Auto, Kleidung, Musik, Unterkunft, Waschmaschine und Werkzeug: So gut wie alles lässt sich mit anderen zusammen nutzen. Die Digitalisierung vereinfacht den Austausch. Private Initiativen wie kommerzielle Anbieter werben mit den Vorteilen dieses gemeinsamen Nutzens von Produkten: Dieses sei besser für Umwelt und Geldbeutel.
Die einen sprechen aus echtem Idealismus, die anderen aus Marketingsicht. Die Verbraucher müssen in jedem Fall abwägen: Wann ist ein Kauf sinnvoller und wann bietet sich welche Form vorübergehenden Besitzes an? Beim Kauf wird die Ware zum Eigentum, ist jederzeit verfügbar und nach Belieben einsetzbar. Bei Käufen von Privatpersonen bei Unternehmen gilt das Verbraucherschutzrecht: Das heißt Umtausch, Rückgabe, Gewährleistung, Garantie und Produkthaftung sind gesetzlich geregelt. Bei der Share Economy, der Wirtschaft des Teilens, sind dagegen eine ganze Reihe rechtlicher und steuerlicher Feinheiten zu beachten.
Tauschen
Bereits seit den 1990er-Jahren haben sich Tauschringe etabliert. Im Internet sind Tauschbörsen zu bestimmten Produkten entstanden, zum Beispiel für Bücher, Filme, Musik, Kleidung, aber auch für Immobilien. Virtuelle wie lokale Tauschbörsen oder -ringe funktionieren meist nach demselben Prinzip: Für den Einsatz von Waren oder Fähigkeiten gibt es eine Gutschrift, häufig in Form einer Tauschwährung wie "Zeit", "Talente", oder "Tickets". Guthaben können in Waren oder Dienste anderer Mitglieder getauscht werden. Der Tausch ist nicht komplett umsonst: Für Organisation und Verwaltung erheben die meisten Netzwerke Beiträge, teils in Euro, teils in der Tauschwährung.
Beim Tausch von Waren und Dienstleistungen sind eine Reihe gesetzlicher Vorgaben zu beachten. "So darf zum Beispiel nur weitergegeben werden, was einem selbst gehört und soweit Besitz und Weitergabe nicht gegen geltendes Recht verstoßen", erklärt Markus Scheufele, Spezialist für Urheberrecht beim Digitalverband Bitkom. Digitale Tauschbörsenprogramme laden regelrecht zu Urheberrechtsverletzungen ein. Daher entschied der Bundesgerichtshof 2018, dass alle Nutzer eines solchen Programms als Mittäter haftbar gemacht werden können.
Der Tausch von Fähigkeiten kann ebenfalls eine juristische Gratwanderung darstellen oder sogar verboten sein. So dürfen zum Beispiel bestimmte medizinische, juristische und handwerkliche Dienstleistungen nur mit entsprechender Ausbildung und Zulassung erbracht werden. Werden sie mit einer solchen Qualifikation innerhalb eines Tauschrings angeboten, sind geltende Gebührenordnungen zu beachten, sonst kann dies unlauteren Wettbewerb darstellen. Außerdem darf keine Schwarzarbeit stattfinden.
Teilen
Fotos, Musik, Podcasts und Videos lassen sich leicht via Internet teilen. Urheberrechtlich sind dabei aber enge Grenzen gesetzt. So ist etwa das sogenannte Filesharing strikt verboten: Dabei werden Dateien mit Musiktiteln heruntergeladen und zeitgleich Dritten zum Download angeboten. Erlaubt ist es dagegen, private Kopien von Dateien zu erstellen und diese an gute Freunde weiterzugeben. "Für legales Teilen müssen zwei Kriterien erfüllt sein: Es muss ein persönliches Band zwischen den Teilenden bestehen und die Vorlage muss legal erworben sein", erklärt Bitkom-Jurist Scheufele. Wer sich Musikdateien durch Filesharing oder auf einer Festplattentauschbörse beschafft hat, darf also keine Kopie weiterreichen. Dagegen dürfen legal gekaufte Titel sogar in einer Cloud gelagert werden, solange der Link weder leicht zu erraten ist noch öffentlich gemacht wird - etwa über das eigene Facebook-Profil. Hier gilt ebenfalls: An enge Freunde darf man den Link senden, an Hunderte Tauschpartner nicht.
