Der Ölpreis schlägt Kapriolen, Bonds zeigen Crash-Symptome, und der Währungsmarkt gleicht teilweise einem Roulette: Es sind vor allem die Notenbanken, die derzeit mit ihren geldpolitischen Maßnahmen den Takt an den Kapitalmärkten vorgeben. Um in diesem Umfeld als Anleger nicht nur überleben, sondern auch gewinnen zu können, bedarf es geeigneter Strategien. Selbst wenn es das "Ei des Kolumbus" für jede Marktphase nicht gibt, existieren doch für alle Marktphasen verschiedene intelligente Taktiken, mit denen man verdienen kann.

Wie sich derartige Strategien mithilfe der charttechnischen Analyse entwickeln lassen, haben wir in BÖRSE ONLINE Ausgabe 16 an dieser Stelle ausführlich beschrieben. Heute richten wir unser Augenmerk auf das fundamentale Trading. Dabei sind Bewertungskennzahlen, unternehmerische Sondersituationen oder auch vorausschauendes Handeln entscheidend. Einen der wichtigsten Fehler bei der Geldanlage formulierte Börsenlegende André Kostolany einmal so: "Die Börsenspieler gehen meist nur blind mit der Masse."

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Auf Comeback-Kandidaten setzen

Sich nicht nur von der Herde befreien, sondern sich auch fast vollständig von der aktuellen Marktphase abnabeln können Anleger mit der Turnaround-Strategie. Die Suche nach Comeback-Kandidaten entspricht einer antizyklischen Taktik. Diese Unternehmen klagen über herbe Geschäftseinbrüche und rote Zahlen und sind bei Analysten meist in Ungnade gefallen. Panik ist in solchen Fällen aber der falsche Ratgeber, denn nicht jede Delle bei Umsatz und Gewinn führt gleich zu einer Pleite. Eine "Alles oder nichts"-Mentalität ist trotzdem nicht zielführend, vielmehr sind genaue Analysen notwendig. Es gilt, bei der Auswahl auf die Bilanzrelationen zu achten und das Geschäftsmodell auf seine Nachhaltigkeit hin zu überprüfen. Zudem spielt auch das Management eine wichtige Rolle. Ein Führungswechsel kann frischen Wind in ein Unternehmen bringen und einen Turnaround einleiten beziehungsweise erfolgreich zu Ende bringen.

Ein positives Beispiel hierfür ist Phoenix Solar (WKN A0B VU9). In einer bereits fortgeschrittenen Restrukturierungsphase kam es beim Start in das Geschäftsjahr 2015 zu einer Erneuerung der Führungsriege. Der Branchenkenner Tim Ryan wurde zum Vorstandsvorsitzenden gewählt, das Finanzressort mit dem internen Kandidaten Manfred Hochleitner besetzt. Das frisch ins Amt gewählte Duo konnte bereits Ende März mit einer sensationellen Nachricht aufwarten: Der Umsatz soll deutlich schneller steigen als ursprünglich prognostiziert, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) bereits 2015 in den schwarzen Bereich drehen. Auch wenn sich der Wert des Small Caps seit dieser Meldung verdoppelt hat, sind - für den Fall, dass der Photovoltaikspezialist auf Turnaround-Kurs bleibt - noch deutlich höhere Kurse drin.

Warren Buffetts Motto "Investiere in Unternehmen, die weniger kosten, als sie wert sind" passt derzeit auf Salzgitter (WKN 620 200). Der MDAX-Titel wird an der Börse mit einem KBV von weit unter eins gehandelt. Dabei haben sich die Aussichten des kriselnden Konzerns deutlich verbessert. 2014 wurde der Verlust spürbar reduziert, 2015 sind Gewinne in Sicht. Auf Quartalsebene ist dem zweitgrößten deutschen Stahlkonzern eine positive Wende bereits gelungen. Von Januar bis März kletterte das Vorsteuerergebnis auf 51,8 Millionen Euro, im Vorjahr stand für den gleichen Zeitraum noch ein Verlust von 8,7 Millionen Euro in den Büchern. Dieser Erfolg lässt Salzgitter wieder zuversichtlicher nach vorn blicken: Wurde bislang ein Vorsteuergewinn im unteren zweistelligen Millionen- Euro-Bereich in Aussicht gestellt, erwartet der Konzern nun für 2015 ein Ergebnis im niedrigen bis mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich.



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An Übernahmen gut verdienen

Auch die Übernahme-Strategie ist unter Renditegesichtspunkten höchst interessant. Denn möchte ein Unternehmen ein anderes aufkaufen, werden für die Übernahmen meist hohe Aufschläge bezahlt. Jüngstes Beispiel ist das Angebot des Agrochemiekonzerns Monsanto für den Konkurrenten Syngenta. Nachdem schon tagelang die Gerüchteküche brodelte, hat Konkurrent Monsanto nun eine Offerte für die Eidgenossen von 449 Franken je Aktie auf den Tisch gelegt. Das entspricht einer Prämie von 35 Prozent auf den letzten Kurs vor Bekanntgabe des Angebots.

