Goldpreis: So pessimistisch waren die Profis zuletzt im Jahr 2001
· Börse Online RedaktionIm wöchentlichen Rhythmus veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) ihren Commitments of Traders-Report. Dieser informiert die Akteure an Goldmärkten über wichtige Trends und Stimmungen bei Gold-Futures. Durch das Update erfährt man zum Beispiel, ob sich im Vergleich zur Vorwoche das allgemeine Interesse an Gold-Futures eher erhöht oder abgeschwächt hat. Messbar wird dies durch die Anzahl offener Kontrakte, den sogenannten Open Interest. Besonders interessant: Jeder Gold-Future bewegt (zumindest papiermäßig) den Gegenwert von 100 Feinunzen Gold. Sehr stark interessieren sich die Anleger erfahrungsgemäß aber vor allem für die getätigten Transaktionen und die damit verbundenen Stimmungsveränderungen der unterschiedlichen Gruppen von Marktakteuren. Dabei wird ersichtlich, wie sich die Launen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) verändert haben. Dadurch lassen sich dann Rückschlüsse ziehen, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.
In der Woche zum 14. August hat sich zum zweiten Mal in Folge das allgemeine Interesse an Gold-Futures erhöht. Innerhalb einer Woche kletterte nämlich die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) von 459.500 auf 476.700 Kontrakte (+3,7 Prozent). Doch spekulative Marktakteure sind erneut skeptischer geworden. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten machte sich dies in einem kräftigen Rückgang von 25.600 auf 7.400 Futures (-71,1 Prozent) bemerkbar. Besonders auffällig: Erstmals seit Mai 2001 übertraf bei großen Terminspekulanten die Zahl short positionierter Futures die Long-Seite. Bei dieser Gruppe von Marktakteuren hat sich innerhalb von etwas mehr als zwei Monaten ein stark ausgeprägter Optimismus vollständig in Luft aufgelöst. Weil sie ihr Short-Exposure auf Wochensicht um fast 20.000 Kontrakte erhöht haben, drehte sich deren Netto-Long-Position in Höhe von 12.700 Futures nun in eine Netto-Short-Position (Pessimismus überwiegt) von 3.700 Kontrakte.
Bei Kleinspekulanten fallen die in den vergangenen Wochen und Monaten zu beobachtenden Stimmungsschwankungen erheblich moderater aus. Auf Wochensicht war hier ein Rückgang der Netto-Long-Position von 12.900 auf 11.000 Kontrakte (-14,7 Prozent) registriert worden. Fazit: Noch deutet wenig darauf hin, dass der Ausverkauf der großen Terminspekulanten bereits abgeschlossen ist, schließlich besteht zumindest die theoretische Möglichkeit, dass aus einer relativ gering ausgeprägten Netto-Short-Position etwas richtig Großes entstehen könnte. Darauf wetten, dass die Talfahrt des Goldpreises zum Dauerzustand wird, sollten Privatanleger aber nicht. Der Zug dürfte bereits abgefahren sein.
Auf Seite 2: Krisenschutz Gold derzeit wenig gefragt
Der starke Dollar hat vor allem US-Investoren den Goldappetit regelrecht verdorben. Während der Dollarindex in der vergangenen Woche auf das höchste Niveau seit 14 Monaten geklettert war, musste der Goldpreis mit dem temporären Rutsch unter die Marke von 1.200 Dollar den tiefsten Stand seit 19 Monaten hinnehmen. In Euro gerechnet rutschte das gelbe Edelmetall sogar auf den niedrigsten Wert seit zweieinhalb Jahren ab. Dass es auch anders geht, hat die Türkei gezeigt, wo im Zuge der Währungskrise sogar ein neues Rekordhoch markiert worden war. Grundsätzlich sollten Anleger nicht davon ausgehen, dass der Krisenschutz in den gegenwärtig stabilen Industrienationen dauerhaft aus der Mode geraten wird.
Laut aktuellem Update der US-Wertpapieraufsicht SEC haben beim weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Shares institutionelle Investoren im zweiten Quartal überwiegend verkauft. Mehr als eine Million Anteile haben folgende Adressen abgestoßen: Morgan Stanley (5,47 Millionen), Blackrock (3,07 Millionen) sowie Bank of America (1,48 Millionen). Auf der anderen Seite gab es aber auch zwei sehr interessante Kauf-Transaktionen zu beobachten. So ist zum Beispiel der in Privatbesitz befindliche Kapitalverwalter FIL Ltd. mit dem Kauf von rund 8,9 Millionen Anteilsscheinen im Gegenwert von über einer Milliarde auf einen Schlag zum zweitgrößten Einzelinvestor des SPDR Gold Shares aufgestiegen. Kräftig eingekauft hat aber auch die US-Investmentbank JPMorgan Chase, die mit dem Erwerb von fast 2,7 Millionen Anteilen ihre bisherige Position damit auf 3,94 Millionen ETFs mehr als verdreifacht hat. Dies alles lässt nur einen Schluss zu: Völlig ausgestorben scheint die recht selten gewordene Spezies der Goldfans noch nicht zu sein.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.