Premium-Abos von Streamingdiensten gelten meist für mehrere Geräte. Jeder Dienst gibt dabei eigene Regeln fürs Teilen vor: Mal müssen die Geräte im selben Haushalt stehen, mal genügt dieselbe Anschrift oder sogar dasselbe Land. Verstöße ahnden die Anbieter meist mit Stilllegung des Accounts. Sie dürfen aber Schadenersatz geltend machen.
Leihen
"Man spricht zwar vom Fahrradverleih, aber juristisch handelt es sich meist um Mietverhältnisse", erklärt Roland Huhn, Rechtsreferent beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Berlin. "Denn eine Leihgabe ist immer unentgeltlich." Weitere Feinheit: Leihen sich verwandtschaftlich oder freundschaftlich verbundene Menschen Räder oder Rasenmäher, kann dies eine Gefälligkeit ohne rechtlichen Bindungswillen sein. Dann begrenzt die Rechtsprechung die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.
Erst wenn die Leihgabe an einen Fremden geht, handelt es sich im juristischen Sinn um einen Leihvertrag. Die gesetzlichen Bedingungen dafür: Ein Verleiher haftet bei Verschulden, sprich, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig ein defektes Gerät verleiht. Er ist aber nicht für die Instandhaltung seiner Leihgabe verantwortlich - im Gegensatz zum Vermieter.
Der Entleiher muss nur für den Erhalt der Leihgabe aufkommen, etwa für Schmieröl bei einer Maschine, darf Geliehenes nicht weiterreichen und muss für Schäden, die er selbst an der Leihgabe verursacht, aufkommen (siehe Kasten "Absicherung"). "Die Grenzziehung zwischen Gefälligkeit und gesetzlich geregelter Leihe ist nicht immer eindeutig zu leisten", erläutert der Berliner Jurist. So wertet die Rechtsprechung Leihgaben unter Nachbarn teils als Gefälligkeit, teils als Leihe.
Leihen Fremde einander Gegenstände über Internetportale, gelten grundsätzlich die gesetzlichen Regelungen für die Leihe. Die Portale selbst lassen sich im Kleingedruckten in der Regel "von den Ansprüchen Dritter" freistellen und raten ihren Nutzern: "Seid fair" (siehe Kasten rechts zu "Haftung").
Mieten
Fließt ein Entgelt für die zeitweise Überlassung, etwa von Auto, Gerät oder Unterkunft, handelt es sich juristisch um Miete, selbst wenn es "Maschinenverleih" oder "Carsharing" heißt. "Das hat Folgen für die Haftung", erklärt ADFC-Rechtsexperte Huhn. "Denn Vermieter haften auch ohne Verschulden für Mängel, die zum Zeitpunkt der Übergabe vorliegen." Sie müssen dafür sorgen, dass die Mietsache einwandfrei funktioniert. Das gilt für professionelle wie private Vermieter, gleichgültig auf welchem Weg der Mietvertrag geschlossen wird: per Handschlag oder Mausklick. Mieter sind grundsätzlich verpflichtet, die Mietsache unbeschädigt zurückzugeben. Schäden, die unter Verschleiß oder Verschmutzung fallen, sind aber in Mietgebühren inbegriffen.
Die Bewertung richtet sich dabei nach der üblichen Verwendung der Mietsache, sagt Huhn: "Ein kleiner Kratzer auf dem Lack dürfte bei einem Fahrrad noch unter Verschleiß fallen, bei einem Auto zählt er schon als Schaden." Für Schäden, die während der Mietdauer entstehen, müssen Mieter also geradestehen.
