Für Europas Wirtschaft ist Trump nicht der ideale US-Präsident. Vor allem exportorientierte Unternehmen fürchten höhere Zöllle. Es gibt aber auch Wahlgewinner.
Es dauert nicht mehr lange, bis Donald Trump die Amtsgeschäfte übernimmt. Ob und in welcher Form er die im Wahlkampf angekündigten Maßnahmen auch umsetzt, muss abgewartet werden. Es gibt jedoch einige Tendenzen, die auch aus seiner ersten Amtszeit abgeleitet werden können.
Trump dürfte die Steuerbelastung für US-Firmen senken, um Investitionskraft freizusetzen. Zudem wird es Schutzzölle geben, um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie zu verbessern. Auch gilt der künftige US-Präsident als Fan der amerikanischen Öl- und Gasindustrie, die bei Flüssiggas gute Exportchancen hat.
Der vielleicht wichtigste Punkt aber ist die Sicherheitspolitik. Trump hatte schon früher verlangt, dass die anderen Mitglieder der NATO die Ausgaben für die Verteidigung auf zumindest zwei Prozent des Inlandsprodukts anheben. Bisher lagen die meisten Länder deutlich darunter. Durch den Angriff Russlands auf die Ukraine wurde aber klar, dass die EU-Staaten ihre Ausgaben erhöhen müssen. Wenn nun die US-Unterstützung der NATO im bisherigen Umfang nicht mehr als gesichert betrachtet werden kann, müssen Europas Politiker nachlegen.
Diese Aktien aus Europa könnten durch Trump anziehen
Rückenwind für Rüstungsfirmen Rüstungsunternehmen dürften davon profitieren. Neben Firmen wie Rheinmetall und dem Kampfjethersteller Dassault Aviation dürfte vor allem Hensoldt ein potenzieller Gewinner sein. Das Unternehmen ist Spezialist für Sensor- und Radartechnologie. Navigieren und orten spielt in der modernen Verteidigung eine wichtige Rolle. Unbemannte Flugzeuge wie Drohnen, aber auch Abfangraketen arbeiten mit Hensoldt-Technik.
Entsprechend gut entwickeln sich auch die Zahlen. Im laufenden Jahr sind Umsatz und Betriebsergebnis um mehr als ein Fünftel gestiegen. Die Relation zwischen Neuaufträgen und Umsatz liegt bei 1,3. Das heißt: Das Auftragsbuch füllt sich weiter, die Reichweite der bestehenden Orders beträgt rein rechnerisch fast drei Jahre. Dabei sind die Aufträge aus dem Sondervermögen der Bundeswehr noch gar nicht alle ausgeschrieben. Und: Bleiben die Ausgaben darüber hinaus höher, dürfte sich Hensoldt auf einem deutlich höheren Geschäftsniveau einpendeln.
Vorteil durch starkes US-Standbein
Steuersenkungen in den USA gelten als eine ausgemachte Sache. Davon werden nicht nur US-Firmen profitieren. Der Dialysekonzern Fresenius Medical Care (FMC) ist mit seinen Kliniken vor allem in den USA vertreten. Das Unternehmen unterliegt damit keinen Risiken durch höhere Zölle. Die Wertschöpfung findet in den Vereinigten Staaten statt. Es ist zudem nicht davon auszugehen, dass Trump in die Erstattungssysteme eingreift. Damit könnte sich eine für die Aktionäre von FMC günstige Konstellation ergeben.
Der Konzern ist mit recht beachtlichem Erfolg dabei, seine Profitabilität zu verbessern. Die Neunmonatszahlen zeigen eindeutig, dass die Reise in die richtige Richtung geht. Das Unternehmen konnte sein Umsatzlevel halten, steigerte aber das bereinigte Ergebnis um gut ein Zehntel. Und die Effizienzmaßnahmen dürften im kommenden Jahr noch stärker wirken. Die Analysten von Berenberg etwa rechnen mit einer Steigerung des Gewinns pro Aktie um mehr als 40 Prozent. Mögliche Kürzungen bei US-Steuersätzen sind darin noch nicht enthalten.
Noch deutlicher könnte der spanische Edelstahlhersteller Acerinox von den wahrscheinlichen Maßnahmen Trumps profitieren. Das Unternehmen gilt als eines der effizientesten der Branche und hat umfangreiche Produktionsanlagen in den USA. Das heißt: Mögliche Importzölle auf Produkte von Wettbewerbern verbessern sogar die Wettbewerbsfähigkeit.
Gleichzeitig sollte der Konzern aber auch von den Konjunktureffekten profitieren, die Trumps Politik voraussichtlich auslösen wird. Ein Ausbau der US-Wirtschaft wird nicht ohne einen höheren Bedarf an Edelstahl funktionieren. Letztlich sorgen auch die versprochenen niedrigen Steuern für Entlastungen bei Acerinox und damit für höhere Gewinne. Spannend ist an der Konstellation aus Anlegersicht, dass Acerinox aktuell selbst mit einer geringen Kapazitätsauslastung ordentliche Margen erwirtschaften kann. Treten die Trump’schen Konjunktureffekte ein, wird der Gewinn überproportional steigen. Im Kurs ist das nicht sichtbar, die Aktie ist mit einem einstelligen KGV bewertet.
Trumps Energiepolitik wiederum könnte dem Anlagenbauer Technip Energies in die Karten spielen. Das niederländische Unternehmen ist der federführende Entwickler des Lake-Charles-LNG-Projekts. Die finale Investitionsentscheidung über dieses milliardenschwere US-Exportterminal für Flüssiggas steht allerdings noch aus, weshalb die erwarteten Milliardenvolumen noch nicht im Auftragsbestand enthalten sind. Mit der neuen Regierung ist die Wahrscheinlichkeit für die Mittelfreigabe nun deutlich gestiegen. Der Projektstart könnte der niedrig bewerteten Aktie Auftrieb geben.
Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der Print-Ausgabe 46 von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier
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