Das Wachstum des gesamten Sektors ist nicht allein auf den ETF-Boom zurückzuführen. "Unsere Branche ist ein Gewinner des Niedrigzinsniveaus", erklärt Frank Bock, Sprecher des deutschen Fondsverbands BVI. Nach wie vor werfen klassische Sparformen kaum etwas ab. Ein Blick auf die zehnjährige Bundesanleihe genügt, um sich ein Bild von der Durststrecke zu machen. Die als sicherer Zins geltende Rendite dieses Schuldtitels steht bei weniger als 0,2 Prozent.
Zinsen: Keine Besserung in Sicht
Störfaktoren wie Handelsstreitigkeiten, Brexit-Chaos oder Autokrise haben 2018 mit dem Wirtschafts- auch den zaghaften Zinsaufschwung abgewürgt. Jörg Kramer, Chefvolkswirt der Commerzbank, geht zwar davon aus, dass die Wachstumsschwäche des Euroraums im Frühjahr ausläuft. "Trotzdem dürfte die EZB ihre Leitzinsen in diesem Jahr nicht erhöhen", erklärt er. Der Ökonom traut der Europäischen Zentralbank sogar eine moderate Lockerung in Form neuer günstiger Langfristkredite für den Bankensektor zu.
Dass viele Sparer Fonds und ETFs als Ausweg aus dem Zinstief identifiziert haben, zeigt auch das rasante Wachstum der Sparpläne. Sowohl bei der Einmalanlage als auch bei der regelmäßigen Sparrate kommt es entscheidend auf die Wahl des richtigen Produkts an. Schließlich scheitern nicht wenige Fondsmanager daran, gleich gut oder sogar besser als der Markt abzuschneiden. Und auch bei ETFs kann es zu Fehlgriffen kommen - so mancher Index bleibt beim Börsenaufschwung auf der Strecke. Das Angebot ist allerdings enorm. Laut BVI umfasst der deutsche Markt für Publikumsfonds mehr als 12 000 Produkte.
BÖRSE ONLINE hat sich dieses Dickicht einmal mehr vorgenommen und leistungsstarke Fonds und ETFs herausgefiltert. Ein Schwerpunkt lag dabei auf dem Aktienmarkt. Regional und thematisch unterteilt stellen wir aktive und passive Anlagevehikel vor. Vier aussichtsreiche Mischfonds runden die Empfehlungen ab.
Deutschland: Zurück zur Normalität
Neun Jahre hintereinander ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland gewachsen. Doch zuletzt hat die Konjunkturlokomotive deutlich an Fahrt verloren. Ende 2018 schrammte die Bundesrepublik nur knapp an der Rezession vorbei. Der Aktienmarkt war schon zuvor aus dem Tritt geraten. Gegenüber dem im Januar 2018 erreichten Allzeithoch gab der DAX im weiteren Jahresverlauf um mehr als 20 Prozent nach.
Gerade deswegen könnte der Zeitpunkt günstig sein, um mit den in der Tabelle aufgeführten Fonds darauf zu setzen, dass die größte Volkswirtschaft der Eurozone in die Wachstumsspur zurückfindet. Für eine niedrige Gesamtkostenquote (Total Expense Ratio oder kurz TER) von 0,09 Prozent packt Xtrackers den DAX in einen ETF-Mantel. Während dieser Indexfonds seit mehr als zwölf Jahren am Markt ist, handelt es sich beim Invesco MDAX um einen Newcomer. Seit Mitte Februar bildet die Fondsgesellschaft den mit 60 heimischen Mid Caps bestückten Index passiv ab. In puncto Gebühren machte Invesco eine Kampfansage an die Konkurrenz - mit einer TER von 0,19 Prozent bietet der Neuling das momentan günstigste passive MDAX-Investment.
