Das Thema Wasserstoff liegt bei Anlegern hoch im Kurs. Entsprechend gehört beispielsweise das Open-End Partizipationszertifikat auf den Solactive Hydrogen Top Selection Index seit Emission im April 2020 zu den erfolgreichsten Vontobel Anlageprodukten hinsichtlich Kundennachfrage, aber auch Performance, wie die Schweizer Privatbank in einer aktuellen Notiz erklärt.

Auch der Asset Manager Legal & General Investment Management (LGIM) hat gerade einen entsprechenden ETF auf den Solactive Hydrogen Economy Index NTR aufgelegt. Die Entwicklung dieses Wasserstoff-Anlageproduktes ist nach Angaben der Initiatoren das Ergebnis der steigenden Nachfrage von Kunden und potenziellen Investoren in den vergangenen Jahren. Man setzt darauf, dass der ETF von drei Faktoren profitiert: 1. von einer klimafreundlichen Politik, die die CO2-Emissionen reduzieren möchte; 2. von Kostensenkungen bei der Elektrolyse; 3. von sinkenden Kosten von sauberer Energie zur Erzeugung von Wasserstoff.

Experten gehen davon aus, dass die Wasserstoffwirtschaft bis 2050 ein Umsatzvolumen von 2,5 Billionen Dollar und ein Infrastrukturpotenzial von 11 Billionen Dollar haben soll Howie Li, Head of ETFs bei LGIM, sagt dazu folgendes: "Der Zugang zu sauberem Wasserstoff wird der Schlüssel zur Senkung der Emissionen in Branchen sein, in denen der Einsatz von Elektrobatterien allein nicht ausreicht. Die Verpflichtungen, die Regierungen und Unternehmen auf der ganzen Welt für die Wasserstoffwirtschaft eingehen, schaffen langfristige Anlagemöglichkeiten mit kurzfristigen Katalysatoren. Wir glauben, dass dieser Fonds den Anlegern einen frühen Zugang zu dieser sich schnell entwickelnden Industrie bietet. Anleger können dadurch die Höhe ihres Anteils an Wasserstoff in ihrem Portfolio steuern und ggf. unsere ETFs für saubere Energie und Batterien ergänzen."

Bei der Credit Suisse wiederum sind die Analysten der Ansicht, dass die Bemühungen der Regierungen weltweit, ihre Volkswirtschaften zu dekarbonisieren, die Produktion von blauem und grünem Wasserstoff über den reinen Ersatz der bestehenden Produktion hinaus steigen lassen wird.

Zum aktuellen Zeitpunkt identifiziert man das größte Nachfragepotenzial für Wasserstoff bei den Privathaushalten (Heizen), in der Industrie (stationäre Brennstoffzellen) und vor allem im Transportsektor. Die höchste Wahrscheinlichkeit für die Nutzung von Wasserstoff bestehe im öffentlichen Verkehr sowie im Bahn- und Schwerverkehr, aber auch bei gewöhnlichen Privatautos. Insbesondere Privat- und Geschäftsfahrzeuge verfügten über umfassendes Potenzial zur Verbesserung ihres ökologischen Fussabdrucks mithilfe der Wasserstofftechnologie, einschließlich gasförmigen oder flüssigen Wasserstoffs für den Betrieb von Brennstoffzellen.

Auch die Commerzbank beschäftigt sich in einer aktuellen Studie mit den Aussichten des Bereichs Wasserstoffs. Wie es dazu heißt, sei man dabei tief eingetaucht in die Möglichkeiten des grünen Wasserstoffs (H2), wobei die angestellten Überlegungen auch mit auf den geplanten und sich verändernden Szenarien von IRENA basieren.

Gemeint ist damit eine neue Studie der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (IRENA), in der die Autoren das Potenzial von Wasserstoff als Kraftstoff für schwer zu dekarbonisierende Energienutzungen untersucht haben, darunter energieintensive Industrien, Lastkraftwagen, Luftfahrt, Schifffahrt und Heizungsanwendungen.

