Nun stellt Bayer das Geschäft mit dem Verkauf des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup an US-Privatkunden auf den Prüfstand. Bayer werde "umgehend mit Partnern den zukünftigen Weg diskutieren", kündigte Konzernchef Werner Baumann am Donnerstag an. "Dazu gehört die Zukunft von Glyphosat-basierten Produkten in diesem Markt und die Möglichkeiten von alternativen Wirkstoffen." Die Bayer-Aktie verlor am Donnerstag zeitweise mehr als fünf Prozent und war mit Abstand schwächster Wert im Leitindex Dax.

"Eine unendliche Geschichte", kommentierten die Analysten vom Brokerhaus Bryan Garnier. "Durch die Ablehnung bleibt das Damoklesschwert über Bayer hängen."

Die überwiegende Mehrheit der Kläger in dem Rechtsstreit, den sich Bayer mit der Übernahme des US-Konzerns Monsanto ins Haus holte, hat Roundup privat etwa im eigenen Garten verwendet. Das Geschäft mit diesen macht aber nur einen geringen Teil des Roundup-Umsatzes aus, die Erlöse im US-Gartensegment betragen nach Angaben von Bayer rund 300 Millionen Euro im Jahr. Wesentlich wichtiger ist das Geschäft mit der Landwirtschaft - für die US-Bauern sei Roundup-Produkte systemrelevant, erläuterte Bayer. Glyphosat ist seit Jahren das Standardprodukt für Farmer in den USA und Lateinamerika, weil es breit wirkt und das Saatgut der Nutzpflanzen dagegen resistent gemacht wurden. Dieses Geschäft stellt Bayer deshalb nicht infrage. Insgesamt erzielte der Konzern im vorigen Jahr mehr als die Hälfte seiner Herbizid-Umsätze von rund fünf Milliarden Euro mit Roundup-Produkten.

BIS VOR DEN SUPREME COURT


Nach der erneuten Schlappe vor Gericht will Bayer auch sein Vorgehen bei Vergleichen zu aktuellen Klagen prüfen. Das Unternehmen sei weiter offen für Verhandlungen und wolle die Klagen gütlich beilegen - "soweit die Kläger den Teilnahmekriterien entsprechen und angemessene Ergebnisse erreicht werden können". Allerdings behalte sich Bayer vor, "regelmäßig zu prüfen, ob dieser Ansatz noch im besten Interesse des Unternehmens ist." Noch stehen für knapp 30.000 der zuletzt bekannten insgesamt 125.000 eingereichten und drohenden Klagen Einigungen aus. Die Berufungsverfahren für bereits verlorene Klagen will Baumann weiter vorantreiben und bis vor das Oberste Gericht der USA ziehen. Ein mögliches Urteil des Supreme Court könnte Mitte kommenden Jahres erfolgen, schätzt Bayer.

Für den Umgang mit künftige Klagen - eine komplizierte Rechtsfrage - prüft der Konzern nun andere Lösungen. "Unser Ziel war immer, die Risiken möglicher künftiger Rechtsstreitigkeiten zu minimieren. Wir sind überzeugt, dass der zuletzt dem Gericht vorgelegte Lösungsmechanismus der fairste und effizienteste Weg war, das zu erreichen. Aber er ist auf keinen Fall der einzige Weg", sagte Baumann. Den schon einmal nachgebesserten Vorschlag Bayerns, den US-Bezirksrichter Vince Chhabria nun ablehnte, sah unter anderem einen Fonds vor, aus dem mögliche künftige Kläger Kompensationszahlungen erhalten sollten.

ZWEI MILLIARDEN DOLLAR RÜCKSTELLUNGEN


Das nun gescheiterte zwei Milliarden Dollar teure Paket für den Umgang mit möglichen künftigen Klagen ist Teil des umfangreicheren, rund 11,6 Milliarden schweren Glyphosat-Vergleichs, den Bayer im vergangenen Sommer angekündigt hatte. "Zum jetzigen Zeitpunkt werden wir keine Änderung an der Rückstellung von zwei Milliarden US-Dollar für diese Einigung vornehmen", unterstrich Baumann.

Die Vorwürfe gegen Glyphosat hat Bayer stets zurückgewiesen. Behörden weltweit haben das Mittel als nicht krebserregend eingestuft. Allein die Krebsforschungsagentur IARC bewertete den Wirkstoff 2015 als "wahrscheinlich krebserregend". Auf diese Einschätzung beriefen sich die Kläger. Bayer kündigte an, ein unabhängiges wissenschaftliches Beratungsgremium einrichten zu wollen, das die Sicherheit seiner Roundup-Produkte untersuchen soll. Der Konzern will nun zudem eine Internetseite einrichten, über die sich Verbraucher über Roundup informieren können.

rtr