Nahezu ein halbes Jahrhundert, bevor ETFs in Deutschland Fuß fassten, ging der Klassiker Fondak an den Start. Ab 1951 navigierte das Management den Aktienfonds geschickt durch die unterschiedlichsten Wirtschafts- und Börsenphasen. Seit seiner Auflage warf der Fondak im Schnitt 10,2 Prozent pro Jahr ab. Anfang 2017 übernahm Thomas Orthen die Verantwortung für das aktuell 1,8 Milliarden Euro schwere Flaggschiff. Er ist mit einer hohen Gewichtung von IT- und Finanzwerten offensiv unterwegs. Daher überrascht es nicht, dass die Korrektur den Fondak voll erwischt hat.
Das gilt auch gilt für den Lupus alpha Smaller German Champions. Allerdings zeigt das Produkt im langfristigen Vergleich eine klare Outperformance gegenüber der jeweils zur Hälfte aus MDAX und SDAX bestehenden Benchmark. Mit Björn Glück und Peter Conzatti sind zwei ausgewiesene Kenner des Small- und Mid-Cap- Segments für diesen Fonds zuständig.
Weltbörsen: Zwei bekannte Gruppen
Ihre Berechtigung hat die Yin-und-Yang- Symbolik auch in der Weltwirtschaft. Das Ringen findet hier zwischen den etablierten Industrienationen und den Emerging Markets statt. Längst haben sich die beiden Gruppen in der Fondslandschaft fest eingebrannt. Mit dem iShares MSCI World können sich Anleger das globale Spektrum der Industrienationen ins Portfolio holen. Der zugrunde liegende Index umfasst mehr als 1600 Aktien aus 23 Ländern. Passend zur weltweiten Hackordnung geben US-Unternehmen den Ton an. Eine enorme Diversifikation bietet auch der Amundi MSCI Emerging Markets. Dieser Indexfonds deckt aktuell 1124 Unternehmen ab. Sie sind in 24 verschiedenen Schwellenländern beheimatet. Neben China ist Südkorea ein Schwergewicht dieser Auswahl.
Bei den aktiven Managern mit internationalem Ansatz überzeugt der Allianz Interglobal. Dieser 1,4 Milliarden Euro schwere, 1971 aufgelegte Fonds darf sich momentan mit der €uro FondsNote 1 schmücken. Zum selben Ergebnis führt das vielbeachtete Rating beim Vontobel Sustainable Emerging Markets Leaders. Die Schweizer Privatbank durchforstet die Schwellenländer nach aussichtsreichen Unternehmen.Sie müssen nicht
nur wirtschaftlich erfolgreich sein, sondern auch
in puncto Nachhaltigkeit bestimmte Kriterien erfüllen.
Das Fondsgeschäft ist nicht allein auf Länder oder Regionen fixiert. Zum großen Spektrum zählt eine Fülle an thematischen Investments. Im ETF-Bereich fällt in diesem Zusammenhang häufig das Schlagwort "Smart Beta". Dahinter verbergen sich Indizes, die von der klassischen Gewichtung nach Marktkapitalisierung und Handelsvolumen abweichen. Um eine Überrendite zu erzielen, stellen sie andere Parameter in den Vordergrund. Zu den beliebtesten Lösungen zählen die Dividendenstrategie sowie der Minimum-Vola-Ansatz. Der SPDR S & P Euro Dividend Aristocrats investiert in Unternehmen, die verlässliche und attraktive Gewinnbeteiligungen zahlen. Derweil steht beim iShares MSCI Europe Minimum Volatility die Reduzierung des Risikos im Mittelpunkt.
Der Referenzindex enthält Aktien mit relativ geringen Kursschwankungen.
Was den Ideenreichtum anbelangt, braucht sich die aktive Konkurrenz nicht zu verstecken. Das Thema des Deka-Tele- Medien hat auch mehr als 20 Jahre nach der Auflage des Fonds nicht an Bedeutung verloren. Im Gegenteil: Das aktuelle Portfolio enthält erfolgreiche Digitalisierungsprofiteure wie den Google-Mutterkonzern Alphabet, den chinesischen Internetriesen Tencent oder den Streamingpionier Netflix.
