Wahl im Vereinigten Königreich! Das britische Volk stimmt über die künftige Zusammensetzung des Parlaments ab - parallel zum Erscheinen dieses Hefts. Und egal, ob Favorit Boris Johnson von den Konservativen gewinnt oder Jeremy Corbyn von der Labour Party, die Mehrheits- und Meinungsverhältnisse im Parlament dürften danach klarer sein.

Eine Antwort auf die nervige Frage, wie es denn nun mit dem Austritt des Landes aus der Europäischen Union weitergeht, sollte es dann auch geben. Entweder wird der Brexit bald zügig und mit vernünftigem Vertragswerk durchgezogen, so wie es Johnson präferiert. Oder es gibt ein neues Votum, wie es vermutlich Corbyn anstrebt, auch wenn er sich offiziell in Sachen EU-Austritt "neutral" gibt.

Es ist auch höchste Zeit, dass sich was tut. Einer Rezession ist man in Großbritannien gerade noch knapp entkommen, das Wachstum ist aber recht enttäuschend. Sicher auch wegen des Brexit-Gerangels legte das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal um nur 0,3 Prozent zu, im Quartal davor waren es lediglich 0,2 Prozent.

Gefragte Landeswährung


Auch dem Finanzplatz London dürfte die Neuwahl guttun. Seit dem Brexit-Entscheid 2016 hatten viele internationale Anleger einen Bogen um die dortige Börse gemacht (siehe Grafik rechts). Doch seit der Ausstieg Ende Oktober noch einmal verschoben wurde - Termin ist jetzt der 31. Januar - und damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass ein chaotischer Brexit vermieden wird, sind die Investoren wieder optimistisch. Die Investmentbank Morgan Stanley beispielsweise schrieb in einer Studie, der britische Aktienmarkt sei "wieder investierbar".

Dass der Optimismus durchaus gerechtfertigt ist, zeigt die Entwicklung des Pfund. Seit Oktober hat die britische Landeswährung gegenüber dem Euro um etwa zehn Prozent an Wert zugelegt. Und auch am Aktienmarkt geht es nach oben. Nicht nur beim Leitindex FTSE 100, sondern gerade auch beim FTSE 250 und beim FTSE Small Caps, das sind jene Indizes, die Aktien zahlreicher kleinerer und mittlerer Unternehmen enthalten, die eher binnenmarktorientiert sind. Diese profitieren vom wieder stärkeren Pfund, weil dadurch der Import von Gütern billiger wird. Eher anders herum ist es bei vielen im FTSE 100 enthaltenen Unternehmen. Sie verdienen im Schnitt drei Viertel ihres Umsatzes außerhalb des Landes und haben somit mit dem Pfund-Anstieg zu kämpfen - zumindest kurzfristig.

Spezialisten unter sich


Dass die kleineren und mittelgroßen Werte hinterherhinken wie in den zurückliegenden dreieinhalb Jahren, ist für Großbritannien ohnehin unüblich. Das hat es seit den 90er-Jahren nicht mehr gegeben. Zu diesen kleineren Unternehmen gehört die Intermediate Capital Group (ICG), eine auf alternative Anlagen wie privates Beteiligungskapital spezialisierte Fondsgesellschaft. ICG profitiert von der Tendenz institutioneller Anleger, Vermögenswerte in alternative Anlagen zu investieren. Schlagzeilen machte das Unternehmen vor allem im vergangenen Jahr, als man vom Bad Oldesloer Brandschutzspezialisten Minimax dessen 29 Prozent starke Beteiligung am Bauklötzchenhersteller Lego übernahm und damit die bisherige Beteiligung am dänischen Traditionsunternehmen auf 71 Prozent aufstockte. ICG hat seinen Hauptsitz in London, Niederlassungen in weiteren 13 Ländern und verwaltet derzeit etwa 42 Milliarden Euro - Tendenz steigend. Das Gewinnwachstum ist enorm: Analysten gehen davon aus, dass sich der Gewinn pro Aktie bis 2021 verdoppelt.

Gar nicht klein, aber ähnlich spannend wie ICG ist der Medienkonzern Relx - ehemals Reed Elsevier -, einer der weltgrößten Anbieter von Online-Datenbanken und eines der größten Verlagshäuser weltweit. Relx hat den Sprung in die digitale Welt längst geschafft - mit der Datenbank "LexisNexis". Sie liefert branchenspezifische Informationen für Ärzte, Anwälte, Ökonomen, Steuerberater und Wissenschaftler nahezu aller Disziplinen. Rund drei Viertel des Umsatzes wird heute elektronisch erwirtschaftet, der Rest mit Fachveranstaltungen und gedruckten Medien. Letztere stehen nur für ein Zehntel der Umsätze, vor 20 Jahren lag der Anteil noch bei 64 Prozent. Relx ist mit diesem Mix nahezu unabhängig von zyklischen Werbeerlösen.

Spekulativ ist B & M European Value Retail Group. Das Unternehmen betreibt 450 Discountmärkte im Land und profitiert - wie übrigens auch Aldi und Lidl - von der Krise der traditionellen Supermarktketten Sainsbury’s und Tesco, die den Billigheimern bislang wenig entgegenzusetzen haben.