Für Schlagzeilen ist das mit 17,1 Millionen Quadratkilometern größte Land der Welt immer gut. Aktuell geht es darum, dass Russland Truppen in der Nähe der ukrainischen Grenze zusammenzieht, was besorgte Stimmen an die Annexion der Krim 2014 erinnert. Russland spielt auch im Konflikt der Europäischen Union mit Belarus das Zünglein an der Waage. Und schließlich ist da noch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die Gas von Russland nach Deutschland liefern soll und deren Betriebsstart sich aus regulatorischen Gründen immer wieder verzögert. Aktuell ist es die Bundesnetzagentur in Bonn, die das Zertifizierungsverfahren für die beiden Rohrleitungen "vorläufig ausgesetzt" hat. Im Klartext bedeutet dies eine Verzögerung um mindestens einige Monate.

Die Lieferung von Gas ist dabei schon seit Monaten ein Reizthema. So gab und gibt es immer wieder Streit, wer denn an der Energiekrise in Deutschland und anderen europäischen Ländern Schuld habe. Jedenfalls hat Russlands Premier Wladimir Putin inzwischen den staatlichen Gasriesen Gazprom angewiesen, angesichts steigender Preise und schlecht gefüllter Speicher die Reserven in Deutschland und Österreich wieder aufzufüllen. Seit der zweiten November-Woche fließt also wieder mehr Gas durch die Yamal-Pipeline - eine der drei wichtigsten russischen Transportleitungen - via Belarus und Polen nach Deutschland.

Dick im Gasgeschäft

Gazprom jedenfalls profitiert von den gestiegenen Gaspreisen. Das Unternehmen ist einer der größten Energie-Player weltweit: Über ein Viertel der weltweit gesicherten Erdgasvorkommen befinden sich in Gazprom-Besitz. Darüber hinaus verfügt man über ein Pipelinesystem mit einer Länge von mehr als 161 000 Kilometern. 90 Prozent des russischen Erdgases wird dabei von Gazprom gefördert. Dass Nord Stream 2 immer noch nicht abgesegnet wurde, hat der Gazprom-Aktie indes nur wenig zugesetzt. Nach einer dreiwöchigen Korrektur geht die Richtung wieder nach oben.

Die Entwicklung der Gazprom-Aktie steht stellvertretend für den insgesamt positiven Trend an der Börse Moskau. Der RTS-Leitindex gehört 2021 zu den besten Börsenbarometern überhaupt. Und dank des starken Rubels fällt die Wertentwicklung für Euroanleger in diesem Jahr sogar noch um zehn Prozentpunkte besser aus als in Rubel gerechnet.

Dass der Rubel stark ist, liegt auch an der rigorosen Politik der Zentralbank: Die hat in diesem Jahr den Leitzins deutlich auf zuletzt 7,5 Prozent angehoben. Grund dafür ist die Inflation. Die Währungshüter um Notenbankchefin Elwira Nabiullina rechnen für das Gesamtjahr mit einer Teuerungsrate von 7,4 bis 7,9 Prozent. "Wir dürfen uns nicht mit erhöhten Inflationserwartungen abfinden", so Nabiullina. Der Leitzins soll daher bis Mitte 2023 hoch bleiben - bei mindestens sechs Prozent, so die Notenbank. Ziel ist, die Inflation unter vier Prozent zu drücken.

Starke Landeswährung

Nebeneffekt: Die Landeswährung Rubel wird gestützt, was Importe günstiger macht. Den Aufschwung soll der hohe Zins indes nicht abwürgen. Laut Notenbank hat die Konjunktur bereits im zweiten Quartal ihr Vor-Corona-Niveau wieder erreicht. Für das Gesamtjahr rechnet man mit einem Wirtschaftswachstum von 4,0 bis 4,5 Prozent.

Einer der Profiteure dürfte Sberbank sein, der bedeutendste Kreditgeber der russischen Wirtschaft. Die steigenden Leitzinsen sind ein Pluspunkt, da die Bank im vergangenen Jahr viele variabel verzinste Kredite vergeben hat. Interessant ist, dass Sberbank das Geschäftsmodell auf Sektoren außerhalb der Finanzbranche ausweitet. So beteiligt man sich an Start-ups aus den Bereichen E-Commerce und Cloud. Die russische Regierung ist über das Finanzministerium mit einem Anteil von 50 Prozent plus einer Aktie an dem Geldinstitut beteiligt. Die Gruppe bedient Kunden in 18 Ländern, auch in den USA, Großbritannien, Mittel- und Osteuropa.

Zu den aussichtsreichen Werten gehört auch MMC Nornickel (früher als Norilsk Nickel gelistet). Mit 20 Prozent Anteil am Geschäftsvolumen macht Nickel allerdings nur einen kleinen Teil des Business aus. Wichtiger ist Palladium, wo die "Mining and Metallurgical Company" mit ihren 80 000 Mitarbeitern gut 40 Prozent des Weltbedarfs abdeckt. Dadurch profitiert man überdurchschnittlich vom steigenden Preis des Metalls.

 


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