EU-Vertretern zufolge soll beim Euro-Sondergipfel am Abend dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras noch einmal deutlich gemacht werden, dass seine Regierung zunächst eine Einigung mit den Institutionen von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) erreichen muss. Verhandlungen soll es bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone nicht geben. Die EZB öffnete erneut die Geldschleusen, um einem Sturm auf die griechischen Banken zuvorzukommen. An den europäischen Börsen machte sich bereits die Hoffnung auf ein Happy End breit.

Ob und wann es dazu oder zu einer Scheidung von Griechenland und dem Rest der Euro-Zone kommt, ließ sich vor dem Gipfel nicht klar ausmachen. Finanzminister Wolfgang Schäuble trat energisch auf die Bremse: "Ich sehe nicht, wie wir ohne substanzielle Vorschläge den Euro-Gipfel vorbereiten sollen."

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande betonten, nach dem Sondertreffen der Regierungschefs der Euro-Staaten wäre die Uhr auch noch nicht abgelaufen. Merkel sagte, es gebe in dieser Woche "noch viele Tage Zeit, um gegebenenfalls Entscheidungen zu treffen". Am Donnerstag und Freitag treffen sich die EU-Regierungschefs zu ihrem regulären Sommer-Gipfel. Ohne Einigung endet das Hilfsprogramm am 30. Juni - und damit die Aussicht der Griechen auf weitere Milliardenhilfen.

Die politische Choreographie sah vor, dass Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras zunächst mit den Chefs der drei für die Gläubiger verhandelnden Institutionen IWF, EZB und EU-Kommission verhandelte. Aus Merkels Sicht liegt der Schlüssel bei diesen Institutionen. Ohne deren abschließende Empfehlung würde die Spitzenrunde am Abend nur ein "Beratungsgipfel" sein. Tsipras hatte klar gemacht, dass er auf eine "politische Lösung" in der Spitzenrunde setzt, der die Institutionen dann folgen müssten.

Dagegen beharrten die Euro-Partner auf der umgekehrten Reihenfolge. Dijsselbloem zeigte sich offen für ein weiteres Treffen der Eurogruppe in dieser Woche, um die neuen Vorschläge aus Athen bewerten zu können. Die Beratungen der Euro-Finanzminister waren bereits nach weniger als zwei Stunden beendet.

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EZB ASSISTIERT BEI SCHWIERIGER GEBURT



Einer der wichtigsten Mitarbeiter von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, sein Kabinettschef Martin Selmayr, nannte ein Angebot der Griechen vom Sonntag eine gute Basis. Er betonte aber, ein Kompromiss gleiche einer "Zangengeburt". Juncker betonte, dass noch eine lange Durststrecke vor den Verhandlungspartnern liege. Schäuble sagte, für ihn sei der Stand seit dem Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag unverändert. Zu den Äußerungen Selmayrs merkte Schäuble an: "Es müssen nicht über das Wochenende von irgendwelchen nicht-autorisierten Persönlichkeiten irgendwelche Erwartungen geschürt werden, sondern es muss eine seriöse Prüfung (der Vorschläge) sein."

Gelingt bis zum Dienstag nächster Woche keine Einigung, stehen die seit 2010 vom Kapitalmarkt abgeschnitten Griechen alleine da. Zugleich müssen sie aber Milliardensummen an ihre Financiers überweisen, im Juli alleine 3,5 Milliarden Euro an die EZB. Umstritten sind vor allem Reformen des Rentensystems und der Mehrwertsteuer. Tsipras will dem Volk nach fünf Jahren Krise keine Lasten mehr aufbürden, die Geldgeber dringen aber auf eine dauerhafte strukturelle Sanierung des Staatshaushaltes.

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UNION: KEINE TASCHENSPIELERTRICKS



Insidern zufolge bot die griechische Regierung am Sonntag an, das Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre zu erhöhen. Derzeit gehen in Griechenland Männer im Durchschnitt mit 63 Jahren in Rente, Frauen mit 59 Jahren. Das Rentensystem solle zudem vereinfacht und Ausnahmen gestrichen werden. Zudem solle bei der Mehrwertsteuer der Basissatz von 23 Prozent gelten, während Energie und Grundnahrungsmittel mit 13 Prozent sowie Medikamente und Bücher mit sechs Prozent besteuert würden.

Eine Schlüsselrolle im Reform-Poker spielt die EZB, denn sie hält bisher den Geldhahn für die griechischen Banken offen. Ein Ansturm auf die Banken würde eine nur schwer kontrollierbare Lage heraufbeschwören. Am Montag erhöhte die EZB zum dritten Mal innerhalb von sechs Tagen den Rahmen für ELA-Banken-Nothilfen. Die griechischen Bankkunden hatten alleine in der vergangenen Woche mehr als vier Milliarden Euro von ihren Konten abgeräumt.

In Deutschland müsste eine Einigung vom Bundestag abgesegnet werden, wo vor allem in der CSU die Bedenken groß sind. Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich sagte dem Sender "n-tv", Taschenspielertricks ohne ernsthafte Reformen kämen nicht in Frage. SPD-Chef Sigmar Gabriel gab als Ziel aus, "die kleinen Leute in Deutschland und Griechenland zu schützen". Merkel werde nichts unterschreiben, "bei dem die Milliardäre Griechenlands weiter Steuern hinterziehen und in Deutschland Arbeitnehmer und Rentner dafür noch mehr bezahlen müssen", sagte er der "Bild".

Reuters