Wenn russische Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream ausbleiben, wie es Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mittlerweile befürchtet, dürften die zuletzt wieder deutlich angestiegenen Gaspreise noch viel stärker anziehen.
Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) befürchtet dann "brutale Preissteigerungen" für private Verbraucher. Das sagte sie am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. Es seien bis zu 400 Prozent Preissteigerungen möglich. Allerdings würden die Privathaushalte das erst ab dem Winter merken.
Geld zur Seite legen und Gas-Verbrauch drosseln - jetzt!
Verbraucher sollten sich darauf vorbereiten und entsprechend Geld zur Seite legen, rät Kemfert. Damit die Versorgung mit Gas trotz ausbleibender Lieferungen aus Russland gewährleistet bleiben kann, seien zwei Dinge elementar, so Kemfert weiter: Die nationalen Gasspeicher, die aktuell zu gut 60 Prozent gefüllt seien, müssten weiter aufgefüllt und der Gasverbrauch ab sofort reduziert werden.
Die Industrie sei schon dabei zu sparen, der Gasverbrauch bereits rapide gesunken. Grund dafür sei der hohe Preis, der für die Unternehmen jetzt schon spürbar ist. Der europäische Erdgas-Future TTF ist auf ein Drei-Monats-Hoch von 149,75 Euro je Megawattstunde gestiegen.
Die Unternehmen orientieren sich um, kaufen weniger Gas, und switchen auf andere Produktionsverfahren, erläuterte die Wirtschaftsexpertin. Je mehr jetzt schon Gas eingespart werde, desto wahrscheinlicher sei es, dass die Speicher bis 1. Oktober zu 80 und bis 1. November zu 90 Prozent gefüllt seien, so Kemfert. Dann werde es im Winter keine Gasknappheit geben.
Chemie- und Stahlbranche besonders betroffen
Besonders betroffen wäre ohne sofortige Einsparungen beim Gas die Industrie. Wegen der Gaskrise werde dann auch eine Rezession immer wahrscheinlicher, warnte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Es gibt schlichtweg keine Mittel gegen einen Gaslieferstopp außer das Abschalten weiter Teile der deutschen Wirtschaft. Wir alle wissen, wie die Wirtschaftsdaten im Lockdown 2020 ausgesehen haben. Ein Lieferstopp könnte einen erneuten Shutdown erzwingen.
Besonders betroffen von einer Gasknappheit wären die Chemie- und Stahlbranche. Konkret betroffen sind dann etwa Uniper, BASF, Thyssenkrupp, Salzgitter, Aurubis, Befesa und Gerresheimer. Deren Aktien sind zuletzt bereits unter starken Druck gekommen. BÖRSE ONLINE rät trotz der niedrigen Kurse, noch nicht (wieder) einzusteigen.
mmr mit dpa