Die Auswirkungen der Dekarbonisierung dem Ergebnis zufolge davon ab, wie Wasserstoff erzeugt wird. Derzeitige und zukünftige Beschaffungsoptionen lassen sich in grauen (auf fossilen Brennstoffen basierenden) blauen (auf fossilen Brennstoffen basierenden Produktionsprozess mit Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung) und grünen (auf erneuerbaren Energien basierenden) Wasserstoff unterteilen. Es wird prognostiziert, dass grüner Wasserstoff, der durch Elektrolyse mit erneuerbaren Energien erzeugt wird, in den kommenden Jahren ein starkes Wachstum verzeichnen wird.

Die Commerzbank kommt bei ihren Analysten zu dem Schluss, dass es im hausintern beobachteten Anlageuniversum vier Aktien von Unternehmen gibt, die vom erwarteten Aufstieg des Grünes Wasserstoffs profitieren können und die auch deshalb eine Kaufempfehlung verdient haben. Mit Nordex und Vestas sind dagegen zwei andere betroffene Titel dagegen nur mit Halten eingestuft. BÖRSE ONLINE berichtet nachfolgend, was die Commerzbank zu als kaufenswert eingestuften Quartett zu sagen hat.

Air Liquide-Aktie



Die Commerzbank sieht in dem französischen Industrie-Gase-Hersteller Air Liquide den Hauptnutznießer des aufstrebenden "grünen" H2-Marktes, der 78 Prozent der modellierten 11,6 Millionen Tonnen H2 bis 2030 ausmacht.

Man prognostiziert einen Anstieg des H2-Umsatzes um den Faktor 2,5x auf rund fünf Milliarden Euro, was im geplanten Szenario einen Anstieg des angepassten EBIT um rund 600 Millionen Euro (16 Prozent des Konzerns) bis 2030 bedeutet.

Auf dem Weg in das Jahr 2021 gefällt den Analysten das zyklischere Portfolio mit 46 Prozent Anteil an industriellen Handelskunden (davon 33 Prozent Auto) und ein prognostiziertes Volumen-/Preiswachstum von 2,5 Prozent bzw. von 2,1 Prozent (Geschäftsjahr 2020: minus neun Prozent bzw. plus drei Prozent).

Beide Faktoren dürften das vergleichbare Wachstum auf 3,9 Prozent (geschätztes CAGR von 2020-2023) erhöhen und das adjustierte EBIT um 8,8 Prozent (geschätztes CAGR 2020-2023) auf 4.879 Millionen Euro steigern.

Die Commerzbank behält ihre Kaufempfehlung im Vorfeld des Nachhaltigkeitstages am 23. März bei, an dem Air Liquide eine detaillierte mittelfristige H2-Guidance und Wachstumsquantifizierung vorlegen könnte. Man erhöht das Kursziel von 187 Euro auf 190 Euro basierend auf einem H2-Beitrag von mindestens 13 Euro pro Aktie. Gemessen am Schlusskurs vom Freitag von 133 Euro ergibt sich damit ein Aufwärtspotenzial von knapp 43 Prozent.

Zur Bewertung heißt es, der Titel handele mit dem 11,6-fachen beim Verhältnis von Unternehmenswert zum EBITDA auf Basis der Schätzungen für 2022. Das entspreche einem Abschlag von 18 Prozent gegenüber der Konkurrenz.



Linde-Aktie



Zu Linde, dem Weltmarktführer bei Gasen, erklärt die Commerzbank, die Geschichte der Margenexpansion geht weiter, während beispiellose Top-Line-Effekte durch H2 die notwendige operative Hebelwirkung gewährleisten sollten.

Nach Erachten der Analysten spiegelt der Aktienkurs von Linde das H2-bezogene Wertsteigerungspotenzial von 23 bis 132 Euro je Aktie bisher nur teilweise wider. Das höhere Engagement in der "grauen" ("blauen" in Zukunft) H2-Produktion könne ein Segen sein, da man davon ausgeht, dass diese Übergangstechnologie länger anhalten wird (64 Prozent-Anteil im Jahr 2050).

