Die mittlere Generation ist dreifach belastet - sie kümmert sich neben dem Job um die Jungen und die Alten. Doch der Staat hilft mit. Von Maren Lohrer

Kinder kriegen die Leute sowieso", befand der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer. Doch Kinder kosten. Im Schnitt rund 584 Euro im Monat, also 130 000 Euro bis zum 18. Lebensjahr, hat das Statistische Bundesamt die reinen Konsum- ausgaben ermittelt.

Vorsorge- und Versicherungskosten sind in dieser Hochrechnung ebenso wenig erfasst wie ein geräumigeres Auto oder eine größere Wohnung. Auch nicht, dass in vielen Familien ein Elternteil die Arbeitszeit und damit das Haushalts­einkommen reduziert.

Geringere Einnahmen - höhere Ausgaben: Wie kann hier eine zeitgemäße Familienförderung aussehen? Staatliche Hilfen senken die Kosten für Kinder in Form von steuerlichen Erleichterungen oder direkten Zuschüssen. Wichtige Leistungen sind Mutterschafts-, Kinder- und Elterngeld sowie die Bundesausbildungsförderung. Hinzu tritt das Starke-­Familien-Gesetz, das einkommensschwache Familien entlastet. "In der Summe kann das schnell mehrere Hundert Euro im Monat ausmachen", so die Familienministerin Franziska Giffey. Im Folgenden sind die wichtigsten Leistungen nach dem Alter des Kindes erläutert.

Mutterschaftsgeld.

Die Zahlung erhalten schwangere Arbeitnehmerinnen, die gesetzlich versichert sind und Anspruch auf Krankengeld haben: Das bisherige Nettogehalt wird im Zeitraum von sechs Wochen vor dem errechneten Geburts­termin bis acht Wochen nach der Geburt ausgezahlt.

Die Krankenkasse trägt hiervon 13 Euro pro Kalendertag, der Arbeitgeber übernimmt den übrigen Betrag. Das Mutterschaftsgeld wird bei Krankenkasse und Arbeitgeber beantragt.

Elterngeld.

Wenn Eltern für die Betreuung ihres Kindes die Arbeitszeit unterbrechen oder auf maximal 30 Wochenstunden verringern, so unterstützt der Staat das finanziell. Dieses Elterngeld gibt es als Basiselterngeld, Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus. Alle Varianten lassen sich miteinander kombinieren. Das Basiselterngeld wird für maximal 14 Monate gezahlt. Die Eltern können den Zeitraum untereinander aufteilen, wobei ein Elternteil mindestens zwei Monate nehmen muss und maximal zwölf Monate nehmen kann.

Alleinerziehende können bis zu 14 Monate erhalten, ebenso Elternteile, bei denen der andere an der Betreuung ­gehindert ist - etwa durch eine schwere Erkrankung.

Das Elterngeld beträgt in der Regel zwischen 65 und 100 Prozent des Einkommens, das im Jahr vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielt wurde. Der Höchstbetrag liegt bei 1800 Euro, der Mindestbetrag bei 300 Euro. Allerdings ist das Einkommen aus einer Teilzeitarbeit in die Berechnung des Elterngeldes einzubeziehen. Es wird also nur die Gehaltseinbuße berücksichtigt.

Elterngeld Plus: Anders als beim Basis­elterngeld lässt sich der Bezug auf 28 Monate bei geringerer Zahlung ausdehnen. Es richtet sich vor allem an Eltern, die früher in den Beruf zurückkehren möchten. Es berechnet sich wie das Elterngeld, beträgt aber höchstens die Hälfte des Elterngeldbetrags, der Eltern ohne Teilzeiteinkommen nach der Geburt zustehen würde.

Partnerschaftsbonus: Diese zusätz­lichen vier Monate Elterngeld können Väter und Mütter beantragen, wenn sie in vier aufeinanderfolgenden Monaten gleichzeitig 25 bis 30 Wochenstunden ­arbeiten. Auch Alleinerziehende werden so gefördert: Arbeiten sie in vier aufeinanderfolgenden Monaten in Teilzeit zwischen 25 und 30 Wochenstunden, erhalten sie ebenfalls vier weitere Monate Elterngeld Plus.

