings noch etwas Geduld, haben, denn diese Wachstumsraten rücken zunächst in die Ferne. Denn 2019 will Sturm insgesamt 2,5 Milliarden Euro in künftiges Wachstum investieren, der Gewinn soll deshalb stagnieren. Beim Umsatz soll es immerhin um drei bis sieben Prozent vorangehen. Ab 2020 planen die Bad Homburger dann jährliche Zuwächse zwischen vier und sieben Prozent beim Umsatz, das Ergebnis soll zwischen fünf und neun Prozent klettern. Kleinere Zukäufe sollen je rund einen Prozentpunkt Plus zusätzlich bringen.

Auch FMC-Chef Rice Powell sieht sich nach den Hiobsbotschaften in der Pflicht und erwirbt mehr Aktien. Bei der Dialysetochter hatten gesetzliche Vorgaben die Geschäftsentwicklung 2018 gedämpft. Im Hauptmarkt USA hält der Kostendruck seit Jahren an. Dem Negativtrend will FMC, an dem Fresenius rund 31 Prozent der Anteile hält, über eine KGaA-Struktur aber die Kontrolle hat, durch Expansion in andere Märkte entgehen.

Powells Stoßrichtung heißt Heimdialyse, ein Markt, der mit rund neun Prozent schneller wächst als die klassischen Dialysedienste in Kliniken. Die soeben von der US-Wettbewerbsbehörde genehmigte und sogleich angeschlossene Übernahme des US-Herstellers von Heimgeräten, NX Stage, soll die Expansion ermöglichen. Der Deal kommt gerade zur rechten Zeit: Die US-Gesundheitsbehörden wollen zur Kostensenkung künftig noch weitaus stärker auf die Heimdialyse setzen.

Überdies sieht FMC große Chancen in China, wo erst 45 Prozent der Patienten mit chronischem Nierenversagen per Dialyse versorgt werden. Laut Rice Powell ist China ein wichtiger Zukunftsmarkt für das Unternehmen, das bislang das Gros des Umsatz in den USA erzielt.

Biosimilars kommen



Das Krankenhausgeschäft Helios ist, speziell in Deutschland, ein weiterer Pflegefall. Auch hier herrscht permanenter Kostendruck, überdies sank die Patientenzahl in den deutschen Kliniken 2018 zum ersten Mal seit Jahren. Helios Deutschland soll vom spanischen Klinikbetreiber Quironsalud lernen, dem größten Zukauf in der Konzerngeschichte. Analysten loben die Spanier, die beim Zusammenspiel zwischen stationärer und ambulanter Behandlung schon viel weiter sind als die deutschen Kliniken. Sturm will hier auch in weitere Pflegekräfte investieren. "Das deutsche Klinikgeschäft bleibt höchst attraktiv", sagt der Chef. Jetzt stehen allerdings erst einmal Warnstreiks von Verdi an.

Dass Fresenius trotz der Schwächen auch im Jahr 2018 die Serie von 15 Rekordumsätzen und -gewinnen fortschreiben konnte, liegt vor allem an Kabi. Die Infusionstochter profitiert immer noch von Angebotslücken der US-Konkurrenz bei manchen Arzneimitteln. Kabi lieferte im vergangenen Jahr erneut die höchste Ebit-Marge im Konzern, sie lag über 17 Prozent. Wir lange die günstige Angebotssituation andauert, vermag Sturm nicht vorherzusagen, vorsichtshalber plane man konservativ. Die Nachfrage sei hoch, Kabi weite die Kapazitäten aus. Und: Im Geschäft mit Biosimilars, biopharmazeutischen Generika, nehme die Zahl der zugelassenen Wirkstoffe Fahrt auf. Auch von diesem Markt erhofft sich der Chef künftig starkes Wachstum.

Investor-Info

Fresenius
Vertrauen gewinnen

Auf das miserable 2018, das Jahr der Gewinnwarnungen, folgt das Jahr der Investitionen. Der Gewinn wird deshalb 2019 stagnieren. Die Dividende soll aber weiter steigen, dann zum 27. Mal in Folge. Ein Aktienrückkaufprogramm bei FMC, die jüngste Dividendenerhöhung bei Fresenius sowie die Aktienkäufe der Vorstände dürften verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Die langfristige Wachstumsstory bleibt wegen der zunehmenden Alterung der Bevölkerung in Industriestaaten intakt. Zudem steigen die Erfolgschancen in Emerging Markets wie China. Die Aktie ist trotz der jüngsten Erholung nach den Kursverlusten noch nicht zu teuer.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 62,00 Euro
Stoppkurs: 41,00 Euro