Dieses Trio passt auch zum Phaidros Funds - Schumpeter Aktien. In Anlehnung an die Thesen des Ökonomen Joseph Schumpeter fokussiert sich dieser Fonds auf disruptive Unternehmen. Sie erobern mit revolutionären Technologien und Dienstleistungen die Welt. "Bei diesen Aktien steht der Innovationsgedanke an erster Stelle", erklärt Fondsmanager Jakub Hodek. Dasselbe trifft auf seinen Fonds zu: Vor Kurzem wurde der Schumpeter Aktien vom Finanzen Verlag als "Fondsinnovation des Jahres" ausgezeichnet.
Multi Asset: Die Mischung macht’s
Auf der "Finanzen Nacht" bekam auch Jens Ehrhardt einen Goldenen Bullen verliehen. Die von ihm gegründete Firma DJE Kapital gewann die Trophäe in der Kategorie "Fondsboutique des Jahres". Größter Fonds der Münchner ist mit einem verwalteten Vermögen von gut 1,4 Milliarden Euro der Zins & Dividende. Während sich die beiden Anlageklassen beim DJE-Flaggschiff in etwa die Waage halten, liegen im Siemens Balanced Rentenpapiere vorn. Aktuell machen Unternehmensanleihen gut zwei Drittel des Mischfonds aus, der von den Managern des Industriekonzerns gesteuert wird. Neben niedrigen Gebühren sprechen eine starke und stabile Langfristperformance für den Fonds.
Abgesehen von einer erfolgsabhängigen Komponente sind die Kosten sogar geringer als bei den Multi-Asset-ETFs Xtrackers Portfolio und Comstage Vermögensstrategie. Dieses Duo unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt: Dem Xtrackers- ETF liegt eine dynamische Strategie zugrunde, die Commerzbank-Tochter baut auf eine fixe Allokation aus Aktien, Anleihen und Rohstoffen. Für Anleger, die das Yin und Yang aus Renditehunger und Risikoaversion ins Gleichgewicht bringen möchten, eignen sich beide ETFs hervorragend.
Sparpläne: Vermögensaufbau leicht gemacht
Sparpläne mit Fonds und ETFs erfreuen sich einer wachsenden Beliebtheit. Wir zeigen, wie sie funktionieren und worauf Anleger bei dieser Form der Vermögensbildung achten sollten Ende Oktober geht Mario Draghi in den Ruhestand. Die Fondsindustrie hätte allen Grund, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) ein ordentliches Abschiedsgeschenk zu überreichen. Schließlich wird der Italiener als der Mann in die Geschichte eingehen, der die Zinsen im Euroraum de facto abgeschafft hat. Seine ultralockere Geldpolitik löste ein kollektives Umdenken aus: Immer mehr Menschen stecken ihr Erspartes in Fonds und ETFs und halten sich dabei an einen festen Plan. Während der Draghi-Ära erlebte der Sparplan eine Art Blütezeit.
Einfaches Prinzip, volle Flexibilität
Grundvoraussetzung für den Vermögensaufbau ist ein Depot. Im nächsten Schritt können Sparer ihren Plan einrichten, mitunter schon ab einer Rate von 25 Euro. Die Investitionssumme ist nicht in Stein gemeißelt. Sie kann jederzeit erhöht, reduziert oder ausgesetzt werden. Volle Flexibilität besteht auch hinsichtlich der Sparabstände, die Einzahlung ist in monatlichen Abständen genauso gut möglich wie in viertel-, halb- oder jährlichen Intervallen.
Gut Ding hat Weile
Wegen der dauerhaften und regelmäßigen Anlage spielt das Timing für den Erfolg eine eher untergeordnete Rolle. Sparer müssen das Treiben an den Börsen nicht permanent im Blick behalten. Sie stocken ihr Portfolio unabhängig davon auf, ob gerade Bulle oder Bär das Zepter in der Hand halten. Die Variable ihrer Rechnung stellt die Anzahl der Fonds- oder ETF-Anteile dar, welche jeweils neu ins Depot kommen.
Je höher die Kurse gerade stehen, desto weniger Stücke werden gekauft. Befindet sich die Börse dagegen im Korrekturmodus, wächst die Zahl der im Sparplan gehaltenen Anteile stärker. Insofern agiert der Anleger antizyklisch und erhält auf Dauer einen geglätteten Einstandspreis. Diese im Fachjargon als Cost-Average-Effekt bezeichnete Praxis ist einer der zentralen Vorteile des Sparplans.
