Heute sind die Barbaren geläutert, KKR gilt als seriöser Finanzinvestor, er verwaltet zurzeit ein Vermögen von rund 200 Milliarden Dollar und ist an 107 Firmen beteiligt. Mitgründer George Roberts, 1944 in Houston als Sohn eines Ölhändlers geboren, trat mit 15 in die renommierte Culver Militärakademie in Indiana ein. Es war ein Schock für ihn: In Culver lebten die Zöglinge nach der Devise "Schwimm - oder geh unter". In seinem ersten Jahr musste Roberts um vier Uhr morgens aufstehen, um Schnee zu schaufeln, er litt unter Einsamkeit, hatte Mühe mit der Disziplin, "aber ich gewann an der Akademie das nötige Selbstvertrauen, um alle Herausforderungen zu meistern, denen ich später begegnen würde". Vier Jahre später zog er die Uniform aus und schrieb sich am privaten Claremont McKenna College bei Los Angeles ein, zusammen mit seinem Cousin Henry Kravis.

Bereits während seiner Collegezeit arbeitete Roberts in den Sommerferien an der Wall Street für die Investmentbank Bear Stearns. Nach dem College studierte er Jura an der University of California, nachdem er sich vergeblich bei den Eliteuniversitäten Yale und Stanford beworben hatte. Ende der 60er-Jahre heuerte er bei Bear Stearns an, machte rasch Karriere und wurde bereits mit 29 Jahren zum Partner befördert. Roberts verschaffte seinem Cousin Kravis, der sein Studium mit einem MBA abgeschlossen hatte, einen Job bei der US-Bank.

Dort herrschten damals raue Sitten und rüde Geschäftsmethoden (Motto: "You eat what you kill"). Aber hier lernten Roberts und Kravis, wie man an der Börse unterbewertete Firmen mit geliehenem Geld übernehmen kann. "Leveraged Buyout" hieß die Strategie: Die Käufer bringen höchstens 25 Prozent des Eigenkapitals für die Übernahme selbst auf, der Rest wird mit Krediten finanziert, die Schulden werden dann von der geschluckten Firma beglichen oder durch den Verkauf von Unternehmensteilen bezahlt.

Freibeuter des Kapitalismus …

… wurden sie in den USA genannt: Ihr Mentor und Vorgesetzter bei Bear Stearns war der 20 Jahre ältere Jerome Kohlberg, der als Erfinder des Leveraged Buyout gilt. Gemeinsam mit ihm machten sich die beiden Cousins 1976 selbstständig und gründeten die Investmentfirma Kohlberg Kravis Roberts & Company (KKR), nachdem Bear Stearns den Vorschlag der drei Banker abgelehnt hatte, eine firmeninterne Abteilung für Leveraged Buyouts zu gründen.

Es war ein ungewöhnliches Trio, das sich da zusammengefunden hatte: auf der einen Seite der distinguierte Senior Kohlberg, ein korrekter und professoral wirkender Banker mit ausgeprägtem Sinn für Toleranz und Bescheidenheit, auf der anderen Seite die beiden "jungen Wilden" Roberts und Kravis. KKR hatte schnell Erfolg. 1978 eröffnete das Unternehmen den ersten Private Equity Fund und investierte dabei rund 30 Millionen Dollar, die weitgehend von Family Offices stammten.

In den 80er-Jahren entwickelten sich Roberts und Kravis zu den unbestrittenen Königen der Branche. Das schnelle Geld und die erfolgreichen Übernahmeschlachten führten zu Spannungen unter den KKR-Bossen. Der erfahrene und vorsichtige Kohlberg geriet immer häufiger aneinander mit seinen beiden Partnern, die ständig größere Deals anvisierten. Kohlberg stieg deshalb 1987 aus, gründete sein eigenes Unternehmen und züchtete auf seiner Farm seltene Tierarten. Er starb 2015 im Alter von 90 Jahren.

