Um die Mittagszeit behauptete die Aktie noch ein Plus von 21,25 Prozent auf 62,20 Euro - damit führte Grammer die kurze Gewinnerliste im SDax der geringer kapitalisierten Unternehmen unangefochten an. Auch die vorangegangene Entwicklung kann sich sehen lassen: Seit Jahresbeginn steht zum gestrigen Schlusskurs von 51,30 Euro unter dem Strich ein Kursgewinn von knapp 20 Prozent und damit einer der vorderen Plätze im Index der geringer kapitalisierten deutschen Unternehmen.
Grammer bestätigte am Dienstagmorgen fortgeschrittene Verhandlungen mit verbundenen Unternehmen von Ningbo Jifeng. Diese könnten zu einem freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebot führen, hieß es. Der chinesische Großaktionär hält bereits etwas mehr als ein Viertel der Grammer-Aktien. Er stellte den anderen Anteilseignern einen Preis je Aktie von 60 Euro plus der vorgeschlagenen Dividende von 1,25 Euro in Aussicht. Damit wäre das Unternehmen mit knapp 772 Millionen Euro bewertet. Pro Aktie will Ningbo Jifeng 61,25 Euro zahlen, was einer gut 19-prozentigen Prämie entspricht.
Es wäre positiv, wenn die Gespräche letztlich in einem Angebot münden, kommentierte Analyst Michael Punzet von der DZ Bank. Denn dann ergäbe sich eine gute Ausstiegsmöglichkeit für die Unternehmensgruppe Hastor, deren Beteiligung Grammer die Akquise neuer Aufträge insbesondere von deutschen Autobauern erschwere. Grammer hatte die Chinesen erst 2017 im Kampf gegen eine mögliche Übernahme durch die umstrittene bosnische Investorenfamilie an Bord geholt - diese hat ihren Anteil inzwischen auf 9 Prozent reduziert.
Auch andere Experten gehen davon aus, dass eine Übernahme durch Ningbo Jifeng und ein Ausstieg von Hastor vorteilhaft für Grammer wären. Die Offerte der Chinesen sei allerdings "ziemlich niedrig" und beinhalte einen Bewertungsabschlag zur Zulieferbranche, merkte Peter Rothenaicher von der Baader Bank an. Er sieht angesichts der von Grammer angestrebten Margenverbesserung sowie des Wachstums- und Synergiepotenzials aus der jüngsten Übernahme des US-Unternehmens TMD noch deutlich Luft nach oben.
Ähnlich äußerte sich Marc-Rene Tonn vom Analysehaus Warburg Research. Ningbo Jifeng würde mit einem freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebot in der genannten Höhe wohl auf einen Anteil von über 30 Prozent kommen, was weitere Aktienkäufe zu einem späteren Zeitpunkt erleichtern würde, vermutet Tonn. Denn die beiden anderen Großaktionäre Cascade und Hastor, die 2017 mit ihren Übernahmeplänen gescheitert seien, dürften für ihre Anteile im Durchschnitt nur einen halb so hohen Preis gezahlt haben und könnten diese nun abstoßen oder zumindest reduzieren./gl/bek/fba