Zwei mit der Situation vertraute Personen sagten, die Gespräche seien fortgeschritten, eine Vereinbarung könne binnen Tagen verkündet werden. Bei seinen Plänen kann Peugeot mit der Rückendeckung der französischen Regierung rechnen. Die Bundesregierung äußerte sich dagegen skeptisch.
Mit einem Verkauf zöge GM sich aus Europa zurück, wo der US-Konzern seit Jahren mit Opel und deren britischer Schwester Vauxhall nur rote Zahlen schreibt. Opel und der französische Zwei-Markenkonzern PSA Peugeot Citroen arbeiten bereits seit 2012 zusammen. Eine anfangs geplante Allianz kam jedoch bisher nicht zustande.

Peugeot und GM erklärten, sie prüften strategische Initiativen, um die Profitabilität des Geschäfts zu erhöhen. Dies umfasse die Möglichkeit eines Verkaufs von Opel und Vauxhall. Ein Vertreter des französischen Wirtschaftsministerium sagte, die Pariser Regierung unterstütze das Management "bei seinem Wunsch, eine kritische Masse zu erreichen". Die Regierung werde aber genau darauf achten, welche Konsequenzen sich aus dem Geschäft für die Arbeitsplätze ergäben. Der französische Staat hält mehr als 13 Prozent an PSA.

Der Betriebsrat von Opel und die IG Metall reagierten schockiert auf den sich anbahnenden Zusammenschluss. "Wenn es den Tatsachen entspricht, dass Gespräche von GM mit PSA geführt wurden und werden mit dem Ziel, Opel/Vauxhall zu verkaufen, wäre das eine beispiellose Verletzung sämtlicher deutscher wie europäischer Mitbestimmungsrechte." Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries kritisierte, die Gespräche seien ohne Rücksprache mit den Arbeitnehmervertretern und der hessischen Landesregierung geführt worden. Das sei völlig inakzeptabel.

Die PSA Group ist mit weltweit 184.000 Mitarbeitern ungleich größer als die GM-Tochter Opel, die 35.600 Mitarbeiter beschäftigt, davon 18.250 in Deutschland. Die Franzosen haben in West-Europa, wo sie mit 1,5 Millionen Autos rund die Hälfte ihrer Fahrzeuge absetzen, einen Marktanteil von 9,7 Prozent. Opel kommt mit knapp einer Million verkauften Autos auf 6,6 Prozent. Hauptstandorte in Deutschland sind Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach, das Werk in Bochum wurde Ende 2014 geschlossen.

GERÄT NUN FIAT-CHRYSLER UNTER DRUCK?



Einige Analysten halten weitere Übernahmen und Zusammenschlüsse in der Branche für möglich. "Fusionen sind eher bei Volumen-Herstellern zu erwarten, wo die Einspar-Potenziale am größten sind", sagte ein Börsianer. Zu den Unternehmen, die angesichts hoher Investitionen in die Elektromobilität und autonomes Fahren Anschluss an einen finanziell stärkeren Partner suchen, gehört der italienische-amerikanische Autobauer Fiat/Chrysler. Konzernchef Sergio Marchionne hat sich schon mehrfach bei GM ins Gespräch gebracht, blitzte aber ab. Ein Bund von Opel und Peugeot könnte seinen Konzern zusätzlich unter Druck setzen. Experten glauben daher, dass die Italo-Amerikaner ebenfalls für Opel bieten werden.

Analysten sehen einen gemeinsamen Konzern von Peugeot und Opel eher skeptisch: "Wenn sich zwei Lahme zusammentun, wird kein Gesunder daraus", sagte ein Experte. Für GM wäre der Verkauf gut, er bezweifle jedoch, dass Peugeot mit Opel glücklich werde. Der Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer sagte: "Eins und Eins ergibt in diesem Fall nicht zwei, sondern eineinhalb." Frank Schwope von der NordLB bezweifelte, ob es für GM angesichts erster Sanierungserfolge Sinn mache, sich von Opel trennen. "Für GM wäre der Verkauf ein Bruch mit der Tradition. Die Amerikaner haben in den vergangenen fast 90 Jahren viel Schweiß und Herzblut in die Sanierung von Opel gesteckt."

Auch für die Franzosen wäre ein Zukauf nicht unproblematisch. "Peugeot hat dann drei Marken unter einem Dach, die sich gegenseitig das Wasser abgraben", sagte Schwope. Marc Rene Tonn vom Bankaus M.M. Warburg glaubt nicht, dass sich GM völlig aus Europa zurückziehen wird. "Es würde für General Motors mehr Sinn machen, sich an Peugeot zu beteiligen", sagte der Autoanalyst. Der Autoexperte Stefan Bratzel rechnet damit, dass Peugeot bei einem Zusammenschluss mit Opel die Kosten massiv senken wird. Beide Unternehmen würden sich sicherlich die Frage stellen, ob alle Standorte noch gebraucht würden, sagte Bratzel, der das Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach leitet.

TRADITIONSMARKE MIT KRATZERN



Opel gehört seit 1929 zu GM und hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Ihre Hochzeit erlebte die Marke mit dem Blitz als Logo in den 1950er und 1960er Jahren mit Modellen wie dem Kapitän und Admiral. Damals war Opel eine hochprofitable Tochter von General Motors. In den 1980er Jahren begann der Abstieg, als Volkswagen aufholte und dem Rüsselsheimer Erzrivalen Marktanteile wegschnappte. Opel fiel wegen Qualitätsproblemen zurück. Danach versuchte GM vergeblich, die deutsche Traditionsmarke wieder auf Kurs zu bringen und tauschte mehrfach die Vorstandschefs aus.

Dies misslang jedoch, weil die Detroiter Mutter ihre Tochter wie einen Ableger behandelte und meist amerikanische Chefs an der Opel-Spitze standen. Viele Modelle verfehlten zudem den Geschmack der Autokäufer. Als GM 2009 in der Krise steckte, suchten die Amerikaner schon einmal einen Käufer für Opel. Später ging man den Bund mit Peugeot ein. Von Plänen für eine breit angelegte Allianz verabschiedete man sich jedoch kurze Zeit später wieder. Beide Unternehmen arbeiten seither bei der Produktion von SUV und Minivans zusammen.

Als Anfang 2013 der frühere VW-Manager Karl-Thomas Neumann das Steuer in Rüsselsheim übernahm, keimte neue Hoffnung. GM investierte kräftig in neue Modelle und brachte mit dem Mokka einen kleinen Geländewagen auf den Markt. Die GM-Tochter legte nach Meinung von Experten jedoch nicht schnell genug nach, um stärker vom Trend zu SUV zu profitieren. Im vergangenen Jahr durchkreuzte zudem der Brexit die Aufholjagd und Opel verfehlte sein Ziel, erstmals seit 1999 schwarze Zahlen zu schreiben. Als einen Grund für den Verlust von 257 Millionen Euro nannte Firmenchef Neumann Währungsturbulenzen nach dem britischen Referendum für einen EU-Austritt.

rtr