Sonderfälle: Carsharing, Couchsurfing
Seriöse Anbieter haben für ihre Carsharing-Fahrzeuge eine Haftpflicht-, Teilkasko- und Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Deren Schutz deckt Schäden durch den Fahrer ab, mit dem der Mietvertrag besteht. Bei manchen Anbietern sind zudem Schäden eines anderen Fahrers versichert, sofern er vom Carsharing-Kunden beauftragt wurde, das Auto zu fahren und der Kunde immer mitfährt. Grundsätzlich ausgeschlossen ist jedoch die Überlassung des Fahrzeugs an Dritte. Im Schadensfall sind immer Selbstbeteiligungen vorgesehen, deren Höhe sich nach Schadensart und Vertrag richtet. Wie im Detail mit einem Unfall, einer Ordnungswidrigkeit oder einem Verlust, etwa des Fahrzeugschlüssels, durch den Kunden umgegangen wird, steht jeweils in der "Tarif- und Kostenordnung" des Anbieters. Zum Teil bieten Portale, die Carsharing zwischen Privatleuten vermitteln, eine Absicherung an. Die Mietgebühr schließt dann zum Beispiel Haftpflicht- und Kaskoversicherungen ein, eventuell noch einen Pannenschutz.
Beim sogenannten Couchsurfing musste die Wohnungsbörse Airbnb nach etlichen Streitfällen eine Haftpflichtversicherung abschließen und übernimmt seitdem eventuelle Schäden der privaten Anbieter durch Vandalismus oder Missbrauch. Das ist in der Branche aber nicht Standard.
Wer über Internetportale vermieten oder mieten will, sollte vorab im Kleingedruckten nachlesen, ob und wie Schadensfälle geregelt sind. Außerdem müssen Mieter, die ihre Bleibe untervermieten wollen, die Einwilligung ihres Vermieters einholen. Der Bundesgerichtshof versteht unter "Untervermietung" Mietverhältnisse, die auf eine gewisse Dauer angelegt sind, nicht aber das Untervermieten an Touristen. Dagegen können nicht nur Vermieter einschreiten, sondern auch das Wohnungsamt wegen "Zweckentfremdung von Wohnraum". Das Finanzamt surft ebenfalls regelmäßig Seiten ab, über die Einkünfte erzielt werden können. Die Welt der Share Economy ist also kompliziert, daher gilt: gut informieren!
Finanzamt
Egal ob Privatleute Wohnzimmersofa, Campingbus, Parkplatz oder Geräte per Handschlag oder Mausklick vermieten - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind grundsätzlich zu versteuern. Auch in Form geldwerter Leistungen ist Einkommen steuerpflichtig, also eventuell auch Waren und Dienstleistungen aus privaten Tauschgeschäften. Wer in Tauschbörsen vor Ort oder über Internetportale Sachen oder Dienste gegen Entgelt anbietet, sollte sich vorab über steuerliche Folgen informieren, etwa bei einem Steuerberater oder einem Steuerhilfeverein.
Haftung
Internetportale und lokale Anbieter, die Rechtsgeschäfte zwischen Privatpersonen vermitteln, können ihre Haftung gegenüber Nutzern nicht auf null reduzieren. In der Regel müssen sie aber nur die Verantwortung für ihre Vermittlungsleistung übernehmen. Das bedeutet, dass sie nicht für das haften, was zwischen den Nutzern des vermittelten Rechtsgeschäfts passiert. Beispiel Mitfahrzentrale: Die Zentralen haften weder für die Absprachen zwischen Fahrern und Mitfahrern noch für die Fahrt und ihre Folgen, etwa Unfälle. Tauschringe, zu denen sich Privatpersonen zusammengeschlossen haben, legen meist in ihrer Satzung fest: "Haftung und Gewährleistung des Tauschrings und seiner Mitglieder sind ausgeschlossen." Dieser Haftungsausschluss erfolgt auch im Interesse der Mitglieder. Denn müsste ein Tauschring als Organisation
haften, könnte dafür sogar das private Vermögen seiner Mitglieder herangezogen werden. Einige wenige kommerzielle Anbieter von Tauschbörsen bieten etwas mehr Absicherung für ihre Nutzer, in der Regel fällt dafür eine Gebühr an. Teilen Privatleute sich Gegenstände wie Geräte, Waschmaschine oder Werkzeug, klären sie Fragen der Haftung, Wartung, Reparatur und Erstattung am besten im Vorfeld ab.