Ein bizarres Wochentagsphänomen lässt sich, durchwühlt man die Daten lange genug, am Gold- und Aktienmarkt beobachten. Der Goldpreis hat dienstags die Neigung nachzugeben - nicht um einen abenteuerlich hohen Prozentwert, aber mit 0,25 Prozent doch in nennenswertem Umfang. (Berücksichtigen muss man an dieser Stelle, dass Gold im Wesentlichen eine Währung ist - also eine Anlageform, bei der 25 Basispunkte eine erhebliche Dimension darstellen.) An anderen Wochentagen geht es hingegen tendenziell nach oben (siehe Grafik).
Auf Seite 2: Spiegelbildliches Muster in den USA
Ein spiegelbildliches Muster lässt sich an den Aktienmärkten beobachten, jedenfalls am US-Leitindex Dow Jones in diesem Jahr: Dienstags geht es im Schnitt um 0,4 Prozent rauf, an anderen Wochentagen im Schnitt etwa um 0,14 Prozent runter.
Geistiger Vater dieser Statistik ist der Großtwitterer und Chartspezialist "Not Jim Cramer" mit mehr als 7000 Followern, dessen Name sich auf den amerikanischen Geld-TV-Moderator Jim Cramer bezieht. Cramer ist ein ebenso einflussreicher wie umstrittener Börsenguru, den viele für ein Kasperle halten. So auch der Mensch hinter "Not Jim Cramer", der sich selbst als "sehr langweilige Person, die Spaß an Charts hat" beschreibt und durchblicken lässt, dass er (oder sie) Wall-Street-Profi sei.
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Rätselhaftes Phänomen
Was sind die Gründe für den Dienstagstick? Wir haben keine Ahnung, kennen auch niemanden, der es uns erklären könnte - halten es aber mit Polonius aus "Hamlet": "Ist es schon Tollheit, so hat es doch Methode." Offenbar wirft ein großer Marktteilnehmer 2014 Gold auf den Markt - konsequent, systematisch, jeweils dienstags. Ob und wie sich dies umgekehrt in den US-Aktienkursen niederschlägt, ist ein Mysterium. Möglicherweise ist das gegenläufige Phänomen von Gold und Aktien auch nur eine zufällige Korrelation, die keine Kausalbeziehung aufweist.
Kandidaten, die für das Dienstagsmuster verantwortlich sein könnten, gibt es einige: geheimniskrämerische Notenbanken; die noch viel geheimniskrämerische Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, die "Zentralbank der Zentralbanken"; oder institutionelle Investoren wie Großbanken. Oder eine Kombination der genannten Verdächtigen, die sich miteinander verschworen haben.
Auf Seite 4: Was Anleger tun sollten
Anleger wären allerdings schlecht beraten, wenn sie in Eigenregie eine Handelsstrategie nach diesem aktuellen Dienstagsmuster aufbauten. Muster im Marktgeschehen gelten nur so lange, bis sie sich herumgesprochen haben und jeder sie kennt - dann brechen sie. Man denke an "Sell in May and go away", den interessanten, in vielen Jahren sogar trefflichen Ansatz. Nur funktioniert er leider nicht immer. Dennoch: Es ist nützlich, das Phänomen im Hinterkopf zu behalten. Das gilt insbesondere für diejenigen, die darüber nachdenken, Gold zu kaufen oder nachzukaufen. Der Dienstag ist dafür bis auf Weiteres anscheinend ein ziemlich günstiger Tag.