Der einmal pro Woche veröffentlichte Bericht (CoT-Report) über die long bzw. short positionierten Goldpreis-Futures kommerzieller Branchenangehöriger (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) wies zum dritten Mal in Folge eine stark gestiegene Skepsis der spekulativen Marktakteuren aus. Bei der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), gab es in der Woche zum 17. November hingegen lediglich einen leichten Rückgang von 436.426 auf 435.376 Kontrakte (-0,2 Prozent) zu vermelden.
Ein regelrechter Erdrutsch war hingegen bei der kumulierten Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Spekulanten registriert worden. Auf Wochensicht kam es hier nämlich zu einem Einbruch von 71.894 auf 28.473 Futures (-60,4 Prozent). Zur Erinnerung: Ende Oktober war noch ein mehr als fünffach höherer Wert von 165.848 Kontrakten festgestellt worden. Es kommt zwar immer wieder vor, dass sich die Stimmung der spekulativen Marktakteure in die eine oder andere Richtung sehr stark verändert. Die in den vergangenen drei Wochen zu beobachtende Abwärtsdynamik hatte aber wahrlich Seltenheitswert.
Dieser massive Stimmungsumschwung war im Berichtszeitraum sowohl unter den Großspekulanten (Non-Commercials) als auch unter den Kleinspekulanten (Non-Reportables) auszumachen, wobei letztere mittlerweile sogar mehrheitlich pessimistisch (netto short) gestimmt sind. Deren Netto-Long-Position in Höhe von 3.505 Futures hat sich nämlich in eine Netto-Short-Position von minus 5.926 Kontrakte gedreht. Noch heftigere Verwerfungen gab es bei der Netto-Long-Position großer Spekulanten zu vermelden. Sie brach von 68.389 auf 34.399 Kontrakte (-49,8 Prozent) ein und fiel damit auf ihr niedrigstes Niveau seit drei Monaten zurück.
Auf Seite 2: Gold trotz "Kriegsrhetorik" kaum gefragt
Die nach den Terroranschlägen von Paris gestiegenen geopolitischen Risiken haben dem Goldpreis bislang nicht in höhere Kursregionen verholfen - ganz im Gegenteil. Am vergangenen Mittwoch rutschte er an der London Bullion Market Association sogar auf den niedrigsten Stand seit Februar 2010 ab. Derzeit scheint die Krisenschutzfunktion außer Kraft gesetzt zu sein.
Unter einem Aspekt kann Gold aber nach wie vor punkten: der Risikokennzahl Volatilität. Vereinfacht ausgedrückt steht eine niedrige Volatilität für ein relativ geringes Risiko. Und wer sieht in seinem Depot nicht gerne eine Position, die keine erratischen Sprünge nach oben und unten vollzieht?
Die Chicago Board Options Exchange hat zahlreiche Volatilitätsindizes auf die unterschiedlichsten Anlageklassen entwickelt. Ihr großer Vorteil: Sie basieren nicht auf historischen Goldpreisen, sondern aktuellen Optionspreisen und zeigen dadurch eine aktuell erwartete Volatilität an.
Im Rohstoffsektor gehört Gold derzeit ganz klar zu den weniger riskanten Investments. Während der CBOE Gold-ETF Volatilitätsindex aktuell einen Wert von lediglich 17,3 Prozent anzeigt, deutet der vergleichbare Index auf Silber mit 28,9 Prozent auf ein deutlich höheres Risiko hin. Noch stärkere Nerven benötigen Öl-Investoren, wo der entsprechende CBOE-Volatilitätsindex aktuell sogar einen Wert von 44,9 Prozent anzeigt.
Aus charttechnischer Sicht kann man dem Goldpreis derzeit allenfalls den Versuch einer Bodenbildung attestieren - knapp oberhalb des niedrigsten Niveaus seit Februar 2010. Von einem markanten Rebound oder gar einem Kaufsignal kann man sicherlich noch nicht sprechen. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.
Dabei sollte man vor allem den Timingindikator Relative-Stärke-Index genau im Auge behalten. Dieser bewegt sich zwar mit weniger als 30 Prozent in der überverkauften Zone. Ein Überwinden der Hürde von 30 Prozent wäre allerdings als charttechnisches Kaufsignal zu interpretieren.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.