Nur ein Jahr nach Kohlbergs Abschied begannen Roberts und Kravis den bisher größten Feldzug in der Finanzgeschichte: die erbittert geführte Übernahmeschlacht um den Tabak- und Nahrungsmittelriesen RJR Nabisco. 31 Milliarden Dollar kostete sie der Deal schließlich. Schon vorher hatte KKR an der Wall Street fünf der zehn größten Übernahmeschlachten ge- schlagen. Seit dem Sieg im Kampf um RJR Nabisco, den KKR immerhin gegen ein so mächtiges Wall-Street-Haus wie Shearson Lehman Hutton errungen hatte, galten Roberts und Kravis als Ikonen der Wall Street. Doch der Deal hatte einen bitteren Nachgeschmack. Denn mit RJR Nabisco konnte KKR nicht an die spektakulären finanziellen Erfolge seiner früheren Übernahmen anschließen.

Noch schwerer wog der Imageverlust. Zwei Journalisten des "Wall Street Journal" hatten die Übernahme von RJR Nabisco in ihrem Bestseller "Barbarians at the Gate" detailliert beschrieben - für Roberts und Kravis ein wenig schmeichelhaftes Buch, das später sogar verfilmt wurde. Sie, die erfolgsverwöhnten und von der Wall Street bewunderten Milliardenjongleure und Buyout-Artisten, galten plötzlich als gewissenlose und brutale Finanzhaie.

Ein Neustart

In den 90er-Jahren änderte sich vieles für Roberts und Kravis, das wilde Leben war vorbei. Auch das Leveraged-Buyout-Geschäft veränderte sich. "KKR kann nicht mehr wie früher das Königreich der Firmenübernahmen beherrschen - deshalb, weil sich heute zu viele Raubritter auf dem Turnierplatz tummeln", meinte damals das Schweizer Wirtschaftsmagazin "Bilanz". Roberts und Kravis mussten ihre Strategie ändern.

Statt im Alleingang Übernahmen durchzuziehen, kooperierten sie öfter mit anderen Investmentfirmen. Auch um das Risiko auf mehrere Schultern zu verteilen. Ende der 90er-Jahre sprang KKR auf den Globalisierungstrend auf und investierte erst in Europa und später in Asien.

Karitatives Engagement

Ein Höhepunkt in der Firmengeschichte war der KKR-Börsengang im Juli 2010. Eigentlich sollte der Schritt aufs New Yorker Parkett schon drei Jahre früher erfolgen, doch die Turbulenzen am Hypothekenmarkt und die anschließende Finanzkrise ließen die Pläne Makulatur werden. 2007 hatten die Banken den Kredithahn zugedreht. Dies hatte zur Folge, dass die Beteiligungsgesellschaften auf einer ganzen Reihe von überschuldeten Unternehmen sitzen blieben. 2009 aber war KKR wieder auf Erfolgskurs.

Aus der Pflichtmitteilung an die Börsenaufsicht SEC vor dem IPO ging hervor, dass Kravis und Roberts je 13 Prozent an KKR halten; ihre Anteile waren damit zusammen rund 1,6 Milliarden Dollar wert.

Heute sind Roberts und Kravis, die Archetypen der "Heuschrecke", geläutert. Nach wie vor kauft KKR Firmen auf. Aber die beiden Gründer präsentieren sich jetzt vor allem als Unternehmensretter und beschäftigen deshalb eine Reihe ehemaliger Spitzenmanager als Berater.

Beide engagieren sich für karitative Projekte. Erst "Barbaren" - und jetzt Wohltäter? "Solche Entwicklungen sind in der amerikanischen Geschäftswelt nicht ungewöhnlich", schrieb die "FAZ". "Auch Industrielle wie Andrew Carnegie oder John Rockefeller galten erst als Räuberbarone, bevor sie als Wohltäter in die Geschichtsbücher eingingen."