Goldpreis: Die Profis stürmen zum Ausgang
· Börse Online RedaktionIm wöchentlichen Rhythmus veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) ihren Commitments of Traders-Report, der die Akteure an Goldmärkten über wichtige Trends und Stimmungen bei Gold-Futures informiert. Im Rahmen dieses Updates erfährt man zum Beispiel, ob sich das allgemeine Interesse an Gold-Futures gegenüber der Vorwoche erhöht oder abgeschwächt hat. Ablesbar wird dies durch die Anzahl offener Kontrakte, der in Fachkreisen Open Interest genannt wird. Nur zur Erinnerung: Jeder Gold-Future bewegt (zumindest papiermäßig) den Gegenwert von 100 Feinunzen Gold. Besonders aufmerksam verfolgen Anleger vor allem die Entwicklung der Long- bzw. Short-Positionen und die damit verbundenen Stimmungsveränderungen der unterschiedlichen Gruppen von Marktakteuren. Daraus kann man dann ablesen, wie sich die Launen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) innerhalb einer Woche verändert haben. Diese Daten zeigen an, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.
An den Terminmärkten hat sich das allgemeine Interesse an Gold-Futures überraschenderweise markant erhöht. Trotz rückläufigem Goldpreis hat sich die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) in der Woche zum 19. Juni von 448.700 auf 468.300 Kontrakte (+4,4 Prozent) erhöht. Sowohl Großspekulanten als auch Kleinspekulanten sind jedoch erheblich skeptischer geworden. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten hat sich dies in einem starken Rückgang von 140.600 auf 114.100 Futures (-18,8 Prozent) bemerkbar gemacht.
Weil Großspekulanten ihre Short-Seite deutlich stärker erhöht haben als ihr Long-Exposure, hat sich deren Netto-Long-Position von 120.200 auf 96.500 Kontrakte (-19,7 Prozent) besonders stark reduziert. Bei kleinen Terminspekulanten hat sich die Stimmung ebenfalls erheblich eingetrübt. Hier war auf Wochensicht ein Rückgang der Netto-Long-Position von 20.300 auf 17.600 Futures (-13,3 Prozent) gemeldet worden.
Auf Seite 2: Gold - Relativ geringes Kursrisiko
Das gelbe Edelmetall bereitet seinen Besitzern derzeit wenig Freude, schließlich schlug sich die wachsende Unsicherheit an den Finanzmärkten - entgegen den vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten der Lehrbücher - bislang nicht in steigenden Goldpreisen nieder. Das Interesse am Krisen-, Vermögens- bzw. Inflationsschutz hält sich nicht nur unter den Terminspekulanten (siehe oben), sondern auch im ETF-Sektor bzw. im physischen Goldhandel in Grenzen. Der weltgrößte Gold-ETF SPDR Gold Shares ist hierfür der beste Beweis, schließlich hat sich dessen gehaltene Goldmenge im Juni von 847,03 auf 824,63 Tonnen reduziert. Doch unter einem Aspekt kann Gold durchaus punkten - nämlich der attraktiven (weil niedrigen) Volatilität.
Wer sein Vermögen schützen möchte, dürfte überdurchschnittlich stark an geringen Kursschwankungen interessiert sein. Der Terminbörsenbetreiber CBOE hat eine Indexfamilie zum Thema Volatilität entwickelt, der die Risiken diverser Anlageklassen vergleichbar macht. Dessen Gold-Volatilitätsindex (Kürzel: GVZ) wird von Optionen auf Gold-ETFs abgeleitet und weist gegenwärtig einen Wert von lediglich 10,7 Prozent auf. Damit liegt er unter den Pendants auf Silber (VXSLV) und Rohöl (OVX), die auf Werte von 17,9 bzw. 25,5 Prozent kommen. Aber selbst einen Vergleich mit den Volatilitätsindizes auf den Dow-Jones (VXD) oder den S&P-500 (VIX) braucht Gold nicht zu scheuen. Trotz einer starken Diversifikation werden hier aktuell Werte von 13,8 bzw. 14,8 Prozent angezeigt. Fazit: Mit Blick auf die Risikokennzahl Volatilität kann man Gold als attraktive Kaufgelegenheit einstufen.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.