Dies könnte darauf hindeuten, dass die Investoren dieselbe Ansicht wie die Notenbanker der EZB und Fed vertreten. Sie gehen nämlich davon aus, dass die gegenwärtig hohe Inflation von temporärer Natur und auf einmalige Sonderfaktoren wie bspw. den Basiseffekt zurückzuführen sei. Am vergangenen Freitag gab das europäische Statistikamt (Eurostat) bekannt, dass die jährliche Teuerungsrate für den Monat August im Euroraum von 2,2 auf 3,0 Prozent angestiegen ist, was dem höchsten Niveau seit fast zehn Jahren entspricht. In der 27 Mitglieder umfassenden EU sei sogar ein Zuwachs von 2,5 auf 3,2 Prozent registriert worden. Zur Erinnerung: Vor einem Jahr waren Werte von lediglich minus 0,2 Prozent bzw. plus 0,4 Prozent gemeldet worden.
In den verschiedenen Mitgliedsstaaten reichten die Inflationsraten von 0,4 Prozent auf Malta bis hin zu 5,0 Prozent in Estland, Litauen und Polen. Den stärksten Anteil am Preiszuwachs war laut Eurostat auf den Bereich Energie, gefolgt von Industriegütern sowie Dienstleistungen und Lebensmittel (inkl. Alkohol und Tabak) zurückzuführen. Nun darf man gespannt sein, wie sich die Preise in den kommenden Monaten entwickeln werden. Nimmt man den Goldpreis als Indikator, scheint an der "Preisfront" wenig Ungemach zu drohen. Den Akteuren an den Goldmärkten scheint das bevorstehende Tapering - also das Zurückfahren der Anleihekäufe von EZB und Fed - offensichtlich größere Sorgen zu bereiten als die gegenwärtig hohe Geldentwertung. Dies könnte dann zu höheren Renditen führen und dadurch die Opportunitätskosten von Gold, die sich für Goldbesitzer durch den Zinsverzicht ergeben, signifikant erhöhen. Ein echtes Problem dürfte der Krisenschutz Gold aber nur dann bekommen, wenn die mit Staatsanleihen bester Bonität erzielbaren Renditen über der Inflationsrate liegen - also positive Realzinsen vorliegen. In Deutschland sind wir davon aber noch meilenweit entfernt, schließlich beläuft sich die Teuerungsrate für August auf 3,9 Prozent p.a. und die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen gegenwärtig auf minus 0,3 Prozent p.a.
Gold: Charttechnisch angeschlagen
In der vergangenen Woche wurde die charttechnische Unterstützung bei 1.780 Dollar verletzt. Nun sollten die Marken von 1.750 bzw. 1.690 Dollar genau im Auge behalten werden. Letztgenannte sollte möglichst unverletzt bleiben. Noch tiefer notierte der Goldpreis letztmals im Mai 2020. Unter charttechnischen Gesichtspunkten trübt vor allem die langfristige 200-Tage-Linie das Marktsentiment. Zum einen, weil das gelbe Edelmetall diesen Indikator markant unterschritten hat und zum anderen, weil dessen Tendenz mittlerweile eindeutig nach unten weist. Sobald diese Durchschnittslinie wieder nach oben dreht, wäre dies als Trendwechselsignal zu werten. Ein sogenanntes "Golden Cross"-Signal entstünde, falls die kurzfristige 50-Tage-Linie die langfristige 200-Tage-Linie übertreffen würde. Die Differenz zwischen beiden Durchschnittslinien beläuft sich gegenwärtig auf etwas mehr als 15 Dollar. Zur Erinnerung: Anfang 2019 entstand bei einem Goldpreis von 1.400 Dollar ein solches Signal. Danach übertraf die 50-Tage-Linie zwei Jahre lang stets ihr langfristiges Pendant. Innerhalb dieses Zeitraums verteuerte sich das gelbe Edelmetall in der Spitze um mehr als 700 Dollar.
Der Blick auf die technischen Indikatoren des Goldpreises bereitet Investoren derzeit eher keine Freude. Auf der Website Tradingview steht das Pendel derzeit auf "Verkaufen". Von den insgesamt 26 Parametern stehen derzeit 14 auf "Verkaufen", sieben auf "Halten" und fünf auf "Kaufen".