Soweit die Wachstumsstory. Kurze Zeit später meldete Flatex dann, dass man ab März 2020 von seinen Kunden eine Depotgebühr in Höhe von 0,1 Prozent verlangt - zum Verdruss vieler Kunden und zur kaum verhohlenen Freude der Konkurrenz. BÖRSE ONLINE erläutert, was der Deal für die Kunden der beiden Broker bedeutet und sprach dazu auch mit Flatex-Chef Frank Niehage.

Seine Kernbotschaft: Die zwei Anbieter werden nicht zu einem zusammengelegt, ein technisches Migrationsprojekt soll nicht erforderlich sein. "Wir lassen beide Broker mit ihren jeweiligen Markennamen bestehen. Sie bleiben zwei Firmen - eine mit Lizenz in den Niederlanden und eine mit Lizenz in Deutschland. Unser Ziel ist es, Kunden beider Anbieter das Beste aus beiden Welten anzubieten", sagt Niehage. Zu diesem Zweck will Flatex eine europäische Plattform übergreifend für Degiro und Flatex schaffen; ein Kunde soll dann wählen können, welche Angebote welches Brokers er nutzt. Denn bislang unterscheidet sich die Angebotspalette der beiden Häuser in einigen wichtigen Punkten.

Europäische Plattform


Dazu ein paar Beispiele: Degiro-Kunden können derzeit die Erlaubnis erteilen, ihre Wertpapiere zu verleihen, und damit Leiherträge erzielen. In den Niederlanden ist das möglich, in Deutschland geht das bisher nicht. Ein Flatex-Kunde soll das laut Niehage künftig ebenfalls dürfen. Oder er nutzt den Futures- und Optionenhandel von Degiro, den es bei Flatex bisher nicht gibt.

Spätestens mit der Finalisierung des Deals, den Flatex für April/Mai erhofft und der noch von der niederländischen Aufsicht genehmigt werden muss, sollen Degiro-Kunden zukünftig auch das Trading nach Börsenschluss nutzen können, was es bisher bei Degiro nicht gibt. Änderungen soll es bei den Kundenguthaben geben: Sie liegen bei Degiro derzeit nicht auf eigenen Konten, sondern werden in einem Geldmarktfonds bei Morgan Stanley geparkt. Künftig sollen Degiro-Kunden eigene Konten bei der Flatex-Bank erhalten, die Einlagensicherung soll dann bei den gesetzlich vorgeschriebenen 100 000 Euro liegen.

Ein Knackpunkt ist die Frage, ob sich Degiro-Kunden nach der Übernahme in Deutschland neu legitimieren müssen. Denn das bisherige Legitimationsverfahren von Degiro, das auf einer Überweisung von einem deutschen Konto aus basiert, würde innerhalb Deutschlands nicht als ordentliche Legitimation gelten. Auf Anfrage von BÖRSE ONLINE heißt es von der Finanzaufsicht Bafin, diese Frage lasse sich noch nicht abschließend beantworten - und hänge von organisatorischen Fragen ab. Flatex-Chef Niehage möchte jedenfalls, "dass sich für die Kunden beider Anbieter nichts ändert. Deutsche Degiro-Kunden müssen sich bis auf Weiteres nur bei Degiro legitimieren. Neukunden werden sich auf der Plattform anmelden und sich dann dafür entscheiden, in die blaue Welt, also die von Degiro, oder in die orangene Flatex-Welt zu gehen. Auch dann bleiben die Legitimationsverfahren unterschiedlich."

Geänderte Konditionen ab März


Nun zur zweiten Neuigkeit: Ab März sollen Flatex-Kunden Depotgebühren von 0,1 Prozent und ein pauschales Handelsplatzentgelt von zwei Euro für bestimmte Handelsplätze zahlen. Das freut die Konkurrenz, aber nicht die Kunden. Doch laut Niehage war das nur der erste Teil der Konditionenänderungen. "Bisher noch nicht bekannt ist, dass wir ebenfalls zum März einige Gebühren deutlich senken."

So streicht Flatex die Provision je Auslands-Dividendenzahlung von 5,90 Euro. Außerdem senkt der Anbieter die Gebühren für den Handel an Auslandsbörsen von 15,90 Euro auf die Inlandsgebühr von 5,90 Euro. "Wir führen zu Anfang März einen sogenannten VIP-Club für unsere besten Kunden ein. Neben anderen Vergünstigungen wie dem Wegfall von Depotgebühren berechnen wir diesen Kunden auch keine Negativzinsen." Damit sieht Niehage Flatex auch gegenüber den neu angetretenen Null-Euro-Brokern gut aufgestellt. Degiro-Kunden zahlen übrigens auch künftig keine Depotgebühr.

Zum Hintergrund des Degiro-Deals: Die Niederländer hatten sich selbst zum Verkauf gestellt. Seit 2013 bietet der Broker Privatanlegern seine Dienste an, im Herbst 2014 startete er in Deutschland. Seither konnte er rund 470 000 Kunden, vor allem in den Niederlanden und Deutschland, gewinnen und ist mittlerweile in 18 Ländern präsent. Dem rasanten Wachstum waren aber die Unternehmensstrukturen und -abläufe nicht hinterhergekommen. Oder wie Degiro es selbst in einer Pressemitteilung schrieb: "Der Fokus auf Wachstum bedeutete, dass der Fokus auf Gover­nance und Compliance hinterherhinkte." Daraufhin hatte die niederländische Finanzaufsicht dem Broker auf die Finger geklopft und Verbesserungen verlangt.