Zugegeben, die Suche nach Übernahmekandidaten zählt zu den schwierigsten Strategien, denn nur sehr selten gelingt es, den richtigen Titel zum richtigen Zeitpunkt im Depot zu haben. Es lässt sich nämlich kaum voraussagen, wer wen als Nächstes akquirieren möchte. Doch oft reicht schon die Spekulation am Markt aus, um den Kurs nach oben zu treiben. Zu einer solchen kam es vor rund einem Monat bei Nordex (WKN A0D 655), als sich Vorstandschef Jürgen Zeschky recht offen für eine Übernahme des Unternehmens zeigte. Der Kurs kletterte rasch um mehr als zehn Prozent nach oben. Doch mittlerweile ist Zeschky - nicht zuletzt unter Berufung auf Großaktionärin Susanne Klatten - wieder ein wenig zurückgerudert, die Aktie aber stieg weiter.

Eine interessante Übernahmespekulation bietet sich seit Längerem bei Syzygy (WKN 510 480). Der Werbeagentur WPP fehlen nur noch wenige Aktien, um die 30-Prozent-Schwelle bei dem Konkurrenten zu überschreiten und damit ein Pflichtangebot auszulösen. Die Franzosen, die für ihren Übernahmehunger bekannt sind, könnten also jederzeit zuschlagen. Begleitet wird diese Spekulation von einer starken operativen Entwicklung bei Syzygy, sodass der Aktienkurs - auch aus fundamentalen Gründen - 2015 bereits um mehr als 40 Prozent zulegte.

Mit M & A-Zertifikaten können Anleger einen breiteren Ansatz fahren, was die Chance auf Treffer erheblich vergrößert. So enthält der Solactive-German-Mergers & Acquisitions-Performance-Index 20 potenzielle Übernahmekandidaten, die der Indexanbieter nach verschiedenen Kriterien ausgewählt hat. Die Zusammensetzung ist jedoch nicht in Stein gemeißelt, sie kommt alle drei Monate auf den Prüfstand. Im Moment befinden sich meist Aktien aus der zweiten und dritten Börsenreihe in dem Barometer. Aus MDAX und SDAX sind Stada und Zooplus mit von der Partie, aus dem TecDAX c und die Software AG sowie der Nebenwert Adva. Anleger, die darauf setzen möchten, dass die Experten ein glückliches Händchen beweisen, können einen Blick auf das Indexzertifikat (WKN HV7TPD) von Unicredit werfen. Das Produkt bildet diesen M & AIndex mit einer Partizipationsrate von 100 Prozent ab - abzüglich einer Verwaltungsgebühr von einem Prozent pro Jahr. Anleger haben damit die Chance, von steigenden Kursen zu profitieren. Der Track-Record kann sich sehen lassen: Seit der Auflage 2012 verteuerte sich das Barometer um mehr als 70 Prozent. Sollte der Übernahme- Index jedoch den falschen Weg einschlagen, sind Anleger auch dem vollen Risiko ausgesetzt. Und natürlich besteht ein Emittentenrisiko.



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Auf der Wachstumswelle reiten

Growth-Investoren fokussieren sich bei ihren Investments auf innovative Unternehmen mit hohen Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn. Dieser Anlageansatz geht davon aus, dass sich die überdurchschnittlichen Steigerungen fortsetzen werden. Die aktuelle Bewertung der Aktie spielt dagegen eine untergewichtete Rolle.

Bei dieser Strategie zahlt sich auch ein besonders feines Gefühl für künftige Entwicklungen aus. Denn wer frühzeitig neue Trends erkennt, kann deutlich günstiger einsteigen. Bestes Beispiel ist Apple: Anfang 2007, kurz vor Einführung des ersten iPhones, kostete die Aktie rund zehn Euro, inzwischen liegt der Kurs bei mehr als dem Zehnfachen. Ein besonders Erfolg versprechender Trend zeigt sich aktuell im Fintech- Bereich: technische Dienstleistungen für den Finanzsektor. Denn die digitale Welle schwappt derzeit auf den Bankensektor über und lenkt den Blick der Investoren auf neue, innovative und wachstumsstarke Player. Die Fintech Group, ein Unternehmen, das erst vor Kurzem durch den Zusammenschluss mehrerer Firmen entstanden ist, zählt mittlerweile zu den größten Unternehmen für Banktechnologien in Europa. Das sollte sich auch in den Gewinnzahlen widerspiegeln. Für das laufende Jahr wird ein operatives Ergebnis von rund 25 Millionen Euro erwartet, dank Synergieeffekten durch die neu übernommene Xcom könnten es im kommenden Jahr bereits 50 Millionen Euro werden. Das entspricht lediglich einem Drittel der aktuellen Marktkapitalisierung. Aus Bewertungssicht ist die Fintech Group daher ein echtes Schnäppchen in der Branche.



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