Vor der Neuerung 2015 gab es nur das Basiselterngeld, das sich relativ einfach berechnen lässt. Allerdings benachteiligte es die Eltern, die schnell wieder in Teilzeit in den Beruf zurück wollten. Nun gibt es etliche Kombinationsmöglichkeiten. Die am besten passende zu finden, ist schwierig. Das Bundesministerium für Familie hat daher einen Elterngeld­rechner bereitgestellt.

Das Elterngeld kann ab Geburt des Kindes beantragt werden. Es wird rückwirkend maximal drei Lebensmonate gezahlt. Der Antrag wird bei der zuständigen Elterngeldstelle eingereicht. Diese ist zu finden hier.

In einigen Bundesländern lässt sich das Elterngeld auch online beantragen. Der Service ElterngeldDigital ist in Berlin, Bremen, Hamburg, Rheinland-­Pfalz, Sachsen und Thüringen verfügbar. Weitere Bundesländer sollen folgen. Hier finden sich mehr Informationen.

Das Elterngeld ist zwar ein steuerfreier Lohnersatz. Doch es unterliegt dem so­genannten Progressionsvorbehalt, wird also bei der Ermittlung des individuellen Steuersatzes eingerechnet. Dieser möglicherweise höhere Steuersatz wird dann auf das ganze zu versteuernde Einkommen ohne Elterngeld angewendet.

Kindergeld.

Es wird einkommensunabhängig mindestens bis zum 18. Lebensjahr des Kindes bewilligt. Für Kinder in Ausbildung - Schule, Studium, ­Berufsausbildung, Freiwilligendienst - wird es bis zum 25. Lebensjahr und für arbeitslose Kinder bis zum 21. Lebensjahr gezahlt.

Aktuell liegt das Kindergeld bei 204 Euro für die ersten beiden Kinder, bei 210 Euro für das dritte und bei 235 Euro ab dem vierten Kind. Die Höhe des Kindergelds ist also gestaffelt, und zwar chronologisch nach Alter der Kinder.

Diese sogenannte Zählkinderregelung ist vor allem für Patchworkfamilien interessant. Denn auch leibliche Kinder aus einer vorherigen Beziehung, die nicht mit im Haushalt leben, gelten als Zählkinder. Der getrennt lebende Elternteil bekäme zwar für diese Kinder kein Geld, doch sie würden die Staffelung für die jüngeren Kinder erhöhen.

Das Kindergeld erhält die Person, bei der das Kind wohnt. Wenn das Kind bei beiden Eltern lebt, so legen diese fest, auf wessen Konto es zu überweisen ist. Das Kindergeld muss schriftlich bei der Familienkasse bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden, dies ist auch online möglich. Einen Vordruck gibt es unter www.arbeitsagentur.de. Die Familienkassen benötigen die Steuer-Identifikationsnummern des Beziehers der Leistung und des Kindes.

Kinderfreibetrag.

Dies ist die Alternative zum Kindergeld. Aktuell liegt der Kinderfreibetrag bei 7620 Euro jährlich pro Kind, inklusive Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungsbedarf.

Das bedeutet: Diese Summe muss bei der Steuererklärung der Eltern nicht berücksichtigt werden, auf sie werden keine Steuern bezahlt. Das Finanzamt prüft automatisch, welche Alternative für den Steuerpflichtigen günstiger ist.

Kinderzuschlag.

Diese Leistung ist einkommensabhängig. Der Kinderzuschlag (KiZ) soll zusammen mit dem Einkommen den Bedarf der Familie decken, damit sie nicht Arbeitslosengeld II beantragen muss. Der KiZ und das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket bilden die Kernstücke des Starke-Familien-Gesetzes des Familienministeriums. Ziel des Gesetzes ist, Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen wirksamer vor Armut zu schützen und den Bedarf von Kindern zu sichern. Daher wurden diese Leistungen deutlich aufgestockt.

