Allein in Kanada tummeln sich Tausende junger Minengesellschaften, sogenannte Junior Explorer, die um Anlegergelder buhlen. Sie suchen Gold, Silber oder Diamanten. Grob geschätzt, schaffe es von 300 dieser Mini-Schatzsucher nur einer zum profitablen Bergbauer, sagen Kenner der Szene. Der überwältigenden Mehrheit fehle es schlicht an werthaltigen Vorräten im Boden.
Nach dem deutlichen Anstieg der Rohstoffpreise zwischen Februar und Mai herrscht wieder Wildwest-Atmosphäre. Gold- und Silberexplorer sind trotz ihrer zuletzt deutlichen Korrektur gefragt wie selten zuvor. Inflationsängste und die niedrigen Zinsen treiben die Kurse. Alle paar Jahre bricht eine Art Goldrausch aus - insbesondere bei deutschen Anlegern, was auch daran liegen mag, dass die Aktien auf der Suche nach "stupid German money" hierzulande besonders heftig angepriesen werden. Dabei machen sich die Promoter zunutze, dass es zwischen Flensburg und Freiburg offenbar viele Menschen gibt, die sich auf Pennystocks stürzen - auf Aktien mit Kursen unterhalb von einem Euro. In den meisten Fällen enden solche Abenteuer im Fiasko.
BÖRSE ONLINE hat deshalb auf einer Online-Branchenkonferenz die teilnehmenden Junior Explorer unter die Lupe genommen. Die Manager von vier Unternehmen konnten überzeugen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um Start-ups, die gerade versuchen, per Kapitalerhöhung das Geld für die ersten Schaufeln aufzutreiben, sondern um Unternehmen, die teilweise bereits fördern und schon eine halbe Milliarde Dollar auf die Börsenwaage bringen. Mit einer Ausnahme sind sie dem Pennystock-Niveau entwachsen. Ein Kandidat, der schon ziemlich weit in den Vorbereitungen ist, die ersten Unzen Gold zutage zu fördern, ist Skeena Resources. An der Firma aus Vancouver ist die Deutsche Balaton zu 15 Prozent beteiligt. Als größter Aktionär trug die Heidelberger Beteiligungsgesellschaft bislang jede Kapitalerhöhung mit, worauf Vorstandschef Walter Coles ein wenig stolz ist. Weitere Großinvestoren sind der Riese Barrick Gold mit rund zehn Prozent und bekannte Fonds von Franklin Templeton, Blackrock oder Invesco.
Coles will zwei verwaiste Minen im sogenannten Golden Triangle in British Columbia in Betrieb nehmen, die einst Barrick gehörten. Das Herzstück ist die Eskay-Creek-Mine, die von 1994 bis zur Finanzkrise 2008 in Betrieb war. Sie lieferte 230 000 Unzen Gold und elf Millionen Unzen Silber pro Jahr. Es sei die Mine mit dem höchsten Goldgehalt weltweit gewesen, als sie in Betrieb war, betont Coles, der aus dem Schwärmen kaum herauskommt.
In der Nähe liegt ein Zugang zu günstigem Strom aus Wasserkraft. Früher wurden Diesel und Propangas verwendet, was nicht nur teuer, sondern auch ökologisch bedenklich war. Laut einem Gutachten aus dem Jahr 2019 soll sich ein Investment in Eskay Creek nach weniger als einem Jahr auszahlen. Die Rendite auf das Investment soll 65 Prozent jährlich abwerfen. Neue Funde könnten dies weiter erhöhen, hofft Coles. Er plant zum Beispiel aus den "alten steinernen Müllhalden" in der Umgebung Gold zu gewinnen, das einst übersehen wurde. Im Sommer 2022 will er mit der Konstruktion der Mine und zwei Jahre später mit dem Abbau beginnen. 450 Millionen Kanadische Dollar (gut 300 Millionen Euro) werde es kosten, die Mine einzurichten, schätzt er. 75 Prozent davon will er über Darlehen finanzieren, den Rest via Kapitalerhöhung von einem neuen Ankeraktionär einwerben.
Seit Januar 2019 hat sich der Kurs mehr als verzehnfacht. Der Börsenwert beträgt rund 800 Millionen Euro. Damit ist einiges an Zukunftsfantasie bereits im Kurs enthalten. Sollte jedoch alles nach Plan laufen, könnte sich das Papier noch einmal verdoppeln. Zumindest, wenn man den Börsenwert mit Produzenten ähnlicher Größenordnung vergleicht. Wenn alles nach Plan laufe, könne Skeena Resources eine Dividendenstory werden, glaubt Coles. Spekulativ ist die Aktie trotzdem: Rückschläge gehören bei solchen Projekten fast schon zur Tagesordnung.
