von Jean-Philippe Desmartin, Leiter ESG-Research, Oddo & Cie

"Wie der Herr, so’s Gscherr", lautet eine alte deutsche Redewendung. Tatsächlich hängt laut einer Studie von Oddo & Cie die langfristige Entwicklung des Aktienkurses eines Unternehmens in hohem Maß von der Qualität seines Managements ab. Betrachtet wurden 108 französische Mid Caps mit einer Marktkapitalisierung zwischen 400 Millionen und zehn Milliarden Euro. Grundlage der 2014 durchgeführten Untersuchung war ein hausintern entwickelter Katalog mit 21 Kriterien, anhand dessen die Qualität von CEO, übrigem Topmanagement, Organisationsstruktur und Personalwesen beurteilt wurde.

So ging es bei der Bewertung des CEO darum, wie konsistent er in der Vergangenheit seine Ankündigungen in die Tat umgesetzt und wie gut er intern seine Nachfolge organisiert hat. Darüber hinaus war von Interesse, ob sich der Chef als Star versteht oder seine Handlungen an Geschäft, Kunden und Mitarbeitern orientiert. Schließlich wurden Vision und Führungsstärke des CEO bewertet. Die erzielten Werte flossen in ein übergeordnetes Scoring-Modell ein. Die Komponenten CEO (33 Prozent) und Topmanagement (27 Prozent) wurden stärker gewichtet als Organisationsstruktur (23 Prozent) und Personalwesen (17 Prozent).

Nach Abschluss der Studie standen zwei wesentliche Erkenntnisse fest: Zum Ersten, dass die Managementqualität tatsächlich zentrale Bedeutung für die langfristige Aktienkursentwicklung hat. So stiegen die Kurse der Top-20-Unternehmen im Ranking der Managementqualität binnen zehn Jahren um 314 Prozent, der Vergleichsindex CAC-Mid-60 legte lediglich um 94 Prozent zu. Bei den 20 Schlusslichtern der Auswertung stand sogar nur ein Plus von 36 Prozent zu Buche. Ein ähnliches Bild ergab sich bei einem Betrachtungszeitraum von fünf Jahren mit Werten von plus 130 Prozent, plus 33 Prozent und plus fünf Prozent.

Auf Seite 2: Familienunternehmen haben die Nase vorn



Zum Zweiten zeigte die Untersuchung ein deutliches Übergewicht von Familienunternehmen in den Top 20. Unter Familienunternehmen wurden Gesellschaften verstanden, deren führender Anteilseigner eine Einzelperson oder eine Familie ist, die mindestens zehn Prozent der Stimmrechte kontrolliert. Während dieser Unternehmenstyp im untersuchten Anlageuniversum französischer Mid Caps nur 51 Prozent ausmacht, belegten die Familienfirmen 75 Prozent der Top-20-Plätze des Rankings. Andere ähnlich starke Auffälligkeiten wies die Gruppe der 20 bestplatzierten Mid Caps jedoch nicht auf. In puncto Branche und Marktkapitalisierung ergab sich ein breit diversifiziertes Bild. So kommt mit Dassault Systèmes der Sieger im Ranking aus der Softwarewelt, der Zweitplatzierte, Innate Pharma, ist in der Biotechnologie beheimatet, Platz 3 geht an den Logistiker ID Logistics. Dahinter tummeln sich unter anderem der Nahrungsmittelkonzern Bonduelle, der Eisenbahnbetreiber Eurotunnel und Bic, ein Hersteller von Plastikkugelschreibern und -feuerzeugen. Die Marktkapitalisierung der 20 Besten reicht von 25,6 Milliarden Euro beim Luxusgüterhersteller Hermès über 10,6 Milliarden Euro beim Telekommunikationsdienstleister Iliad bis zu 400 Millionen Euro beim Medienkonzern NextRadioTV.

Über alle 108 Unternehmen hinweg lassen sich mit Blick auf Marktkapitalisierung und Branche allerdings zwei Tendenzen feststellen: Zum einen ist der Anteil an Firmen mit geringerer Managementqualität unterhalb des Niveaus einer Marktkapitalisierung von einer Milliarde Euro überproportional hoch. Hier ist also Vorsicht geboten. Hinsichtlich der Zugehörigkeit zu den vier Megabranchen Finanzen, Industrie, Dienstleistungen und Telekommunikation/Medien/Technologie ergab die Studie zum anderen einen leichten Vorteil für die Industriewerte. Der Bias ist leicht zu erklären, operieren die Anbieter dieser Branche doch in einem sehr harten globalen Wettbewerbsumfeld. Die Anzahl der Mitarbeiter und die Dauer der Börsennotierung standen jedoch in keinem Zusammenhang mit der Managementqualität.

Auf Seite 3: Jean-Philippe Desmartin im Profil



Jean-Philippe Desmartin

Er ist seit 2005 Leiter ESG Research bei Oddo Securities, Paris. Seine Karriere startete er 1993 bei Crédit du Nord, er hat seitdem mehrere Positionen bei Ratingagenturen mit dem Schwerpunkt soziales und ökologisches Engagement besetzt. Danach gründete er seine eigene Beratungsfirma. Nach dem Abschluss in Unternehmensrecht und Management graduierte er 1992 in Wirtschaft und Finanzen am IEP Paris.