DIE LAGE DES UNTERNEHMENS
14 Jahre in Folge hat der Bad Homburger Dax-Konzern Fresenius, der neben seiner Krankenhaussparte ein Geschäft mit Flüssigmedizin betreibt, Rekordergebnisse eingefahren. Auch im neuen Jahr ist Wachstum anvisiert. Doch während Konzernchef Stephan Sturm mit der Übernahme der spanischen Krankenhauskette Quironsalud noch ein glückliches Händchen bewiesen hatte, entpuppte sich zuletzt der geplante Zukauf des US-Generikaherstellers Akorn als Flop: Vom Konzern in Auftrag gegebene externe Ermittlungen brachten Hinweise auf schwerwiegende Verstöße der Amerikaner gegen Vorgaben der US-Gesundheitsbehörde FDA zu Tage.
Fresenius ließ das schon zuvor umstrittene Geschäft deshalb jetzt platzen. Bei den Anlegern sorgte dies nur kurz für Erleichterung. Inzwischen bewegt die Börsianer vor allem, ob nun ein kostspieliger Rechtsstreit droht - und nach welchem Unternehmen Fresenius als nächstes greifen könnte.
Die Dialysetochter FMC erschreckte zudem kürzlich die Anleger, indem sie ihren Umsatzausblick für das Gesamtjahr leicht senkte. Gemäß den Vorgaben des US-Gesundheitssystems muss das Unternehmen in den Vereinigten Staaten ein Medikament zur Steuerung des Kalziumspiegels, das zuvor in Tablettenform über die Apotheken ausgegeben wurde, nun in seinen Dialysezentren als Injektion verabreichen. Allerdings zeigte sich dort, dass eine geringere Dosierung ausreicht als zuvor gedacht. Das drückt auf die Erlöse.
DAS ERWARTEN DIE ANALYSTEN
Die eigentlichen Quartalszahlen dürften nur ein Nebenkriegsschauplatz sein, glaubt Branchenexperte Tom Jones von der Privatbank Berenberg. Die Frage nach Akorn dürfte alles überschatten, ist sich der Analyst sicher, wenngleich Fresenius sich kaum über das Gesagte hinaus noch zu dem Fall äußern dürfte. Jones geht davon aus, dass beide Konzerne nicht bis aufs Blut vor Gericht streiten dürften. Am Ende werde wohl entweder eine moderate Entschädigung für Akorn herauskommen, oder Fresenius übernehme das verschmähte Unternehmen doch noch - dann aber zu einem niedrigeren Preis.
Im ersten Quartal dürfte laut Jones der starke Euro seine Spuren in der Fresenius-Bilanz hinterlassen haben. Laut einer vom Konzern selbst in Auftrag gegebenen Umfrage unter Analysten gehen diese im Mittel von einem Umsatzrückgang um 3 Prozent auf gut 8,1 Milliarden Euro aus. Das operative Ergebnis (Ebit) dürfte auf 1,068 Milliarden Euro sinken, nach 1,216 Milliarden Euro vor einem Jahr. Hierbei sind auch die Kosten für die Weiterentwicklung des im vergangenen Jahr vom Darmstädter Merck-Konzern übernommenen Geschäfts mit biotechnologisch hergestellten Nachahmerpräparaten (Biosimilars) einberechnet. Der Reingewinn wird deshalb bei 434 Millionen Euro gesehen, 5 Prozent unter dem Vorjahreswert.
DAMIT RECHNET DAS UNTERNEHMEN
Anders als FMC bekräftigte Fresenius trotz des geplatzten Deals mit Akorn seine Prognosen für das laufende Jahr. Demnach peilt der Konzern einen Umsatzanstieg von 5 bis 8 Prozent an, berücksichtigt hier allerdings keinerlei Wechselkursschwankungen. Das Konzernergebnis soll währungsbereinigt um 6 bis 9 Prozent steigen, wobei die Biosimilars-Kosten einberechnet sind, Aufwendungen für mögliche Zukäufe aber ausgeklammert werden.
Im vergangenen Jahr hatte Fresenius prozentual noch deutlichere Zuwächse eingefahren als das Management für dieses Jahr erwartet. Die Erlöse summierten sich auf knapp 33,9 Milliarden Euro, der Gewinn kletterte auf gut 1,8 Milliarden Euro. Einen positiven Schub erhofft sich Fresenius 2018 durch die US-Steuerreform.
Fresenius Medical Care hat für das erste Quartal bereits Eckdaten vorgelegt. Vor allem der starke Euro sorgte demnach im ersten Vierteljahr für einen Umsatzrückgang von 10 Prozent auf 3,98 Milliarden Euro. Hintergrund ist, dass FMC in den USA sein Hauptgeschäft macht. Im Vorjahr hatte zudem eine Nachzahlung für frühere Dialyseleistungen bei US-Veteranen zu einem positiven Sondereffekt geführt. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern sackte um nahezu ein Viertel auf 497 Millionen Euro ab, unter dem Strich ging der Gewinn um 10 Prozent auf 279 Millionen Euro zurück.
Für das laufende Jahr ist das Unternehmen nun etwas pessimistischer. FMC rechnet mit einem währungsbereinigten Erlösplus von 5 bis 7 Prozent. Das Ergebnis soll indes weiterhin - ohne Berücksichtigung von Wechselkurseffekten - um 13 bis 15 Prozent steigen.
KURSENTWICKLUNG
Die Unsicherheit um Akorn hat den Fresenius-Kurs bereits im vergangenen Jahr kräftig durcheinander gewirbelt. Seitdem ging es im steten Zickzack-Kurs weiter. Seit dem Hoch bei exakt 80 Euro Mitte Juni 2017 hat die Aktie bis dato rund ein Fünftel an Wert eingebüßt. Auch die FMC-Aktionäre dürften sich derzeit nicht gerade glücklich schätzen: Das Papier hat seit dem Rekord Anfang Februar bei knapp 94 Euro mehr als ein Zehntel an Wert verloren./tav/das/fba