War Fresenius im ersten Quartal noch zuversichtlich und steigerte sogar den Umsatz und das Konzernergebnis, schlägt die Corona-Pandemie im zweiten Quartal zu. Das um Sondereffekte bereinigte Konzernergebnis brach von April bis Juni um 13 Prozent auf 410 Millionen Euro ein, während das operative Ergebnis (Ebit) mit rund 1,12 Milliarden Euro in etwa stabil blieb. Der Umsatz der Bad Homburger kletterte im zweiten Quartal um zwei Prozent auf 8,9 Milliarden Euro.
Krankenhausgeschäft hat negative Effekte auf alle Sparten
Besonders im Krankenhausgeschäft hat die Corona-Krise Fresenius getroffen - vor allem auf den Klinik-Bereich in Spanien mit der Tochter Quironsalud. Das Land gehört in Europa zu den am stärksten betroffenen Nationen, weshalb die Kliniken in Madrid und Barcelona zu landesweiten zentral Versorgerzentren umfunktioniert wurden.
Das Problem dabei: Anders als in Deutschland kann der Konzern in Spanien bisher nicht auf finanzielle Kompensation der entstandenen Kosten hoffen. Seit Wochen zieht sich nun der Poker mit verschiedenen staatlichen und privaten Institutionen um mögliche Hilfen hin. In Deutschland hingegen werden die Belastungen durch den Corona-Rettungsschirm der Bundesregierung abgemildert.
Aber auch in Deutschland, wo Fresenius die größte private Klinikgesellschaft Helios betreibt, läuft es nicht rund. Helios hatte die Zahl der Intensivbetten wegen der Corona-Pandemie im Frühjahr kräftig aufgestockt, ausgelastet waren sie aber bei weitem nicht. Helios meldete einen Leerstand von fast 50 Prozent.
Seit Anfang Juni versucht Helios nun die Wiederaufnahme des Regelbetriebs - das läuft derzeit nach Unternehmensangaben allerdings schleppend. Wegen der Pandemie waren viele planbare Operationen verschoben worden, die jetzt nachgeholt werden müssen. Doch offenbar trauen sich manche Patienten noch nicht wieder ins Krankenhaus.
Dass weniger operiert wird, hat auch Folgen für die kleineren Fresenius-Töchter. Die auf Medikamente und Medizinprodukte zur Infusion, Transfusion und klinische Ernährung spezialisierte Tochter Kabi leidet unter den wenigen Operationen. Zum Ende des ersten Quartals profitierte die Sparte noch von einer stärkeren Nachfrage nach bestimmten Schmerzmitteln und beruhigenden Medikamenten, da sich die Krankenhäuser auf einen möglichen Ansturm durch Covid-19-Patienten vorbereiteten.
Dem kleinsten Geschäftsbereich Vamed, einem auf Planung, Errichtung und dem Betrieb von Gesundheitsprojekten spezialisierten Dienstleister, machen unterdessen Corona-bedingte Projektverschiebungen zu schaffen. Auch das bei Vamed gebündelte Geschäft der Rehakliniken schwächelt wegen der Pandemie.
Prognose gekürzt
Deshalb nahm Fresenius am Donnerstag die Prognose für das laufende Geschäftsjahr zurück. Das Geschäftsmodell erweise sich in der Krise zwar insgesamt als robust, dennoch seien in Summe im zweiten Halbjahr Belastungen zu erwarten, teilten die Bad Homburger mit.
Der Dax-Konzern rechnet nun mit einem währungsbereinigten Umsatzanstieg von drei bis sechs Prozent, bisher hatte er ein Plus von vier bis sieben Prozent in Aussicht gestellt. Das Ergebnis könne sich in einer Bandbreite von minus vier bis plus ein Prozent entwickeln. Die bisherige Prognose hatte ein Gewinnwachstum von ein bis fünf Prozent vorgesehen.
Als robuster Stützpfeiler erweist sich die Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC). Sie bestätigte ihre Jahresziele und erwartet weiterhin beim Umsatz und Ergebnis ein Wachstum im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich.
Einschätzung der Redaktion
Die Quartalszahlen und zurückgenommene Prognose kamen am Markt nicht gut an. Die Aktie des Gesundheitskonzerns verlor kurz nach Dax-Eröffnung mehr als drei Prozent. Das Tochter-Papier FMC verlor indessen nur rund 0,6 Prozent.
Dennoch macht der Gesamtkonzern in puncto Kursentwicklung seit dem Corona-Crash derzeit die bessere Figur. Die Fresenius-Aktie war im März bis auf 24 Euro eingebrochen, konnte seitdem aber rund 80 Prozent auf gut 44 Euro wieder zulegen. Vom bisherigen Jahreshoch bei 51,54 Euro im Februar ist die Aktie allerdings noch ein gutes Stück entfernt.
Charttechnisch gesehen läuft es für die Fresenius-Aktie nach dem Crash gar nicht allzu schlecht. Die Gewinnwarnung vom Donnerstag drückte den Kurs jetzt allerdings unter die viel beachtete 200-Tagelinie bei 44 Euro. Das könnte ein Anzeichen für weiter fallende Kurse sein. Bereits die zwei Gewinnwarnungen binnen weniger Monate Ende 2018 hatten der Fresenius-Aktie entscheidende Dämpfer verpasst. Von diesem Schlag hatte sich der Kurs selbst bis Ende Februar 2020 nur teilweise erholt, als der Corona-Crash den Anlegern die nächste eiskalte Dusche verpasste.
Von dpa-Experten, die sich nach dem Corona-Crash geäußert haben, empfehlen neun die Aktie zum Kauf. Fünf empfehlen, das Papier zu halten. Kein einziger Analyst stimmt für einen Verkauf der Fresenius-Aktie. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 51 Euro - also gut 16 Prozent über dem aktuellen Kurs.
Mit einer Marktkapitalisierung von rund 25 Milliarden Euro liegen die Bad Homburger im Dax-Ranking im unteren Mittelfeld.
Wir bleiben bei unserer Kaufen-Empfehlung - Anleger sollten aber den Stoppkurs bei 40,40 Euro beachten.
Kursziel: 60, 00 Euro
Stoppkurs: 40,40 Euro
Mit Material von dpa-AFX
Hören Sie hier das Interview mit der Fresenius-Finanzchefin Rachel Empey: "Das Coronajahr ist nach wie vor ein erfolgreiches Jahr."
In Kooperation mit Börsen Radio Network AG