Goldpreis: Was der "Shutdown" in den USA für das Edelmetall bedeutet
· Börse Online Redaktion"Shutdowns" sind in den USA mittlerweile zu einer regelmäßigen Erscheinung geworden. Seit 1976 gab es insgesamt 20 Haushaltssperren, von denen die längste im Dezember 1995 über 21 Tage angedauert hat. Am vergangenen Freitag drohte US-Präsident Donald Trump, dass sich die aktuelle über Monate oder Jahre ziehen könnte. Auch Goldanleger sind davon betroffen, schließlich müssen sie derzeit auf den von der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission normalerweise am Freitagabend veröffentlichten Commitments of Traders-Report verzichten. Das jüngste Update (Quelle: www.cftc.gov) basiert auf den Daten vom 18. Dezember. Neben den Futures auf Gold sind von dem Wegfall wichtiger Informationen übrigens die Terminkontrakte aller Basiswerte betroffen. Da die Terminmärkte den Goldpreis besonders stark beeinflussen, fehlen den Marktakteuren wegen des Streits um die Finanzierung der von Trump gewünschten Mauer an der Grenze zu Mexiko wichtige Informationen. Die in den vergangenen Wochen zu beobachtende freundliche Tendenz des gelben Edelmetalls legt allerdings die Vermutung nahe, dass sich große Terminspekulanten (Non-Commercials) weiterhin im Kaufmodus befinden.
Im vergangenen Jahr war dies nicht immer der Fall. Noch im Januar war bei Großspekulanten eine Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) in Höhe von 214.700 Futures registriert worden. Von Mitte August bis Anfang Oktober überwog unter dieser Gruppe von Marktakteuren - erstmals seit August 2002 - der Pessimismus. Im Tief rutschte die Netto-Short-Position (Pessimismus überwiegt) sogar auf 38.200 Kontrakte ab. Von diesem Stimmungstief sind wir mittlerweile aber ein gutes Stück entfernt, schließlich waren Großspekulanten am 18. Dezember mit 76.000 Futures netto long. Vom Allzeithochs sind wir aber weiterhin meilenweit entfernt. Dieses wurde nämlich im Juli 2016 mit 367.000 Kontrakte erzielt.
Auf Seite 2: Niedrige Vola spricht für Gold
Der Krisenschutz Gold fiel in den vergangenen zwölf Monaten unter anderem durch seine geringe Volatilität positiv auf. Einen guten Überblick über die mit einem Investment verbundenen Risiken geben die von diversen Terminbörsenbetreibern entwickelten Volatilitätsindizes auf verschiedene Aktienmärkte bzw. Rohstoffe. Beim CBOE-Goldvolatilitätsindex war zum Beispiel lediglich ein Anstieg von elf auf zwölf Prozent registriert worden. Bei den Pendants auf den S&P 500 und Rohöl nahm das Risiko um einiges dynamischer zu. Hier waren nämlich für denselben Zeitraum Steigerungsraten von 94 bzw. 141 Prozent registriert worden. Nicht ganz so steil bergauf ging es mit den Volatilitätsindizes auf deutsche Blue Chips (VDAX-NEW) bzw. europäische Standardwerte (VSTOXX), wo innerhalb eines Jahres Zuwächse von jeweils 52 Prozent zu beobachten waren.
Ein als Vermögensschutz gedachtes Goldinvestment mit einer niedrigen Kursschwankungsintensität liefert - neben den zahlreichen fundamentalen Kaufargumenten - auch mit Blick auf die finanzmathematische Kennzahl einen wichtigen Pluspunkt. Anfang 2018 wurden Kryptowährungen wie der Bitcoin bereits als "digitales Gold" bezeichnet. Diese Vorschusslorbeeren scheinen angesichts eines Jahresverlusts in Höhe von 74 Prozent (auf Dollarbasis) und einer auf 780 Prozent explodierten historischen 250-Tage-Volatilität etwas übertrieben gewesen zu sein. Als Krisenwährung dürfte sich die Kryptowährung somit erst einmal disqualifiziert haben, schließlich kann man ihr derzeit selbst eine massive Krise attestieren. Außerdem genießt echtes Gold bereits seit über tausend Jahren das Vertrauen seiner Besitzer. Dass ein Newcomer wie der Bitcoin innerhalb weniger Jahre bereits mit dem Beinamen Gold "geadelt" wurde, war ziemlich wagemutig. Selbiges trifft offenbar auf ein Investment in die digitale Währung zu.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Besonders aussagekräftig wird das Update für Investoren aber vor allem dadurch, dass man sich über die aktuellen Gemütslagen der verschiedenen Marktakteure detailliert informieren kann. Denn der Bericht zeigt genau auf, wie sich innerhalb einer Woche die Transaktionen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) verändert haben. Daraus lässt sich dann ableiten, wer optimistischer, wer skeptischer oder wer pessimistischer geworden ist. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.