Silvercrest Metals baut in Mexiko eine Mine, die im nächsten Jahr schon 35 bis 40 Millionen US-Dollar Umsatz beisteuern kann. In der Kasse liegen laut Präsident Chris Ritchie 220 Millionen US-Dollar. 90 Millionen davon nahm er als Kredit auf. Dank des hohen Geldbestandes fühlt er sich "widerstandsfähig". Zumal er betont, mit sieben Dollar je ausgebuddelter Silberunze die niedrigsten Kosten der gesamten Branche zu haben. In weniger als einem Jahr seien die Konstruktionskosten der Mine wieder zurückverdient.
Ein anderer kanadischer Dauerbrenner ist GoGold. Zwischen April 2019 und April 2021 kletterte der Kurs von 0,20 auf 2,76 US-Dollar. Der Silber- und Goldproduzent hat sich ebenfalls auf Mexiko spezialisiert. 73 Millionen US-Dollar liegen in der Kasse. Vorstandschef Brad Langille boxt immer wieder kleinere Kapitalerhöhungen durch. Als der Kurs 70 Cent, 1,50 Dollar und 2,50 Dollar erreicht hatte, gab er neue Aktien an Investoren aus. "Jedes Mal reduzierten wir das Risiko der Firma", verteidigt er die vielen Kapitalerhöhungen. "Wir haben eine gute Stabilität im Kurs."
Langille ist Gründer und zweitgrößter Aktionär. Sein Hoffnungsprojekt heißt Los Ricos, er erwarb es im März 2019. Es befindet sich im Distrikt Hostotipaquillo, wo schon seit über 400 Jahren Gold und Silber abgebaut werden. Das Areal im Bundesstaat Jalisco befindet sich 100 Kilometer nordwestlich der Stadt Guadalajara. Es besteht aus 42 Konzessionen, erstreckt sich über 22 000 Hektar und beherbergt mehrere historische Bergbaubetriebe.
Langille gibt sich begeistert. "Das ist das Beste, was ich in meiner Karriere je gesehen habe, eine unvorstellbare Pipeline, die wir hier aufbauen. Das ist es, was ein Großkonzern in seinem Portfolio braucht." Noch ist er allerdings weit entfernt davon, die erste Unze zu verkaufen. Im September will er eine neue Ressourcenstudie veröffentlichen.
Resteverwerter
GoGold hat nicht nur Zukunftsprojekte, sondern schon eine Produktion im Bundesstaat Chihuahua: In der Stadt Parral tragen Arbeiter einen 300 Jahre alten Berg ab. Es handelt sich um Überbleibsel historischer Minen. Die 250 Mitarbeiter finden im Geröll reichlich Edelmetall. "Wir machen die Stadt sauber und erwirtschaften so zwei Millionen Dollar freien Cashflow im Monat", sagt Langille. An die Kommune zahlt er 75 000 Dollar im Monat, das sind 15 Prozent des städtischen Budgets. Der Bürgermeister der 100 000-Einwohner-Stadt sei zufrieden. Mit GoGold vergleichbar ist DRDGold. Seit 1895 ist das Unternehmen an der Börse Johannesburg notiert und damit die älteste noch gehandelte Aktie Südafrikas. In Johannesburg gewinnen die Arbeiter aus Oberflächenrückständen Gold, das vor 20 bis 50 Jahren übersehen wurde. "Je älter das Material, desto mehr Gold ist drin", sagt Finanzvorstand Riaan Davel. "Unser Geschäftsmodell ist mit weniger Risiken verbunden als der Untertageabbau. Wir arbeiten dort, wo die Sonne scheint." Ist das Restgold aufgespürt und weggeschafft, bepflanzen die Arbeiter die Rückstände mit Bäumen und Sträuchern. Davel ist daran interessiert, Südafrikas größte Stadt von den alten Bergbausünden zu befreien.
In der Gewinnung von Gold aus Rückständen sind die Südafrikaner Weltmarktführer. Die Reserven sollen sich auf 5,7 Millionen Unzen belaufen, verteilt auf ein 1000 Quadratkilometer großes Areal. Im vergangenen Jahr gewann DRD 174 385 Unzen Gold - aktueller Marktwert: über 260 Millionen US-Dollar. Die operative Marge ist mit 48 Prozent üppig. Die Bilanz ist frei von Schulden. Es liegen umgerechnet 150 Millionen US-Dollar auf der Bank bei rund einer Milliarde Dollar Börsenwert.
Seit 14 Jahren zahlt das Unternehmen ohne Unterbrechung eine Dividende aus. Aktuell glänzt die Aktie mit einer Rendite von knapp drei Prozent. Bezieht man die Ausschüttungen mit ein, ist DRDGold die Aktie mit der besten Wertentwicklung über fünf Jahre unter den Top 100 in Johannesburg. Dem weltgrößten Platinproduzenten Sibanye Stillwater gehören über 50 Prozent der DRDGold-Aktien.