DFL-Chef Christian Seifert hatte schon kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang März gewarnt, dass die Bäume nicht in den Himmel wüchsen und sprunghafte Steigerungen nicht zu erwarten seien: "Die Medienunternehmen müssen ja auch Geld verdienen."

Angesichts des Konjunktureinbruchs heißt es im Umfeld des Liga-Verbandes jetzt, im besten Fall seien von den Fernseh-, Hörfunk- und Streaming-Anbietern wieder die 4,6 Milliarden Euro zu holen, die sie vor vier Jahren hinlegen mussten. Noch länger warten, bis nach dem Ende der Coronakrise, wollte die DFL aber auch nicht: Die Planungssicherheit für die Vereine gehe vor. Am 22. Juni will die DFL mitteilen, wer den Zuschlag bekommen hat.

Hoffnung macht ihr das Engagement von Amazon. Der amerikanische Handelsriese sprang mit seinem Streaming-Angebot "Amazon Prime" bei der Live-Übertragung der Freitagsspiele für den Rest der Saison 2019/20 überraschend für den Rechteinhaber Eurosport in die Bresche, der die Coronakrise zum Anlass nahm, seinen Vertrag mit der Bundesliga außerordentlich zu kündigen. Jetzt übertragen Amazon Prime und der Streaming-Dienst DAZN parallel. Ob die Kündigung Bestand hat, wird in den nächsten Wochen ein Schiedsgericht entscheiden. In jedem Fall dürfte die DFL dieses Rechtepaket für die Saison 2020/21 neu vergeben müssen, die im September beginnen soll.

Ob Amazon dauerhaft Lust auf die Bundesliga bekommen hat, ist aber offen. Die Amerikaner, die sich bereits die Rechte an der europäischen "Champions League" gesichert haben, lassen sich vor dem Rechte-Poker nicht in die Karten schauen: "Wir sind grundsätzlich an attraktiven Sportrechten für unsere Kunden interessiert. Dabei glauben wir, dass es beim Thema Live-Sport mehr Aspekte als den Wettlauf um Rechte gibt", sagte ein Amazon-Sprecher. Von der Finanzkraft her könnte Amazon dem Platzhirsch Sky sicher Paroli bieten, der die meisten Spiele live überträgt und damit bisher den Löwenanteil der Fernseheinnahmen beisteuert.

Bei der DFL hat Sky einen Stein im Brett - nicht erst seit die Pay-TV-Plattform den Bundesliga-Neustart mit einem Vorschuss erleichterte und damit eine Reihe von Vereinen von finanziellen Engpässen erlöste. Seifert und die Klubs wissen, was sie an Sky haben - das gilt aber auch umgekehrt. Denn nach dem Verlust der Champions-League-Rechte ist die Bundesliga der wertvollste Baustein des Sky-Angebots im Kampf gegen Netflix und Amazon um die Zuschauer. Sympathie kann durchaus eine Rolle spielen bei der Auktion: Wenn zwei Gebote über dem Mindestpreis liegen, sich aber finanziell nicht groß unterscheiden, hat die DFL die Wahl, sich für einen der beiden Bieter zu entscheiden.

Der vom neuen Eigentümer Comcast entsandte Sky-Deutschland-Chef Devesh Raj ist aber auch mit dem Auftrag angetreten, das Unternehmen in die Gewinnzone zu führen. Zu teuer wird er die Fußball-Rechte nicht einkaufen wollen. Ein Bieter allein darf die Live-Spiele aber von 2021 an ohnehin nicht zeigen, so sagen es die Vorgaben des Bundeskartellamts für die Auktion. Wenn er den Zuschlag für die attraktivsten vier Pakete - mit allen Live-Spielen und den beliebten Konferenzschaltungen - bekäme, müsste er sich die Übertragungen im Internet oder auf dem Smartphone für zwei Pakete mit einem Konkurrenten teilen.

Die Zweitverwertungs-Rechte könnten sich in Deutschland wie gehabt die ARD-"Sportschau", das ZDF-"Sportstudio" und Sport1 mit dem sonntäglichen "Doppelpass" teilen. Allenfalls RTL könnte sich dazugesellen, das sich bisher mit Zusammenfassungen am Montag im Spartensender Nitro begnügt. Die große Unbekannte ist die Deutsche Telekom, die in ihrem "MagentaTV" zwar die Top-Ligen im Eishockey und Basketball überträgt, im Fußball aber nur die dritte Liga im Programm hat.

rtr