Man schätzt auch den starken Profitabilitätsfokus und hat vor diesem Hintergrund die Schätzung für das bereinigte EBIT im Jahr 2023 um zwölf Prozent auf 7.766 Millionen Dollar angehoben, womit die Schätzung um sechs Prozent über dem Konsens liegt.

Die Commerzbank prognostiziert ein bereinigtes Ergebnis je Aktie von 9,31 Dollar im Jahr 2021, ein Plus von 13,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wovon vier Prozent auf den Aktienrückkauf entfallen.

Die Verantwortlichen bei dem deutschen Kreditinstitut haben jüngst das Anlagevotum von Halten auf Kaufen erhöht. Zudem erhöhte man das bisherige Kursziel von 210 Euro in zwei Schritten: Erstens von 210 Euro auf 230 Euro aufgrund der operativen Exzellenz. Zweitens um weitere 23 Euro je Aktie auf 253 Euro, um das "konservative" H2-Potenzial zu erfassen. Auf Basis der genannten neuen Vorgaben ergibt sich gemessen an der Schlussnotiz vom Freitag von 223,30 Euro die Chance auf einen Anstieg von 13,3 Prozent.

Den weiteren Angaben zufolge handelt die Aktie bei Kursen von 216,20 Euro mit einem 13,9-fachen Multiplikator beim Verhältnis von Unternehmenswert zum EBITDA auf Basis der Schätzungen für 2022. Das bedeute einen Abschlag von 17 Prozent gegenüber der eigenen Bewertungshistorie.



Siemens Energy-Aktie



Zum deutschen Energietechnikkonzern Siemens Energy führt die Commerzbank folgendes aus: Der globale Strommix ändert sich rapide, und obwohl noch nicht klar ist, ob sich die Stromerzeugung direkt auf erneuerbare Energien verlagern kann oder ob Gas für eine Weile der Übergangsbrennstoff sein wird, ist Siemens Energy stark im Bereich Wind (67 Prozent Anteil an Siemens Gamesa) und Gas positioniert und damit gut geeignet, um von beiden Märkten zu profitieren.

Der Transmission-Bereich sollte von der Notwendigkeit profitieren, die Stromnetze zu verbessern und zu modernisieren. Im Bereich Wasserstoff sei Siemens Energy in einer starken Position, um das immense Potenzial zu nutzen, z.B. durch eine voll integrierte Offshore-Wind-Wasserstoff-Lösung und hochkarätige Partnerschaften, die auf den industriellen Maßstab abzielen.

Das Unternehmen sei auch deshalb interessant, weil es einerseits gerade groß genug sei, um relevant zu sein, und gleichzeitig aber auch klein genug ist, um schlank und flexibel zu sein. Das neue Management-Team sei klar auf die angepasste EBITA-Marge, den ROCE, den Gewinn je Aktie und den gesamten Shareholder Return fokussiert. Zudem sei die Governance-Struktur völlig angemessen, mit begrenztem Einfluss der Siemens AG auf wichtige Entscheidungen und einem hochkarätigen, internationalen und vielfältigen Aufsichtsrat.

Die Analysten erwarten von 2020 bis 2023 ein Umsatzwachstum von im Schnitt 5,7 Prozent p.a. und sie rechnen mit einem Margenwachstum von 320 Basispunkten von 2021-2023, was eine EBITA-Verbesserung von 1,2 Milliarden Euro für 2021-202 auf 2,40 Milliarden Euro impliziere. Diese Margenausweitung werde durch unterschiedliche Treiber in den verschiedenen Divisionen ermöglicht.

Das Kursziel hat die Commerzbank hier im Zuge einer bestätigten Kaufempfehlung von 37,00 Euro auf 38,00 Euro erhöht. Das ist eine Vorgabe, die sich um rund 18 Prozent über der Schlussnotiz von 32,20 Euro vom Freitag bewegt.

