Mit fünf Prozent wird die deutsche Inflationsrate um das Doppelte übertroffen. Laut einer von Trading Economics veröffentlichten Umfrage unter Analysten war in den USA "lediglich" mit einer von 4,2 auf 4,7 Prozent p.a. beschleunigten Teuerung gerechnet worden. Zweifellos dürfte dabei der Basiseffekt eine große Rolle gespielt haben, schließlich befanden sich zahlreiche Rohstoffmärkte - allen voran der Ölpreis - vor einem Jahr eindeutig im Baisse-Modus. Hierzulande wird zudem die zum Jahreswechsel beschlossene Rückführung der Mehrwertsteuer auf das Vor-Corona-Niveau als weiterer Grund für das überdurchschnittlich starke Anziehen der Preise genannt. Sowohl bei der US-Notenbank Fed als auch bei der Europäischen Zentralbank treten die Verantwortlichen regelmäßig mit beschwichtigenden Worten in Erscheinung. Die ungewöhnlich hohe Inflationsrate sei als vorübergehende Erscheinung anzusehen. Ein bisschen hört sich dies allerdings wie das sprichwörtliche "Pfeifen im Walde" an.
Sowohl in den USA als auch in Deutschland sind Staatsanleihen nicht in der Lage, zumindest die Inflation zu erwirtschaften. Bei Bonds mit zehn Jahren Laufzeit sind gegenwärtig negative Realzinsen von 2,7 Prozent (Deutschland) bzw. 3,6 Prozent (USA) zu beklagen. Für Gold gilt ein solches Zinsumfeld als vorteilhaft, da Goldbesitzern der Verzicht auf "unterirdische" Zinsen relativ leichtfällt. Selbst ein Zinsanstieg muss nicht zwangsläufig schlecht für den Goldpreis sein, insbesondere wenn die Inflation auf dem erhöhten Niveau verharren oder gar weiter anziehen sollte. Außerdem sollten Anleger stets im Hinterkopf behalten, dass steigende Zinsen auch als Ausgleich für ein erhöhtes Verlustrisiko bzw. eine verschlechterte Bonität des Emittenten anzusehen sind. Die explodierenden Schuldenberge und die niedrigen Zinsen haben in den vergangenen Jahren bzw. Jahrzehnten vor allem zu einer reduzierten Schuldendisziplin und Schuldentragfähigkeit geführt.
In der gegenwärtigen Marktphase wird das gelbe Edelmetall vor allem als wirksamer Inflationsschutz gesehen, der sich seit Generationen bewährt hat. Sollte in Zukunft - aus welchen Gründen auch immer - die Aktienkurse einbrechen, könnten sich verunsicherte Investoren an die negative Korrelation zwischen Aktien und Gold wieder erinnern. Irgendwie hat man seit Jahren den Eindruck, dass es immer einen Grund zum Goldkauf gibt. Dies dürfte auch der Grund sein, warum sich die Krisenwährung seit über 20 Jahren in einem intakten Aufwärtstrend bewegt.
Goldchart: Widerstand bei 1.900 Dollar
In den vergangenen Tagen prallte der Goldpreis mehrfach an der Marke von 1.900 Dollar ab, so dass sich in diesem Bereich mittlerweile eine markante Widerstandszone gebildet hat. Starke Tagesschwankungen und abrupte Richtungsänderungen deuten jedoch auf ein hohes Maß an Unsicherheit hin. Da sich das gelbe Edelmetall seit Ende März um mehr als 200 Dollar verteuert hat, scheint es sich auf dem erhöhten Niveau eine Atempause zu gönnen. Als positiven Begleitumstand kann man dem Umstand ansehen, dass die langfristige 200-Tage-Linie mit aktuell bei 1.852 Dollar deutlich tiefer angesiedelt ist. Sie sollte auf keinen Fall unterschritten werden. Zuversichtlich stimmt aber auch der Blick auf die kurzfristige 50-Tage-Linie. Sie nähert sich nämlich mit Riesenschritten der 200-Tage-Linie. Wird sie überwunden, wäre dies als starkes charttechnisches Kaufsignal (Golden Cross) anzusehen. Vor über zwei Jahren folgte auf ein solches Einstiegssignal eine Kursrally um mehr als 600 Dollar.
Hinsichtlich der technischen Timingindikatoren hat sich beim Goldpreis das Marktsentiment leicht eingetrübt. So wechselte zum Beispiel auf der Website Tradingview das Pendel von "Kaufen" auf "Neutral". Von den insgesamt 26 Parametern legen derzeit sieben das "Verkaufen" (Vorwoche: 3), neun das "Halten" (Vorwoche: 10) und zehn das "Kaufen" (Vorwoche: 13) von Gold nahe.