Goldpreis: Ausverkauf - Die Stimmung der Profis fällt auf den tiefsten Stand seit Ende 2001
· Börse Online RedaktionIm wöchentlichen Rhythmus informiert die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission die Akteure an den Goldmärkten via Commitments of Traders-Report über die aktuellen Trends und Stimmungen bei Gold-Futures. Aus dem Wochenbericht kann man dann ersehen, wie sich gegenüber der Vorwoche zum Beispiel das allgemeine Interesse an Gold-Futures entwickelt hat. Dies kommt durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) zum Ausdruck, wobei ein Gold-Future papiermäßig den Gegenwert von 100 Feinunzen Gold repräsentiert. Besonders aussagekräftig wird das Update aber vor allem durch die Übersicht der im Wochenverlauf getätigten Transaktionen diverser Gruppen von Marktakteuren. Daraus lässt sich dann erkennen, wie sich die Stimmung unter kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) verändert hat und somit wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.
An den Terminmärkten haben in der Woche zum 4. September die "Bären" wieder das Kommando übernommen. So gab es bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten nämlich einen Stimmungswechsel zu vermelden. So drehte sich innerhalb einer Woche eine Netto-Long-Position von plus 8.300 in eine Netto-Short-Position von minus 6.500 Futures. Der wachsende Pessimismus war sowohl unter Großspekulanten als auch unter Kleinspekulanten auszumachen. So haben zum Beispiel große Terminspekulanten ihr Short-Exposure um über 2.800 Kontrakte erhöht und zugleich die Long-Seite um 7.600 Futures zurückgefahren. Dadurch hat sich deren Netto-Short-Position (Pessimismus überwiegt) von minus 3.100 auf minus 13.500 Futures kräftig ausgeweitet.
Kleinspekulanten sind ebenfalls skeptischer geworden. Sie haben ihre Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) auf Wochensicht von 11.300 auf 7.000 Kontrakte (-38,0 Prozent) ermäßigt. Das Risiko von Short-Eindeckungen ist damit weiterhin recht ausgeprägt. Sollte nämlich der Goldpreis einen unerwarteten Sprung nach oben machen, könnte dies zu einem Short-Squeeze führen. Das heißt: Short positionierte Spekulanten müssten sich dann zwecks Verlustbegrenzung von ihren Beständen trennen, was den Rebound erfahrungsgemäß deutlich beschleunigen könnte.
Auf Seite 2: Massive ETF-Abflüsse in Nordamerika
Laut Daten des World Gold Council haben sich im August vor allem nordamerikanische Anleger von Gold-ETFs getrennt. Deren Abflüsse beliefen sich nämlich auf 44 Tonnen, während in Asien und Europa Zuflüsse im Volumen von zwei bzw. vier Tonnen registriert wurden. Summa summarum stellte sich im August ein weltweiter "Aderlass" in Höhe von 40 Tonnen ein. Dieser Trend war auch in den drei Monaten zuvor zu beobachten. In den Monaten Mai, Juni und Juli trennten sich Investoren jenseits des Atlantiks von 30, 44 bzw. 25 Tonnen Gold. Seit dem Jahreswechsel ergibt sich ein sehr interessantes Bild: In diesen acht Monaten schlugen in Nordamerika per Saldo Abflüsse im Volumen von 64,5 Tonnen zu Buche, während für Europa und Asien Zuflüsse in Höhe von 47,9 bzw. 7,2 Tonnen gemeldet wurden. Dies hat dazu geführt, dass sich die Goldmenge physisch besicherter Gold-ETFs weltweit um 18,5 Tonnen auf 2.352,80 Tonnen reduziert hat, was einem Geldwert von 91,0 Milliarden Dollar entspricht. Nur zum Vergleich: Das US-Technologieunternehmen Apple weist derzeit eine Marktkapitalisierung von über 1.000 Milliarden Dollar auf. Sollte es in Zukunft - aus welchen Gründen auch immer - einen Run auf Gold geben, dürften Gold-ETFs höchstwahrscheinlich zwei Dinge aufweisen: Massive Zuflüsse und steigende Preise.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.