DAS PASSIERT AM GOLDMARKT:
Zuletzt spielte vor allem die Kursentwicklung des US-Dollar eine wichtige Rolle. Wegen der unterschiedlichen Geldpolitik in den USA und der Eurozone konnte der Dollar an Wert gewinnen. Während die Europäische Zentralbank (EZB) klar machte, dass die Nullzinspolitik noch bis mindestens 2019 andauern wird, hatte die US-Notenbank Fed im Juni weiter an der Zinsschraube gedreht und den Leitzins in eine Spanne zwischen 1,75 und 2,00 Prozent angehoben. Gold wird auf dem Weltmarkt in Dollar gehandelt. Steigt der Wert der amerikanischen Währung, verteuert das automatisch das Edelmetall in Ländern außerhalb des Dollarraums und bremst so die Nachfrage.
Marktbeobachter berichten außerdem, dass spekulative Anleger zuletzt weniger Geld in börsengehandelte Goldfonds gesteckt haben. So fiel beispielsweise der Preis für Anteile an dem bedeutenden "SPDR Gold Shares" in dieser Woche zeitweise unter 118 US-Dollar. Seit Mitte Juni gab es damit einen Preisrutsch um mehr als vier Prozent. Der "SPDR Gold Shares" zählt zu den größten Gold-Besitzern der Welt.
Der Interessenverband World Gold Council hatte ferner von einem deutlichen Rückgang der Goldnachfrage bereits im ersten Quartal berichtet. Demnach habe es in den Monaten Januar bis März einen Rückgang im Jahresvergleich um sieben Prozent gegeben. Unter anderem sei die Nachfrage in Indien, einem traditionell wichtigen Abnehmer für das Edelmetall gesunken.
Gold gilt für viele Anleger als Absicherung gegen eine zu hohe Inflation. Wegen der lange Zeit ungewöhnlichen schwachen Teuerung in führenden Industriestaaten war das Edelmetall bei Investoren weniger gefragt als beispielsweise im Jahr 2011, als der Goldpreis noch ein Rekordhoch bei 1920 Dollar erreicht hatte. Obwohl die Inflation in den USA und auch in der Eurozone zuletzt wieder etwas zulegte, machen Anleger weiter einen Bogen um das Edelmetall.
DAS SAGEN DIE EXPERTEN:
Nach Einschätzung des Rohstoffexperten Eugen Weinberg von der Commerzbank ist die Währungsentwicklung ein maßgeblicher Treiber für den Goldpreis. "Der US-Dollar befindet sich seit Mitte April im Höhenflug, was Druck auf den Goldpreis ausübt." Trotz zuletzt zahlreicher Unsicherheitsfaktoren wie zum Beispiel die schwierige Regierungsbildung in Italien habe es keine nennenswerte Nachfrage nach Gold als sicherer Anlagehafen gegeben, sagte Weinberg.
Rohstoffexperten des Frankfurter Bankhauses Metzler sehen das ganz ähnlich: "Der Ruf nach Sicherheit geht an Gold vorbei", hieß es in einer aktuellen Studie. Die steigenden Risiken durch den Handelsstreit führender Industriestaaten hätten bisher "keine nennenswerte sichere Nachfrage" nach Gold ausgelöst.
Allerdings wird der jüngste Rückgang beim Goldpreis übereinstimmend als eine nur vorübergehende Erscheinung gewertet. Angesichts der bereits erfolgten hohen Verkäufe stünden die Zeichen für eine Erholung nicht schlecht, hieß es in der Einschätzung der Metzler-Experten. Und auch Experte Weinberg bleibt für die weitere Entwicklung des Goldpreises optimistisch gestimmt. "Gold sollte wieder nach oben drehen, sobald die Dollarstärke abebbt, und bis Jahresende auf 1350 Dollar je Feinunze steigen", sagte Weinberg.
Wolfgang Wrzesniok-Roßbach, Vorsitzender der Geschäftsführung des Goldhändlers Degussa, berichtet bereits von einem "erstarkenden Interesse seitens der Kundschaft". Seiner Einschätzung nach dürfte der jüngste Preisrückgang wieder für mehr Nachfrage sorgen. "Die Kunden wollen aktuell nicht zu viel für das Gold zahlen, deshalb warten sie eher etwas ab, nutzen dann aber sofort jeden etwas größeren Preisrückgang," sagte Wrzesniok-Roßbach./jkr/jsl/tos/jha/