Eigentlich galt GK Software als heißer Übernahmekandidat. SAP hatte sich an dem Spezialisten für Einzelhandels-Software beteiligt und mit den Firmengründern ein Vorkaufsrecht auf die Mehrheit vereinbart. Auf dieser Basis begann eine umfangreiche Zusammenarbeit, bei der die Walldorfer ihren Handelsbereich mit GK-Produkten abdeckten. Doch dann verkaufte SAP im vergangenen Oktober die Aktien und gab die Vorkaufsrechte zurück. Mit der Übernahmefantasie war es fürs Erste vorbei.
Das muss allerdings nicht zum Schaden der Aktionäre sein. Der enge Draht zu den Walldorfern ermöglichte GK den Zugang zu Großkunden rund um den Globus, vor allem in den USA. Mit dem Übernahmepotenzial im Rücken konzentrierte sich das Management auf die Entwicklung neuer Softwarelösungen. Mehr als zehn Prozent der Erlöse investierten die Sachsen in die Entwicklung neuer Produkte. Steigende Personalkosten fraßen indes die Umsatzzuwächse auf. In den vergangenen drei Jahren waren die Margen viel zu niedrig. 2019 etwa blieb aus 115 Millionen Euro Umsatz nur ein Gewinn vor Zinsen und Steuern von 3,4 Millionen Euro. Der Personalaufwand stieg im gleichen Jahr um mehr als neun Millionen Euro.
Deutliche Verbesserungen
Ohne die Übernahmeoption wird sich das GK-Management nun stärker auf die Eigenfinanzierung konzentrieren. Im vierten Quartal gab es deutliche Verbesserungen, die sich im ersten Quartal 2020 fortsetzten. Die Erlöse nahmen zu, die Kostensenkungen sorgten für mehr Marge. So schaffte GK ein operatives Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern von mehr als drei Millionen Euro. Im Vorjahresquartal war diese Kennzahl negativ. Ein großer Teil der Kunden von GK stammt aus dem Lebensmittelhandel und war von der Corona-Krise nicht betroffen. Allerdings sind bei Neuabschlüssen Verzögerungen denkbar, wahrscheinlich sogar unvermeidlich. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass sich die Verbesserungen fortsetzen werden. Und das ist ein hoher Hebel für die Aktie.
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Wegen der geringen Profitabilität wird GK nicht wie ein klassisches Software-Unternehmen bewertet. Aktuell bringt es die Firma auf eine Marktkapitalisierung von fast 124 Millionen Euro. Das entspricht nicht einmal dem für 2020 erwarteten Umsatz. Bei zweistelligen Margen, die GK wohl spätestens 2021 erreichen könnte, wäre ein Multiplikator von 1,5 oder gar zwei gerechtfertigt. Dass mehr drin sein kann, zeigt die Kurshistorie. Anfang 2018, damals noch getragen von der SAP-Fantasie, erreichte der Kurs 131 Euro. Dieses Niveau kann GK Software bei entsprechender Marge auch aus eigener Kraft wieder schaffen.