Auch Siemens-Chef Joe Kaeser hätte nur zu gern Alstoms Filetstück übernommen. Doch nun baut GE mit dem Gasturbinengeschäft die weltweite Vormachtstellung auf einem Wachstumsmarkt aus. Daneben bündeln die Amerikaner bei Dampfturbinen, in der Atomenergietechnik, bei Windkraftanlagen sowie in der Energieübertragung die Kräfte mit den Franzosen.
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Hoher Preis für Alstom
GE zahlt dafür nicht nur 17 Milliarden Dollar, Immelt gibt auch ein Stück Entscheidungsfreiheit preis. Denn künftig sitzt Frankreichs Regierung mit am Tisch, wenn es um Alstoms Belange geht. Wirtschaftsminister Arnault Montebourg sorgte dafür, dass Frankreich 20 Prozent an Alstom übernimmt. Paris sichert sich dadurch Mitspracherechte insbesondere bei der strategisch wichtigen Nukleartechnik.
Der 58-jährige Immelt dürfte also auch künftig öfter mal nach Paris reisen. Doch dafür erhält GE einen mächtigen Brückenkopf in Europa - und rückt Siemens endlich näher. Denn gegen den Platzhirsch haben die Amerikaner in dessen Stammrevier bislang wenig ausrichten können. Gerade mal gut 17 Prozent des Umsatzes erzielte GE 2013 in Europa. Mit Alstom dürfte der Anteil Experten zufolge immerhin auf 20 Prozent steigen. "Das Europa- Geschäft wird vor allem bei Gasturbinen deutlich stärker", sagt Elena Plakhina, Analystin bei Independent Research.
Für Siemens-Chef Kaeser ist das umso ärgerlicher, als die Franzosen ein besonders lukratives Gasturbinengeschäft betreiben. GE erwirbt mit Alstom eine ganze Reihe lukrativer Serviceverträge. Die Gewinnmargen liegen Analysten zufolge in diesem Sektor bei etwa 20 Prozent - das ist sogar mehr als die Rendite, die die deutsche Konkurrenz einfährt.
Ein Schlag gegen Siemens - das kommt den Amerikanern durchaus gelegen. Ausschlaggebend für das Angebot war aber, dass die Übernahme perfekt zur langfristigen Strategie passt. Immelt will das Industriegeschäft stärken und das Gewicht der Finanzsparte GE Capital verringern.
Diese Tochter hatte Vorgänger Jack Welsh einst durch zahlreiche Akquisitionen aufgebaut - und war damit lange Zeit äußerst erfolgreich. Um die Jahrtausendwende verdiente GE Capital weitaus mehr als der Rest des Konglomerats. Doch bereits nach den Anschlägen am 11. September 2001, wenige Tage nach seinen Amtsantritt, beschloss Immelt, sich vom Versicherungsgeschäft zu trennen. Nach der Attacke auf das World Trade Center haftete GE schließlich mit Hunderten Millionen Dollar.
In der Finanzkrise riss die Tochter zudem um ein Haar den gesamten Konzern in den Abgrund. Seitdem führt Immelt das US-Urgestein GE, das der Glühbirnenerfinder Thomas Alva Edison 1892 gründete, noch konsequenter zurück zu den Wurzeln. Für den Herbst steht mit dem geplanten Börsengang der Kreditkartensparte der nächste Schritt an.
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Bei Öl und Gas sprudeln die Gewinne
Immelt hat ein breites Industrieportfolio aufgebaut, das von der soeben gestärkten Energieinfrastruktur über Lokomotiven bis hin zu Flugzeugturbinen, dem größten Umsatz- und Gewinnbringer, reicht. Besonders lukrativ und wachstumsträchtig aber war zuletzt das Engagement in der Öl- und Gasindustrie. GE stellt Pumpen, Bohrlochköpfe und anderes Equipment für die großen Energiekonzerne her und profitiert stark vom US-Boom beim Fracking-Gas. Die Sparte wuchs im ersten Quartal um mehr als ein Viertel und lieferte fast 40 Prozent mehr Gewinn als im Vorjahr.
Das Geschäft mit den Ölriesen läuft so gut, dass auch die deutsche Siemens mit Nachdruck ins US-Energiegeschäft einsteigen will. Vorstand Kaeser heuerte jüngst eigens eine Ex-Managerin von Exxon als Energiechefin für den Konzern an, um in diesem Wachstumsmarkt Fuß zu fassen.
Das war durchaus als Angriff auf GE zu verstehen. Immelts gute Laune dürfte es dennoch kaum trüben.
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