Beim Blick in die Statistik kommen die skizzierten Stärkenrasch zum Vorschein. Der deutsche Fondsverband BVI publiziert umfangreiches Datenmaterial zur langfristigen Performance dieser Anlageart. Unter anderem hat die Branchenvertretung die Wertentwicklung 30-jähriger Sparpläne unter die Lupe genommen, beginnend ab 1970 und bis 2017. Die Grafik unten zeigt, dass sich in beiden großen Anlageklassen ordentliche Erträge erzielen lassen. Naturgemäß fällt die durchschnittliche Performance aus der monatlichen Besparung eines globalen Aktienfonds überwiegend größer aus als beim Euro-Anleiheportfolio. Allerdings sind auch die Schwankungen im Aktiensegment höher als bei den Rentenpapieren.
Imposantes Wachstum
Laut Schätzungen des BVI investieren mittlerweile bis zu zehn Millionen Sparer in Deutschland nach Plan in einen Fonds oder ETF - Tendenz steigend. Die jüngsten Zahlen von Branchenschwergewicht Union Investment passen in dieses Bild. Ende 2018 zählte die genossenschaftliche Anbieterin knapp 2,3 Millionen klassische Fondssparpläne, ein Fünftel mehr als zwölf Monate zuvor. Zu 95 Prozent handelte es sich um Aktien-, Misch- oder offene Immobilienfonds. Nach Ansicht von Union-Investment-Chef Hans Joachim Reinke ist das bereits vor 50 Jahren konzipierte Anlageprodukt endlich dort angekommen, wo es hingehört: "Was als scheinbar langweiliger Ladenhüter begann, ist zur zentralen Lösung in der Evolution des Sparens geworden."
Neben aktiven Investmentfonds sind auch und gerade passive Produkte als Bausteine der langfristigen Vermögensbildung beliebt. Gemäß einer Analyse der Fachpublikation "Extra Magazin" steuert die Zahl der ETF-Sparpläne auf die Marke von einer Million zu. Die Finanzindustrie setzt alles daran, diese Schallmauer zu durchbrechen. Fondshäuser und Banken buhlen mit günstigen Gebühren um das Geld der Sparer. Vor allem bei den Direktbanken nimmt die Fülle an Möglichkeiten stetig zu. BÖRSE ONLINE hat Angebot und Konditionen von namhaften Brokern unter die Lupe genommen.
In puncto Kosten gelten bei den meisten Banken zwei unterschiedliche Modelle. Beim ETF-Sparplan fällt für gewöhnlich eine pauschale Ordergebühr an. Praktisch alle Direktbanken fahren zusätzliche Aktionen. In deren Rahmen bleiben die Transaktionskosten bei der Einzahlung in einen ETF außen vor. Beim Sparplan mit aktiven Fonds ist prinzipiell der Ausgabeaufschlag zu berappen. Hier scheint die Branche die Zeichen der Zeit allmählich zu erkennen. Jedenfalls verzichten die Anbieter mitunter teilweise oder ganz auf diesen Obolus. ETFs kennen den Ausgabeaufschlag ohnehin nicht.
Bei beiden Produktarten haben Anleger zunächst die Qual der Wahl. Das Sparplanangebot umfasst Tausende Fonds und ETFs. Wir raten dazu, im aktiven Bereich Portfolios mit einer überzeugenden Historie zu bevorzugen. Bei börsengehandelten Indexfonds sollten bekannte und etablierte Benchmarks im Fokus stehen. Wenig überraschend zählt der DAX zu den beliebtesten Basiswerten der Sparplananhänger. Mit MSCI World und MSCI Emerging Markets sind auch deutlich stärker diversifizierte globale Börsenbarometer auf den Favoritenlisten zu finden.
Übrigens: Sparpläne eignen sich auch als Geschenk - vielleicht greift die Fondsindustrie diese Idee zur Verabschiedung von Mario Draghi ja auf.