Zu den wenigen zuverlässigen Dauerläufern auf dem heimischen Kurszettel zählt die Aktie von Grenke. Seit dem Tief von Anfang 2009 kletterte der SDAX-Wert um rund 1000 Prozent. Selbst als die Märkte zum Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise im Sommer 2011 kräftig korrigierten, fiel der Rücksetzer mit in der Spitze 20 Prozent deutlich geringer aus als bei den Indizes. Aktuell steht Grenke an der 200-Tage-Linie: Abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen erwies sich in den vergangenen sieben Jahren jeder Rücksetzer an den Durchschnitt als perfekter Einstiegszeitpunkt.
Die kürzlich präsentierten Zahlen untermauern ebenfalls, wie rund das Geschäftsmodell läuft. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Aufteilung in die drei Bereiche Leasing, Bank und Factoring. Kunden erhalten bei Grenke "alles aus einer Hand", ein unschätzbarer Vorteil. Über ein intern entwickeltes IT-basiertes Bewertungssystem sowie eine umfassende Datenbank mit historischen Transaktionsdaten ist ein effizientes und sehr gutes Risikomanagement möglich. Rund 25.000 IT-Fachhandelspartner bilden die Basis des von Konkurrenten nur schwer nachzubildenden Vertriebsnetzes. Doch nicht nur die über Jahre aufgebauten, engen Kundenkontakte und das damit einhergehende Vertrauen stellen eine hohe Markteintrittsbarriere für Wettbewerber dar. Auch der Fokus auf die möglichst effiziente Abwicklung von zahlreichen kleinen und kleinsten Verträgen erwies sich als die richtige Strategie. Der Nischenmarkt bietet attraktive Margen bei gleichzeitig geringerem Wettbewerbsdruck. Individuelle Lösungen auf Basis der Kundenbedürfnisse und keine Standardangebote sorgen für eine dauerhafte Bindung. Moderne, online gestützte Tools bilden die Voraussetzung, dass Anfragen innerhalb von wenigen Minuten bearbeitet werden können.
Auf Seite 2: Höheres Wachstum im Jahresverlauf
Höheres Wachstum im Jahresverlauf
Die erfolgreiche Transformation des Leasing-Geschäftsmodells auf Auslandsmärkte ist dennoch nicht selbstverständlich. Jedes Land hat spezifische Marktgegebenheiten und ein eigenes regulatorisches Umfeld. In einigen Ländern bietet Grenke nur Mietkonstrukte an, Leasing spielt kaum eine Rolle. Inzwischen ist das Unternehmen aus Baden-Baden in rund 30 Ländern aktiv, der internationale Anteil des Neugeschäfts lag zuletzt bei gut 70 Prozent.
Im ersten Quartal verlief das Neugeschäft der Leasing-Sparte besonders im Kernmarkt Frankreich mit 19 Prozent und Italien mit 44 Prozent sehr erfolgreich. Unter dem Strich bildet das Segment Leasing unverändert die Ertragssäule des Konzerns. So legte das Neugeschäft um gut 19 Prozent auf 363 Mio. Euro zu.
Das Neugeschäft der Grenke Gruppe Factoring übertraf mit 76 Mio. Euro den Vorjahreswert um 16 Prozent. Im Jahresverlauf rechnet das Management mit einer Zunahme der Wachstumsdynamik, die in Aussicht gestellte Spanne liegt bei 30 bis 35 Prozent. Zunehmend mehr Unternehmen erkennen, dass sie mit Factoring entscheidende Vorteile erzielen können: Mit der Abtretung der Ausgangsforderungen an Grenke und die sofortige Bezahlung entfällt die Wartezeit auf den Rechnungsausgleich sowie der Aufwand, wenn offene Rechnungen nicht bezahlt und eingetrieben werden müssen. Auch hier ist Grenke mit seinem beim Leasing bereits erfolgreichen Modell der Fokussierung auf kleine Volumina sehr erfolgreich unterwegs. Konkurrenten haben meist nicht die zur Abwicklung erforderlichen Systeme. Grenke hat somit kaum Wettbewerb bei der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für Kleinunternehmer und den Mittelstand.
Auf Seite 3: Neuer Impuls am 4. Juli
Neuer Impuls am 4. Juli
Über die Grenke Bank wird das Produktspektrum ebenfalls erweitert. Leasing kann so in die Programme der Förderbanken eingebunden werden. Dank der Kooperation mit der NRW.Bank und der Thüringer Aufbaubank wurden bereits mehr als 1000 Leasingnehmer und damit Kleinunternehmen öffentlich gefördert. Über Festgeldanlagen der Bankkunden können wiederum Leasingverträge der Gruppe refinanziert werden. Der Konzern wird damit unabhängiger vom Banken- und Kapitalmarktsektor.
Grenke hat somit in den vergangenen Jahren eine sehr solide Basis geschaffen, um auch in Zukunft stabile Gewinne und weiterhin attraktive Wachstumsraten zu generieren. Mit Blick auf das Gesamtjahr bestätigte das Management vor wenigen Tagen die avisierte Gewinnspanne von 93 bis 98 Mio. Euro, nachdem im vorangegangenen Geschäftsjahr unter dem Strich knapp 81 Mio. Euro hängen blieben. Die Daten zum Neugeschäft in den ersten sechs Monaten am 4. Juli sowie die Zahlen zum ersten Halbjahr am 28. Juli könnten sich als nächste Kurskatalysatoren erweisen. Abgesichert mit einem Stopp im Bereich des Jahrestiefs bei rund 150 Euro bietet die Aktie daher einen interessanten Chance-Risiko-Mix. Börse Online sieht den fairen Wert bei 240 Euro, was einem Potenzial von rund 40 Prozent entspricht.
Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily.
www.index-radar.de