Einem anderen Insider zufolge will die Regierung in Athen die Differenzen mit den internationalen Geldgebern aber soweit minimieren, dass Ministerpräsident Alexis Tsipras bei seinem anvisierten Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande am Mittwoch einen Kompromiss erzielen kann. Tsipras warnte in einem Interview vor gewaltigen Kosten für die europäischen Steuerzahler, wenn die Verhandlungen scheitern sollten.

Die drohende Staatspleite Griechenlands drückte den Dax erstmals seit Februar unter die Marke von 11.000 Punkten. Auch unter Politikern zerrte der Streit an den Nerven: "Bei einigen Finanzministern geht die Geduld mit Griechenland zu Ende", sagte der finnische Ressortchef Alexander Stubb bei einer Veranstaltung mit seinem deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble in Berlin. Gleichwohl sei das Ansteckungsrisiko in der Euro-Zone bei einem Ausscheiden Griechenlands ("Grexit") nicht mehr so groß.

Das neue Reformangebot der griechischen Regierung traf am Dienstagmorgen in Brüssel ein. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, die Vorschläge würden nun sorgfältig von den Institutionen geprüft. Bei den "Institutionen" - der ehemaligen "Troika" - handelt es sich um den Internationalen Währungsfonds (IWF), die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission.

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INSIDER - KEIN VORSCHLAG FÜR EINE RENTENREFORM



Nach Angaben eines mit der Sache Vertrauten aus der EU dürften die Vorschläge für die anderen Euro-Länder kaum akzeptabel sein. So werde keine Lösung für den Streit über eine von den Gläubigern geforderte Rentenreform gemacht. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem bekräftigte, das griechische Rentensystem müsse modernisiert werden. Einem Insider zufolge will Athen die Vorschläge noch einmal überarbeiten.

Ein Vertreter der griechischen Regierung hatte zuvor erläutert, mit den neuen Plänen solle eine Einigung bei den Haushaltszielen und Schuldenerleichterungen erzielt werden. Tsipras zeigte sich in der italienischen Zeitung "Corriere della Sera" in anderen Punkten allerdings unnachgiebig. So sei eine Einigung nur möglich, wenn die Gläubiger ihre Forderungen nach Rentenkürzungen fallenließen. Griechenland könne mit keinem Programm weitermachen, das eindeutig versagt habe. Der Mittelmeer-Anrainer hat in den vergangenen Jahren auch wegen der verordneten Sparmaßnahmen massiv an Wirtschaftskraft verloren.

Beim Thema Primärüberschuss - also dem Staatshaushalt ohne den Schuldendienst - sei man sehr nah an einer Vereinbarung, ergänzte der Chef des Links-Partei Syriza. Er warnte davor, dass ein Scheitern der Verhandlungen der Anfang vom Ende der Euro-Zone sei. "Wenn Griechenland scheitert, werden die Märkte sofort nach dem Nächsten Ausschau halten. Wenn die Verhandlungen scheitern, werden die Kosten für die europäischen Steuerzahler gewaltig sein."

Griechenland ringt seit Monaten mit seinen Gläubigern um Reformen, die die Voraussetzung für die Auszahlung von Finanzmitteln in Höhe von insgesamt 7,2 Milliarden Euro aus dem bis Ende Juni laufenden Hilfsprogramms sind. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, hält bei deutlichen Korrekturen am aktuellen Hilfsprogramm für Griechenland eine Zustimmung des Parlaments für erforderlich. Grünes Licht des Haushaltsausschusses reiche dann nicht aus.

Reuters