Die Auswirkungen der Pandemie auf die Kundennachfrage, Lieferketten und die Produktion seien derzeit nicht verlässlich einschätzbar, teilte VW mit.
Mit ihren vorläufigen Zahlen geben die Wolfsburger als Erste Einblick, wie stark die Corona-Krise die Branche getroffen hat. Dabei liefen die Geschäfte im Januar und Februar noch einigermaßen. Erst in der zweiten März-Hälfte zwangen die Auswirkungen der Pandemie die Autobauer zu einer Vollbremsung. Das zweite Quartal könnte also noch schlechter ausfallen, da die Produktion frühestens Ende April überall wieder in Gang kommen soll. Auch dann ist allerdings nicht absehbar, ob es ausreichend Kunden gibt, die in der Krise ein Auto kaufen. Die Hoffnungen der Anleger richten sich daher auf das starke Chinageschäft von VW, das nach der Eindämmung des Virus dort bereits angelaufen ist.
DER RASCHE VERFALL VON PROGNOSEN
Wie schnell sich die Lage verschlechtert hat, zeigt wie wenig verlässlich in dieser Zeit Vorhersagen sind: Erst Mitte März hatte Finanzchef Frank Witter eine Halbierung des Betriebsgewinns des Vorjahresquartals von 4,8 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Dabei hatte er aber bereits auch darauf hingewiesen, dass eine zuverlässige Prognose derzeit nahezu unmöglich sei. Neben dem weitgehenden Stillstand der europäischen Werke bei weiter laufenden Kosten schmälerten Belastungen durch Turbulenzen an den Rohstoff- und Kapitalmärkten und negative Währungseinflüsse das Ergebnis um 1,3 Milliarden Euro. Der Umsatz schrumpfte prozentual weniger stark auf 55 Milliarden Euro von 60 Milliarden vor Jahresfrist.
Schon Mitte März war Volkswagen von seiner Prognose abgerückt, wonach die Umsatzrendite auch 2020 in einer Spanne von 6,5 bis 7,5 Prozent landen sollte. Im ersten Quartal fiel die Marge auf 1,6 (Vorjahr 8,1) Prozent. Bei der VW-Tochter Audi schrumpfte die Rendite im Quartal sogar auf 0,1 Prozent. Es sei derzeit nicht absehbar, wann eine neue Prognose für das aktuelle Geschäftsjahr möglich sei, hieß es in einer Ad-Hoc-Mitteilung des Konzerns. Auch die Porsche SE, über die die Familien Porsche und Piech die Mehrheit an Volkswagen halten, kassierte ihre Gewinnprognose.
Die Netto-Liquidität von Volkswagen im Autogeschäft schmolz wegen des Stillstands in Europa im Vergleich zum Jahresende um 3,5 Milliarden Euro auf 17,8 Milliarden. Der Konzern hatte schon beim Aufziehen der Corona-Krise Gegenmaßnahmen ergriffen, um die Kosten zu senken und die Liquidität zu sichern. Diess hatte unlängst erklärt, der Konzern verbrenne rund zwei Milliarden Euro pro Woche, weil den Kosten kaum Einnahmen gegenüberstehen. Im Zuge der ersten Lockerungen der Corona-Beschränkungen der Bundesregierung will auch Volkswagen die Produktion in seinen Werken stufenweise wieder anfahren.
PRODUKTION SOLL WIEDER ANLAUFEN
Den Anfang sollen in der kommenden Woche die VW-Werke in Zwickau und Bratislava machen. Eine Woche später folgen die übrigen deutschen Produktionsstätten sowie die Fertigung in Portugal, Spanien, Russland und den USA, im Mai dann sukzessive auch Südafrika, Argentinien, Brasilien und Mexiko.
Auch Daimler will ab Montag wieder loslegen. Dazu soll der Betrieb in den Powertrain-Werken von Mercedes-Benz in Hamburg, Berlin und Untertürkheim nächste Woche stufenweise wieder anlaufen. Der japanische Rivale Toyota kündigte an, die Fertigung im nordfranzösischen Werk Onnaing ab Dienstag wieder hochzufahren. Die ersten zwei Wochen soll dort nur in einer Schicht gearbeitet werden. Auch die Opel-Werke in Kaiserslautern, Eisenach und Rüsselsheim bereiten die Wiederaufnahme der Produktion vor. Ford wird voraussichtlich ab 5. Mai in Deutschland wieder Autos bauen.
Überall wurden umfangreiche Maßnahmen für den Gesundheitsschutz ergriffen, um die Ansteckungsgefahr für die Mitarbeiter gering zu halten. Dadurch verringert sich in einigen Fällen der Takt an den Bändern und damit auch die Produktivität. Anfangs dürften aber ohnehin nur wenige Fahrzeuge aus den Hallen rollen, weil die Produktion behutsam hochgefahren werden soll. Wann die Werke wieder rund laufen können, hängt auch davon ab, ob ausreichend Teilen geliefert werden. Auch darf es zu keiner neuen Infektionswelle kommen, die einen neuen Stillstand erzwingen könnte.
Die Autobauer hatten die Bänder in ihren Werken in der zweiten März-Hälfte angehalten, weil Lieferketten wegen der Einschränkungen durch die Pandemie rissen und die Ansteckungsgefahr die Konzerne dazu zwang, ihre Fabriken dichtzumachen. Hunderttausende Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt.
rtr