Woche für Woche können sich Gold-Anleger informieren, wie sich die Stimmung unter kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) verändert hat. In der Woche zum 9. Februar waren zwei Dinge besonders auffällig. Erstens: Die Anzahl offener Kontrakte - der sogenannte Open Interest - legte von 379.185 auf 410.833 Kontrakte (+8,3 Prozent) deutlich zu. Zweitens: Der Optimismus der spekulativen Marktakteure kletterte auf den höchsten Stand seit drei Monaten.
So war bei der kumulierten Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Terminspekulanten auf Wochensicht ein kräftiger Anstieg von 77.355 auf 104.923 Kontrakte (+35,6 Prozent) registriert worden. Damit hat sich der Optimismus seit dem Jahreswechsel fast versiebenfacht. Ausgelöst wurde die jüngste Entwicklung, weil sich die spekulativen Marktakteure vor allem auf der Long-Seite engagiert haben. Große Spekulanten haben diese Position innerhalb einer Woche um fast 25.000 Gold-Futures aufgestockt, bei kleinen Spekulanten belief sich dieser Wert auf fast 2.400 Kontrakte.
Dies blieb natürlich nicht ohne Folgen. Bei der Netto-Long-Position der Großspekulanten führte das verstärkte Kaufinteresse innerhalb einer Woche zu einem Plus von 72.822 auf 98.428 Futures (+35,2 Prozent). Bei den Kleinspekulanten war im selben Zeitraum ein Zuwachs von 4.533 auf 6.495 Futures (+43,3 Prozent) registriert worden. Zur Erinnerung: Letztere waren von Mitte November bis Mitte Januar stets netto short, also mehrheitlich pessimistisch gestimmt. Ohne den massiven Stimmungswechsel an den Terminmärkten wäre die rasante Kursrally des Goldpreises sicherlich nicht möglich gewesen.
Auf Seite 2: Massive Zuflüsse beim weltgrößten Gold-ETF
Was im vergangenen Jahr noch als Belastungsfaktor gewirkt hat - nämlich die massiven Kapitalabflüsse bei Gold-ETFs - scheint sich nun ins Gegenteil zu verkehren. So musste zum Beispiel der weltgrößte Gold-ETF SPDR Gold Shares im vergangenen Jahr einen Rückgang der gehaltenen Goldmenge von 709,02 auf 642,37 Tonnen (-9,4 Prozent) hinnehmen. Diesen "Aderlass" hat das physisch besicherte "Papiergold" bereits in den ersten sechs Wochen des neuen Jahres wieder aufgeholt. Am vergangenen Freitag wog der ETF immerhin 710,95 Tonnen. Zur Erinnerung: 2015 wurden ein Tiefstwert von 630,17 Tonnen (Mitte Dezember) und ein Höchstwert von 773,31 Tonnen (Anfang Februar) gemeldet. Nach oben besteht somit noch viel Luft - insbesondere, wenn man bedenkt, dass im Dezember 2012 ein Rekordwert von mehr als 1.353 Tonnen gemeldet worden war.
Die diesjährige Fluchtbewegung verängstigter Anleger hat dem Goldpreis zu einem eindrucksvollen Comeback verholfen - insbesondere aus charttechnischer Sicht. Dem in der zweiten Januarhälfte zu beobachtenden markanten Kurssprung über die 100-Tage-Linie folgte Anfang Februar das deutliche Überwinden der 200-Tage-Linie. Vor allem Letzteres gilt unter Chartisten als besonders starkes Kaufsignal. Außerdem war mit der Jahresanfangsrally ein Ausbruch aus dem seit drei Jahren intakten Abwärtstrend verbunden, was als Turnaroundsignal gilt.
Es gibt aber auch Aspekte, die zur Vorsicht mahnen. So zeigt zum Beispiel der Timingindikator Relative-Stärke-Index mittlerweile eine stark überkaufte Lage an. Dies stellt zwar noch kein Grund dar, sich vom gelben Edelmetall zu trennen, sollte er aber unter die Marke von 70 Prozent (aktuell: 80,8 Prozent) fallen, wäre dies als Verkaufssignal zu werten. Des Weiteren warten im Bereich von 1.300 Dollar massive charttechnische Widerstände, deren Überwinden kein leichtes Unterfangen werden dürfte. Fazit: Es bleibt spannend.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.