von Andreas Wimmer, C-Quadrat Kapitalanlage AG
Die Aktienmärkte vieler Industriestaaten haben in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt. So konnte sich zum Beispiel der deutsche Leitindex DAX seit dem Jahresultimo 2011 mit einem Stand von 5900 Punkten zuletzt um knapp 70 Prozent auf ein neues Allzeithoch von über 10 000 Punkten verbessern. Und genauso wie der DAX hat auch der marktbreite amerikanische S & P-500-Index markante Gewinne erzielt und in den vergangenen Monaten neue Höchststände markiert. Sollten Anleger jetzt also die aufgelaufenen Gewinne mitnehmen und aus dem Aktienmarkt aussteigen?
Die klare Antwort lautet: Nein. Denn zum einen bietet die Fundamentalanalyse derzeit keine klaren Antworten, ob die Aktienmärkte hoch bewertet sind oder nicht. Zum anderen können auch fundamental relativ hoch bewertete Märkte noch massiv zulegen. Anleger, die bei positiven Trends an den Aktienmärkten zu früh aussteigen, laufen Gefahr, gerade die ertragreichste Phase zu verpassen. So ging zum Beispiel George Soros im Herbst 1999 in Technologie- Aktien short. In der Folgezeit verdoppelten sich die an der Nasdaq notierten Titel bis März 2000 im Wert. Dadurch büßte Soros rund fünf Milliarden US-Dollar ein.
Vor allem aber spricht für die Aktienanlage, dass es derzeit kaum liquide Alternativen zu Aktien gibt. So würden Anleger aufgrund der rekordniedrigen Zinsen mit Geldmarktfonds real nur Geld verlieren. Auch Staatsanleihen sind bei einer Rendite von gerade einmal 1,4 Prozent für zehnjährige deutsche Bundesanleihen keine wirkliche Alternative. High-Yield-Fonds können eine akzeptable Rendite erwirtschaften, haben aber eine ähnlich hohe Rückschlaggefahr wie Aktien. Gold mag in positiven Trendphasen überzeugen. Doch sind Investments in Gold extrem volatil und weisen hohe maximale Rückschläge auf. Folglich ist es auch bei Gold nötig, die sogenannten "Downside-Risiken" konsequent zu begrenzen.
Das maximale Verlustrisiko einer Aktie liegt bei 100 Prozent. Daher ist eine Streuung der Risiken sinnvoll. Nur weisen auch fast alle großen Aktienindizes hohe maximale Rückschläge auf. So gibt es praktisch keinen Aktienindex - und damit keinen Aktienmarkt der Welt -, der nicht mindestens einmal mehr als 50 Prozent an Wert verloren hat. Der DAX beispielsweise büßte nach einem neuen Hoch im Jahr 2000 bis 2003 mehr als 70 Prozent ein. Hinzu kommen bisweilen sehr lange Erholungsperioden der Aktienmärkte: Die Zeiträume, bis ein altes Hoch wieder erreicht wird, können mitunter 20 Jahre und länger betragen.
Da Aktien in guten Zeiten überdurchschnittlich hohe Erträge abwerfen, sind gerade jetzt Strategien gefragt, die greifen, wenn die Aktienmärkte laufen. Es klingt nach einer sehr einfachen Wahrheit, doch sie ist zutreffend: Der Trend ist der Freund des erfolgreichen Anlegers. Gleichzeitig sollte eine Strategie etabliert werden, die den Ausstieg vorausplant, wenn der positive Trend am Aktienmarkt gebrochen wird. Dann sollte man gegebenenfalls in andere Asset-Klassen umschichten.
Wer die Aktienhausse zur Jahrtausendwende erlebt hat, weiß, dass Anlageentscheidungen häufig von Emotionen geprägt werden. Und kein Investor verkauft gerne seine Telekom-Aktie, die er zu 100 Euro erworben hat, mit Verlust zum Beispiel zu 90 Euro. Nachdem die Aktie dann aber auf 10 Euro gefallen ist, erkennt ein jeder, dass strikte Risikobegrenzung sinnvoll ist. Darin liegt der besondere Charme technischer Handelssysteme: Der Computer arbeitet ohne Emotionen und steigt konsequent ein oder aus, wenn sich der Trend entsprechend manifestiert.
Alles in allem ist es unter Anwendung eines Systems, das versucht, Risiken konsequent zu begrenzen, für Aktien nicht zu spät.
Andreas Wimmer
Seit 2001 ist der 47-jährige Andreas Wimmer Mitglied des Vorstands der österreichischen C-Quadrat Kapitalanlage AG. Davor war der gebürtige Wiener nach dem Studium der Handelswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität in Wien mehrere Jahre in leitender Stellung für Bertelsmann in Österreich tätig. C-Quadrat verwaltet derzeit europaweit etwa fünf Milliarden Euro.