"Wir sind vollkommen überrascht", sagte Markus Wahl, Vorstand der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit. Die Piloten müssten nun zur Arbeit zurückkehren. Der Flugbetrieb wird sich dennoch erst am Donnerstag normalisieren. Für Mittwoch bleibe es dabei, dass 1000 von 3000 Kurz- und Mittelstreckenflügen gestrichen würden, teilte die Lufthansa mit. Davon sind 140.000 Passagiere betroffen. Seit Mitternacht bestreikten die Flugzeugführer die Deutschland- und Europaflüge der Kranich-Airline - insgesamt war es der 13. Streik in dem erbittert geführten Tarifstreit, der sich seit eineinhalb Jahren hinzieht.

Die Unterinstanz, das Arbeitsgericht in Frankfurt, hatte den Antrag der Lufthansa auf Einstweilige Verfügung am Dienstag noch abgelehnt. Doch das Landesarbeitsgericht Hessen folgte nun der Argumentation des Konzerns, dass der Streik nicht in erster Linie bessere Bedingungen der Piloten zum Ziel habe, sondern sich auch gegen den geplanten Billigflieger Eurowings richte. Das sei jedoch eine unternehmerische Entscheidung und nicht Gegenstand von Tarifverhandlungen.

Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln hält die Entscheidung für richtig: "Wenn Gewerkschaften das Streikrecht dazu missbrauchen, um unliebsame Unternehmensentscheidungen zu verhindern, nähme der Standort Deutschland massiven Schaden." Der jüngste Streik sei eine reine Machtprobe gewesen. Nun sei der Weg frei, die offenen tarifpolitischen Fragen zu klären.

Auf Seite 2: NEUE VERHANDLUNGEN?





NEUE VERHANDLUNGEN?



Die Fluggesellschaft bot unverzüglich die Rückkehr an den Verhandlungstisch an: "Die Lufthansa ist jederzeit bereit, die Tarifverhandlungen mit der Vereinigung Cockpit wieder aufzunehmen", sagte Lufthansa-Personalvorstand Bettina Volkens nach dem Urteil vor Journalisten am Frankfurter Flughafen. Die Gewerkschaft will das Urteil, gegen das im Eilverfahren keine Berufung möglich ist, zunächst prüfen. Dann werde die Gewerkschaft sehen, welche Konsequenzen daraus für den Fortgang des Arbeitskampfs gezogen werden müssen, sagte Cockpit-Vorstand Wahl. "Trotzdem muss Lufthansa einsehen, dass man auf diese Art nicht die Probleme mit dem Personal lösen kann." Zuvor hatte die Gewerkschaft noch mit einer anhaltenden Streikwelle gedroht.

Aus Sicht der Lufthansa-Spitze ist der rasche Ausbau von Eurowings überlebenswichtig, um den Vormarsch der Billigrivalen wie Ryanair und Easyjet zu stoppen. Ryanair etwa hob seine Gewinnprognose am Mittwoch nach einem unerwartet guten Sommer-Geschäft um ein Viertel an - das katapultierte den Aktienkurs auf ein Rekordhoch. Vergangene Woche waren Tarifgespräche zwischen der Lufthansa und den Piloten nach langwierigen Verhandlungen gescheitert. Grund für das Aus war Cockpit zufolge die Tatsache, dass die Lufthansa den Ausbau von Eurowings in Österreich auch während der Gespräche nicht auf Eis legen wollte. Die Kosten des Billigfliegers sollen um ein Drittel unter denen der Lufthansa liegen und die Mitarbeiter dementsprechend weniger verdienen.

Die Pilotenstreiks gehen für die Lufthansa richtig ins Geld - die Schäden summieren sich seit Beginn des Tarif-Clinches - ohne den laufenden Ausstand - auf über 300 Millionen Euro. Die Arbeitsniederlegungen am Dienstag und Mittwoch dürften den Konzern weitere 35 Millionen Euro kosten, sagte Branchenanalyst Jochen Rothenbacher von der Bank Equinet.

Reuters