Die Nordsee ist nicht nur bei Lockdown-geplagten deutschen Urlaubern zum neuen Favoriten aufgestiegen. Richtung britische Inseln erfährt das eher raue Meeresareal eine Aufwertung der anderen Art: Riesige Offshore- Windparks sollen dort in Zukunft die Energie für die Erzeugung von grünem Wasserstoff liefern. Europas Ziele sind ambitioniert und vergleichsweise kurzfristig: Bis 2024 müssen Elektrolyseure mit einer Leistung von sechs Gigawatt installiert sein, bis 2030 sogar Anlagen mit einer Leistung von 40 Gigawatt.
In der Branche, die bisher vor allem von hochfliegenden Zukunftsvisionen geprägt war, bedeutet das nun auch endlich konkrete Projekte. So verkündete vergangene Woche der Offshore- Windkraftentwickler Enterprize Energy aus Singapur den Bau einer Vier-Gigawatt-Windfarm vor der irischen Küste, die Strom zur Wasserstofferzeugung liefern soll. Projektvolumen: neun Milliarden Euro. Die Elektrolyseure, die von Element 1 und Zenith Energy gebaut werden, könnten bereits 2026 ans Netz gehen.
Der Wasserstoffanlagenhersteller ITM Power meldete fast zeitgleich, mit umgerechnet rund elf Millionen Euro von der britischen Regierung eine Zehn-Megawatt-Produktionsstätte in Schottland zu errichten. Auch hier wird der nötige Strom per Windkraft erzeugt werden.
Deutschland verständigte sich indessen mit Australien auf das gemeinsame Wasserstoffprojekt Hygate. Die Bundesrepublik wird 50 Millionen Euro, Australien 32 Millionen Euro bereitstellen, um eine Wasserstoff-Lieferkette vom Kontinent Down Under ins Herz von Europa aufzubauen. Hier geht es darum, dass australischer Solarstrom eine besonders günstige Wasserstoffproduktion ermöglichen könnte.
Ausbruch aus dem Seitwärtstrend
Dass es zunehmend um reale Projekte und Umsätze geht, sollte die Entwicklung der Aktienkurse von Unternehmen, die in dem Sektor aktiv sind, stützen. Gerade wenn in den kommenden Wochen und Monaten mehr und mehr Details zum Green Deal der EU und der Verwendung der vorgesehenen Gelder bekannt wird, könnte sich dies positiv auswirken. Nach dem übertriebenen Hype Anfang 2021 haben viele Wasserstoffaktien über Monate konsolidiert. Zuletzt war aber ein deutlicher Ausbruch aus dem Seitwärtstrend zu beobachten.
Wer sich als Anleger in dem immer noch von starken Schwankungen geprägten Sektor engagieren will, sollte eine erhöhte Risikobereitschaft mitbringen. Von den beiden ETFs auf dem deutschen Markt hat sich zuletzt der VanEck Hydrogen Economy (ISIN: IE 00B MDH 153 8) etwas besser entwickelt als der L & G Hydrogen Economy (IE 00B MYD M79 4). Die Portfolios ähneln sich, der ETF von L & G ist mit 32 Titeln etwas breiter aufgestellt als der VanEck mit 25. Eine Alternative mit einem längeren Track Record ist das Wikifolio Euro Wasserstoff Maxx Zukunft Zertifikat (DE 000 LS9 QTU 9) vom Finanzen Verlag, in dem €uro am Sonntag erscheint. Es enthält aktuell 33 Aktien aus der Wasserstoff-Wertschöpfungskette, die Zusammensetzung wird vierteljährlich überprüft.