Die Sorge um die Stabilität in Europa wächst. Investoren suchen daher nach sicheren Häfen. Neben US-Staatsanleihen, dem Schweizer Franken oder Yen bietet sich insbesondere Gold an. Seit Anfang Februar hat das Edelmetall um fünf Prozent zugelegt und sprang am Donnerstag auf 1.940 Dollar. Charttechnikern zufolge wird der Goldpreis in Kürze die Marke von 1.950 Dollar testen. Sollte der Widerstand überwunden werden, ist ein Anstieg auf 2.000 US-Dollar möglich.
Wie sich der Goldpreis ab diesem Niveau entwickeln wird, hängt vom weiteren Verlauf der geopolitischen Krise ab. Aus ähnlichen Gefahrenlagen in der Vergangenheit lassen sich nur bedingte Schlüsse ziehen. Auf die Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 reagierte der Goldpreis zwar positiv, doch der Anstieg währte nur kurz. Während des Irak-Kriegs im Jahr 2003 kletterte der Preis dagegen um 20 Prozent.
Knapper Rohstoff
Entscheidend beeinflusst wird der Goldpreis vom Ausmaß der mit dem Konflikt einhergehenden wirtschaftlichen Kollateralschäden. Sowohl die westlichen Staaten als auch Russland haben weitreichende Sanktionen angekündigt. Werden Lieferketten erneut unterbrochen, gehen Energiekosten und Weizenpreise noch mal nach oben, ist ein weiterer Anstieg der Inflationsraten sicher. "Gold ist ein knapper Rohstoff, die Vorkommen sind endlich", sagt Peter Schiff, Chef der US-Investmentgesellschaft SchiffGold. Dank dieser Eigenschaften sei das Edelmetall ideal, um Vermögen zu bewahren beziehungsweise Verluste in anderen Anlageklassen zu kompensieren.
Schon jetzt sind die Kaufkraftverluste deutlich spürbar. In den USA hatte die Teuerungsrate im Januar mit 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat den höchsten Wert seit über 40 Jahren erreicht. Schiff ist der Ansicht, dass die tatsächliche Geldentwertung in den USA wesentlich höher ausfällt. Würde die US-Notenbank die Inflationsrate so messen wie vor 40 Jahren, käme sie auf 15 Prozent, schreibt er in einem Kommentar auf seiner Homepage SchiffGold.com.
Mittlerweile hat US-Notenbankchef Jerome Powell den dringenden Handlungsbedarf erkannt. Im März wird er den Leitzins von derzeit null bis 0,25 Prozent erstmals erhöhen - möglicherweise gleich um 0,5 Prozentpunkte. Mindestens fünf weitere Zinsschritte sollen folgen. Das Edelmetall verliert nach Ansicht von Goldinvestoren dadurch aber keineswegs an Attraktivität. Im Gegenteil: "Je schneller die Zinsen steigen, desto besser für das Edelmetall. Denn dann fallen die Anleihekurse", sagt der Goldexperte und Geschäftsführer von Stabilitas, Martin Siegel. Noch dazu reichten die angekündigten Erhöhungen bei Weitem nicht aus, das Feuer zu löschen, ergänzt Schiff. Erst wenn der US-Leitzins die Inflationsrate übersteigt, werde der Preisdruck nachlassen. Doch kann die Fed so aggressiv die Zinsen erhöhen?
Wohl nicht. Die Folgen für die US-Konjunktur, aber auch für die globale Wirtschaft wären gravierend. Der US-Aufschwung würde erheblich an Kraft verlieren, der Schuldendienst für die hoch verschuldete Regierung in Washington, für die Bundesstaaten, für Kommunen und Unternehmen würde sich erheblich verteuern. Ebenso drohen zahlreiche Bonitätsabwertungen beziehungsweise Zahlungsausfälle und Pleiten.
Noch dazu dürfte es trotz Zinserhöhungen nicht so schnell gelingen, den Teuerungsdruck zu mildern. Die von der Fed gefürchtete Lohn-Preis-Spirale lässt sich kaum noch verhindern. Für das laufende Jahr werden Gehaltssteigerungen erwartet. In vielen Branchen werden Mitarbeiter knapp, Firmen konkurrieren mit höheren Gehältern um Arbeitskräfte. Die Unternehmen dürften wiederum versuchen, die höheren Lohnkosten auf die Verbraucher abzuwälzen.
Begrenztes Zinserhöhungspotenzial
Nicht auszuschließen, dass auch die Europäische Zentralbank im laufenden Jahr erstmals an der Zinsschraube dreht. In der Eurozone erreichte die Inflationsrate 5,1 Prozent und damit den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1997.
Doch auch die EZB kann nicht agieren, wie sie eigentlich müsste. Insbesondere die südeuropäischen Staaten der Eurozone weisen enorme Defizite auf. Italien ist mit 135 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldet. Griechenlands Verbindlichkeiten beliefen sich Ende 2021 auf 388 Milliarden Euro, ein Plus von 14 Milliarden Euro gegenüber 2020. Ziehen die Refinanzierungskosten infolge von Zinserhöhungen an, ist der dringend notwendige Abbau der Schulden nicht zu schaffen.