Beim Ergebnis je Aktie geht man nach einem Verlust von 0,13 Euro im Vorjahr für das laufende Jahr wieder von einem Plus von 1,00 Euro aus. Die Prognosen für die beiden kommenden Jahre betragen 1,37 Euro bzw. 1,64 Euro je Anteilsschein. Mit der Aufnahme einer Dividendenzahlung rechnet man für das Geschäftsjahr 2021 und zwar in Höhe von 0,40 Euro je Aktie. Für die Geschäftsjahre 2022 und 2023 sollen den Prognosen zufolge dann 0,50 Euro bzw. 0,75 Euro je Anteilsschein fließen.



Siemens Gamesa-Aktie



Bei Siemens Gamesa, einem in Spanien firmierenden Hersteller von Windanlagen, hat die Commerzbank im Rahmen der zitierten Studie das Anlagevotum von Halten auf Kaufen angehoben. Gleichzeitig ging es mit dem Kursziel deutlich von 24,00 Euro auf 36,00 Euro nach oben. Das ist eine Vorgabe, die gegenüber der Schlussnotiz vom Freitag von 29,85 Euro 20,6 Prozent Luft nach oben verspricht.

Zur Begründung für diese Veränderungen schreibt man folgendes: Siemens Gamesa ist mit einem Anteil von rund 65 Prozent (installierte Basis: 16 GW) führend im Bereich Offshore-Windanlagen, was nach einer vorübergehenden Delle durch die jüngste Auftragsentwicklung eindrucksvoll bestätigt worden sei.

Man erwartet, dass sich die Installationen von der Run-Rate von rund zwei GW p.a. in den Jahren 2017-20 bis Mitte dieses Jahrzehnts mehr als verdoppeln werden. Siemens Gamesa sei weltweit die Nr. 2-3 im Bereich Onshore-Windanlagen mit einem Anteil von rund 10-15 Prozent (mehr als 20 Prozent ex China) und einem besonders starken Engagement in den USA und Lateinamerika mit jeweils rund 20-30 Prozent/rund 10-20 Prozent. Dagegen sei die ehemals hohe Abhängigkeit von Indien (bis zu rund 20 Prozent) mittlerweile marginalisiert worden sei.

Nach dem Zusammenschluss von Siemens Wind Power und Gamesa im Juni 2017 habe das Unternehmen der strategische Fokus im Onshore-Geschäft gefehlt, was sich in der recht späten Einführung der 5.XMW-Turbinenplattform und wiederholten Kostenüberschreitungen bei Projekten gezeigt habe, wobei das noch durch einen sehr schwachen indischen Markt verstärkt worden sei. Während Siemens Games den Auftragsbestand bei Onshore noch verdauen müsse, sei der jetzige kommerzielle Erfolg der 5.XMW-Baureihe ermutigend, ebenso wie die strategische Überprüfung des ehemals lockeren Ansatzes, hohe Projektrisiken als Ausgleich für eher mittelmäßiges Turbinenangebot einzugehen.

Die Unternehmensführung habe sich stark verbessert, nicht zuletzt durch den 1,1 Milliarden Euro-Kauf von Iberdrolas ehemaligen 8,1-prozentigen Anteils, den die Siemens AG im Februar 2020 tätigte. Auch habe es umfangreiche Änderungen im Management gegeben. Obwohl es noch früh sei für ein abschließendes Urteil, scheine die neue Besetzung ein Gleichgewicht zwischen Erfahrung und Motivation zu schaffen, um Ergebnisse zu liefern.

Angesichts eines Auftragsbestands von 15 Milliarden Euro und eines wachsenden OE-Geschäfts sollte der Service bis 2023 einen Umsatz von rund 2,5 Milliarden Euro erreichen. Zudem modelliert man ein bereinigtes Konzern-EBITA von 1,1 Milliarden Euro bis zum Fiskaljahr 2023 (Marge: 8,9 Prozent). Der wichtigste Hebel, um das obere Ende des Margenzielbereichs von 8-10 Prozent zu erreichen, sei der Onshore-Bereich, der - im Prinzip - in der Lage sein sollte, mindestens eine mittlere einstellige Marge zu generieren.