Den KiZ gibt es zusätzlich zum Kindergeld. Zum Juli 2019 wurde er von ­maximal 170 Euro auf 185 Euro pro Monat und Kind erhöht. Zudem können nun auch viele Alleinerziehende vom KiZ ­profitieren. Früher wurde der Unterhalt oder der Unterhaltsvorschuss auf den Kinderzuschlag voll angerechnet. Seit dem 1. Juli 2019 verringert dieses Kin­deseinkommen den KiZ nur noch zu 45 Prozent.

Um den KiZ zu beantragen, müssen Elternpaare mindestens 900 Euro im Monat verdienen, Alleinerziehende mindestens 600 Euro.

Seit dem 1. Januar 2020 sind die oberen Einkommensgrenzen für den Bezug des Kinderzuschlags weggefallen. Einkommen der Eltern, das über ihren eigenen Bedarf hinausgeht, wird nur noch zu 45 Prozent auf den KiZ angerechnet. Der KiZ zieht eine Folgeleistung nach sich: Wer ihn erhält, wird auch von Gebühren der Kindertagesstätte befreit.

Der Antrag für den Kinderzuschlag ist bei der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit zu stellen. Die Leistung wird für sechs Monate gewährt und nicht mehr rückwirkend überprüft. Damit müssen Familien nicht mehr zwischen Kinderzuschlag und Grundsicherung hin- und herwechseln, wenn ihr Einkommen leicht schwankt.

Ob eine Familie Kinderzuschlag erhält, hängt stark vom Einzelfall ab. Es kommt auf Anzahl und Alter der Kinder und die Wohnkosten an. "Bei einem Bruttoeinkommen im Haushalt von 1200 bis 2200 Euro bei Alleinerziehenden mit einem Kind, 1600 bis 3400 Euro bei Paarfamilien mit zwei Kindern und 1300 bis 4000 Euro bei Paarfamilien mit drei Kindern ist es wahrscheinlich, dass Anspruch auf den Kinderzuschlag besteht", so Familienministerin Giffey.

Familiengeld.

Eine bayerische Besonderheit: Seit 1. September 2018 erhalten Eltern dort für jedes Kind im zweiten und dritten Lebensjahr 250 Euro pro Monat, ab dem dritten Kind 300 Euro pro Monat. Die Leistung wird unabhängig vom Einkommen oder von der Erwerbstätigkeit gezahlt. Auch spielt es keine Rolle, ob das Kind in der Familie oder einer Krippe betreut wird. Das Familiengeld ist beim ­ZBFS Zentrum Bayern Familie und Soziales zusammen mit dem Elterngeld zu beantragen - am einfachsten direkt zusammen mit dem Elterngeld. Das Familiengeld ist steuerfrei und unterliegt auch nicht dem Progressionsvorbehalt. Infos hier.

Bildungs- und Teilhabepaket.

Anspruch auf diese Leistungen haben alle Kinder, für die Kinderzuschlag, Leis­tungen aus dem SGB II oder Wohngeld ­bezogen werden. Das sind rund vier Millionen Kinder.

Das Bildungs- und Teilhabepaket beinhaltet eine Jahrespauschale für Schulbedarf in Höhe von 150 Euro sowie die sogenannte Teilhabeleistung. Dieser monatliche Betrag in Höhe von 15 Euro ist für Kultur- und Sportaktivitäten der Kinder gedacht, etwa den Gitarrenunterricht oder den Fußballverein. Bisher mussten die Familien monatliche Einzelnachweise für Freizeitaktionen oder Hobbys vorlegen, jetzt reicht ein Nachweis für die Auszahlung der Jahrespauschale.

Die Kosten für das gemeinsame Mittagessen in Kindertagesstätte und Schule werden ebenso übernommen wie für die Schülerfahrkarte im Nahverkehr. ­Darüber hinaus kann Nachhilfe beansprucht werden, auch wenn die Versetzung nicht unmittelbar gefährdet ist. Tagesausflüge und Klassenfahrten können bezuschusst oder übernommen werden.

Das Paket kann bei der Stadt, Gemeinde oder dem Landkreis beantragt werden. Wer im Einzelfall zuständig ist, ist dem Internetauftritt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter dem Stichwort Grundsicherung zu entnehmen (www.bmas.de). Kommt die Leistung auch an? Der ­bisherige Kinderzuschlag erreichte nur rund 250 000 Kinder, dabei wären 800 000 anspruchsberechtigt gewesen. "Der Kinderzuschlag wurde erhöht und vereinfacht, ist jetzt leichter zugänglich und gerechter", sagt Giffey.

