Auf den tiefsten Stand seit 34 Jahren ist das britische Pfund zum US-Dollar kurzzeitig gefallen. Das liegt vor allem am drohenden harten Brexit. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser eintritt, hat sich unter der Ägide des neuen Premierministers Boris Johnson stark erhöht. Dieser tritt aggressiv auf und möchte das von Vorgängerin Theresa May mit der EU vereinbarte Abkommen nachverhandeln. Vor allem die Backstop-Abmachung, bei der es um die Verhinderung von Grenzkontrollen zwischen Nordirland und Irland geht, torpediert Johnson - ebenso wie die Beibehaltung der Freizügigkeitsregeln für EU-Bürger in Großbritannien bis Ende 2020.
Sofort nach dem Brexit will der Premier nun die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für EU-Bürger im Vereinigten Königreich verschärfen. Die EU zeigt sich aber kompromisslos und ist nicht bereit, das verhandelte Abkommen wieder aufzuschnüren.
Für den Fall eines No-Deal-Brexits gibt es überdies Richtlinien für diverse Wirtschaftssektoren, die durch Johnson verändert werden könnten. Adam Marshall, Generaldirektor der britischen Handelskammer, kritisiert Johnson dafür. Die britischen Firmen hätten sich auf die Leitlinien für einen geregelten Brexit eingestellt, wie diese vor sieben Monaten von der Regierung May publiziert wurden. "Nun, einige Wochen vor dem Austrittstermin Ende Oktober, hängt wieder alles in der Luft", klagt er.
Zumal im Parlament eine Mehrheit gegen einen ungeregelten EU-Austritt ist. Das könnte zu Neuwahlen und einem zweiten Brexit-Referendum führen. Es gibt also drei Optionen: geregelter Brexit, ungeregelter Austritt oder Neuwahlen. Wegen dieser Unklarheit dürften Anleger das Pfund weiter meiden. Britische Industrie schrumpft Zumal die schwächelnde Weltkonjunktur die britische Wirtschaft vermehrt belastet. Die Zentralbank korrigierte die Wachstumsprognosen für 2019 und 2020 von je 1,6 auf je 1,3 Prozent nach unten. Die britische Industrie schrumpfte im zweiten Quartal so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr. Auch die charttechnische Lage ist brenzlig. Fällt das Pfund (GBP) unter die Unterstützung von 1,20 Dollar (USD) je Pfund, ist der Weg frei bis zum Tief aus 1985 bei 1,05 Dollar je Pfund. Vieles spricht somit für noch tiefere Pfund-Kurse. Mit dem Mini-Future-Bär-Zertifikat (ISIN: DE 000 HW9 479 3) der Unicredit auf GBP/USD setzen Anleger auf den weiteren Verfall des Pfund zum Dollar. Die K.-o.-Schwelle liegt mit 1,414 Dollar je Pfund 16,0 Prozent vom jetzigen Kurs entfernt. Gewinne werden mit Faktor sechs gehebelt, Verluste aber auch. Brit. Pfund in US-DollarBoris Johnson: Die Konfrontationsstrategie des Premiers könnte die britische Währung in Turbulenzen stürzen