Was ist nur bei Fresenius Medical Care los? Mit Helen Giza (Foto) steht nach nur zwei Monaten schon wieder eine neue Chefin an der Konzernspitze. Von Jens Castner
Nur neuneinhalb Wochen nach ihrem Amtsantritt verlässt ihre Vorgängerin Carla Kriwet das Unternehmen. Grund für den schnellen Abgang seien unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung, wie es in einer Pressemitteilung vom Montagabend hieß. Kriwets Nachfolgerin ist die bisherige Finanzchefin Helen Giza. Sie wird das Finanzressort noch kommissarisch leiten, bis eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger gefunden ist.
Offensichtlich hat es hinter den Kulissen gewaltig gekracht. Michael Sen, Aufsichtsratsvorsitzender und Chef des Mutterkonzerns Fresenius, lässt sich mit den Worten zitieren: „In einer fundamental gesunden Branche muss sich Fresenius Medical Care (FMC) noch stärker auf den operativen Turnaround fokussieren, die Unternehmensperformance weiter verbessern und sich auf seinen Kern konzentrieren.“ Die 54-jährige Helen Giza sei bestens geeignet, das Unternehmen auf dem vor ihm liegenden Weg zu führen.
Ob die Branche wirklich so gesund ist, bezweifeln Beobachter. Das auf Dialyse-Dienstleistungen spezialisierte DAX-Unternehmen kämpft bereits seit geraumer Zeit mit einem Mangel an Pflegekräften in den USA, Lieferkettenproblemen, steigenden Löhnen und Materialkosten. Deshalb senkte FMC kurz nach Kriwets Amtsantritt den Ergebnisausblick für 2022 zum zweiten Mal innerhalb von nur drei Monaten, weshalb auch der Mutterkonzern Fresenius seine Jahresprognose kassierten musste.
Die deshalb entstandenen Differenzen dürfte jedoch nur die Spitze des Eisbergs sein: Die 51-jährige Kriwet galt als Verfechterin der bisherigen Fresenius-Konzernstruktur, in der FMC eine zentrale Rolle spielte. Michael Sen als Chef des Mutterkonzerns hingegen prüft einen Verkauf der Dialyse-Tochter. Möglicherweise ist der Weg dafür nach Kriwets Rücktritt nun frei. Für die angeschlagene Fresenius-Aktie könnte ein FMC-Verkauf den Befreiungsschlag bedeuten.