Der Bund investiert von 2019 bis 2021 eine Milliarde Euro in die Neugestaltung des Kinderzuschlags und 220 Millionen Euro jährlich in das Bildungs- und Teilhabepaket. Familien­ministerin Giffey ist sich sicher: "Diese Investition zahlt sich aus, denn starke ­Familien halten unsere Gesellschaft zusammen."

Doch hilft es diesen Familien wirklich? "Dieses Gesetz ist kein Starke-­Familien-Gesetz, sondern vor allem ein Starke-Bürokratie-Gesetz", sagte Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kin­derschutzbunds, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Holger Stichnoth, zuständig für Familienpolitik beim Leibniz-Zen­trum für Europäische Wirtschaftsforschung, sieht in dem Entwurf einen richtigen ersten Schritt. Die Maßnahmen ­seien aber nicht ausreichend. Stichnoth regt an, den gordischen Knoten zu durchschlagen, also die Einzelleistungen Hartz IV, Kinderzuschlag, Wohngeld, Kindergeld, Bildungs- und Teilhabe­paket zu einer Leistung zu bündeln. Die verschiedenen Anlaufstellen und Formulare führen bei Interessierten zu einem erheblichen Aufwand, wenn sie die Leistungen beantragen wollen.

BAföG.

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz - kurz BAföG genannt - ermöglicht Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Ausbildung, auch wenn die Eltern diese nicht finanzieren können. Der Staat fördert so die erste Ausbildung an berufsbildenden Schulen, Kollegs, Akademien und Hochschulen. Im Sommer 2019 wurden die Leistungen erweitert. Ein Studium an einer privaten Berufsakademie kann nun ebenfalls ­förderfähig sein. Auch steigt der BAföG- Höchstsatz. Seit dem 1. August 2019 liegt er bei 853 Euro, zum Wintersemester 2020/2021 wird der Höchstsatz dann 861 Euro betragen. Wer eine schulische Ausbildung absolviert, erhielt früher maximal 708 Euro. 2020 steigt die maximale Fördersumme auf 832 Euro. Die BAföG- Reform berücksichtigt ebenfalls die steigenden Wohnkosten. So erhöhen sich die Zuschläge für nicht bei den Eltern Wohnende von zuvor 250 Euro auf 325 Euro.

Die Anhebungen der Einkommensfreibeträge um insgesamt 16 Prozent ­sorgen dafür, dass noch mehr Studierende, Schülerinnen und Schüler BAföG ­erhalten. Generell gilt: BAföG für Schülerinnen und Schüler ist komplett geschenkt. Studenten müssen die Förderung zurückzahlen, aber unter sehr kulanten Bedingungen: Die neue Regelrate für die Darlehensrückzahlung wird sich ab dem 1. April 2020 auf 130 Euro belaufen. Wer aber 77 Monatsraten getilgt hat, ist künftig schuldenfrei, auch wenn sein Darlehen ursprünglich höher war.

Die BAföG-Leistungen werden beim zuständigen Amt für Ausbildungsförderung beantragt. Der Antrag kann mit dem Formblatt per Post oder elektronisch gestellt werden.

Alleinerziehende: Hilfe bei Unterhaltsproblemen


Zahlt der andere Elternteil nicht ­regelmäßig Kindesunterhalt, so können Alleinerziehende einen Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragen. Der Vorschuss beträgt ­aktuell monatlich für Kinder bis fünf Jahre 165 Euro, für Kinder von sechs bis elf Jahren 220 Euro sowie für Kinder von zwölf bis 17 Jahren 293 Euro.

Mehr als 800 000 Kinder profitierten Ende 2018 von dieser Zahlung. Die Behörden versuchen, sich das Geld beim säumigen Elternteil zurückzuholen, selten mit Erfolg. Von den 2,1 Milliarden Euro Vorschuss 2018 konnten nur 270 Millionen Euro eingetrieben werden.