Gold befinde sich daher in einem langfristigen Aufwärtstrend, ist Chris Vermeulen überzeugt. Der Chef-Marktstratege bei TheTechnicalTrader.com hält einen Anstieg in den kommenden zwölf Monaten auf 2.700 Dollar je Unze für möglich. Auf Sicht von fünf Jahren will er einen Preis von über 7.000 Dollar nicht ausschließen.
Auch wenn Anlegern die Prognose zu optimistisch erscheint: In einem gut diversifizierten Portfolio darf Gold nicht mehr fehlen. Neben physischem Gold sind auch Goldminenaktien eine gute Wahl. Die Kursentwicklung ist mit dem Goldpreis korreliert. Hinzu kommen spezielle Chancen. Barrick Gold kündigte jüngst Aktienrückkäufe in Höhe von einer Milliarde Dollar an. Auch Yamana Gold ist aussichtsreich. Das Unternehmen steigerte im vergangenen Jahr die Goldproduktion um 13 Prozent auf 884.793 Unzen. Für 2022 wird eine Million Unzen angepeilt. Credit Suisse empfiehlt den Titel zum Kauf.
Geografische Gefahren
Um die Chancen und Risiken einzelner Unternehmen zu erkennen, bedarf es jedoch umfassender Expertise. Über diese verfügen Fondsmanager wie Walter Wehrli und Erich Maier, die geografisch und nach Marktkapitalisierung gestreut in Aktien der Goldminenbetreiber investieren. Der Konwave Gold Equity legte innerhalb eines Jahres um acht Prozent zu, in drei Jahren schaffte er 110 Prozent. Wehrli und Meier analysieren die für ein Investment infrage kommenden Unternehmen sehr gründlich. Bei der Titelauswahl achten die Manager nicht nur auf die Bewertungen. Auch das Länderrisiko wird abgeschätzt. Gold wird nicht selten in Staaten gefördert, die wie die Demokratische Republik Kongo oder Mali politisch als riskant eingestuft werden. Unterstützt werden die Manager von Topgeologen, die die Qualität der jeweiligen Minen beurteilen.
Der Stabilitas Gold+Resourcen Special Situations ist breiter aufgestellt. Manager Martin Siegel investiert neben Goldproduzenten auch in Unternehmen, die Öl und Gas, Kohle, Lithium, Platin und Seltene Erden fördern. Siegel versucht zudem, von Sondersituationen zu profitieren. Dazu zählen Übernahmen, aber auch Explorationsgesellschaften, die kurz vor einem Durchbruch stehen. 85 Prozent der Mittel des Fonds sind in australischen Werten wie Hyperion Metals investiert.
Das Unternehmen fördert Titan. Das Metall wird vor allem von der Luftfahrzeugindustrie nachgefragt. Zu den großen Titan-Produzenten gehört Russland. Sollte es zu einem Titan-Embargo kommen, dürften der Preis des Metalls und der Aktienkurs von Hyperion nach oben gehen.
INVESTOR-INFO
Globales Schürfen
Bislang frei von Sanktionen
Die Aktie des kanadischen Unternehmens Kinross Gold Corporation ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 9,4 günstig bewertet. Das Unternehmen betreibt Minen in den USA, Chile, Brasilien und Westafrika. Seit 25 Jahren ist Kinross auch in Russland aktiv. Die dortigen Minen tragen rund 13 Prozent zur Gesamtproduktion bei. Einer Pressemitteilung zufolge ist Kinross von den jüngsten Sanktionen nicht betroffen.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 6,10 Euro
Stoppkurs: 3,00 Euro
Edle Schwergewichte
Konzentriert auf Kanada
Der von Erich Maier und Wolfgang Wehrli gemanagte Konwave Gold Equity ist vor allem in kanadischen Unternehmen engagiert. 65 Prozent der Mittel sind in Schwergewichten wie Kinross oder Yamana angelegt. Auf australische Unternehmen entfallen zwölf, auf US-Werte drei Prozent. Dank der intensiven Analyse sowie der Unterstützung bei der Beurteilung von Chancen und Risiken durch Geologen erzielt der Fonds gute Ergebnisse.
Minen und Explorer
Glanz mit Schwankungen
Martin Siegel managt seit vielen Jahren Gold- und Metall-Fonds. Der im August 2007 aufgelegte und rund 17 Millionen Euro schwere Stabilitas Gold + Resourcen Special Situations erzielte in den vergangenen drei Jahren knapp 80 Prozent Plus. Allerdings müssen Investoren mit Schwankungen rechnen. Seit Jahresanfang weist der Fonds noch ein Minus auf. Im Portfolio findet sich eine Reihe von Explorationsunternehmen wie etwa Develop Global oder Karora Resources. Werden diese fündig, folgen in der Regel starke Kurssteigerungen.