Niedrige Kurs-Gewinn-Verhältnisse, hohe Dividendenrenditen, verborgene Substanz: Zwölf Aktien, die nach der Bewertungsmethodik von Börsenlegende Benjamin Graham gewaltiges Kurspotenzial versprechen und zudem ein Sicherheitsnetz bieten.
Als Benjamin Graham vor gut 110 Jahren begann, sich mit Aktien zu beschäftigen, waren die Kurse größtenteils zufallsgetrieben. Setzte ein Kaufrausch ein, gab es kein Halten mehr. Sobald die Euphorie abebbte und sich die Anleger neuen Themen zuwandten, ließen sie ihre alten Favoriten fallen wie heiße Kartoffeln.
Daran hat sich im Prinzip nichts geändert. Doch trotz aller Achterbahnfahrten gibt es eine Reihe von Titeln, die sich langfristig im Auf und Ab der Märkte behaupten. In aller Regel sind das Aktien von Firmen, die ihre Gewinne und Dividenden kontinuierlich steigern. Dieses Wissen verdankt die Welt der Fundamentalanalyse, der Graham den Weg ebnete.
Nach der Formel von Börsenikone Benjamin Graham müsste die Aktie der Lufthansa zwischen 10,80 und 18,45 Euro wert sein. Zumindest das obere Ende dieser Spanne scheint aus heutiger Sicht erst einmal unrealistisch, ganz aus der Welt ist es aber nicht.
Tatsächlich sind die rund acht Milliarden Euro Pensionsverpflichtungen zusammen mit Konjunktursorgen in Europa der Hauptgrund, warum der Kurs aktuell so niedrig ist. Doch es gibt auch eine Menge Substanz zu heben, was die Pensionslasten mindestens aufwiegt. Als die Kranich-Linie Anfang 2020 über eine Ausgliederung der Techniksparte nachdachte, taxierten Analysten deren Wert auf 7,5 Milliarden Euro – das entspricht exakt der heutigen Marktkapitalisierung des gesamten Konzerns. Vorstandschef Carsten Spohr erteilte zwar auf der letzten Hauptversammlung der Abspaltung dieser Einheit, in der das Wartungsgeschäft gebündelt ist, eine Absage, aber der wachsende Druck von Großinvestoren könnte ihn über kurz oder lang zum Umdenken bewegen. Am 10. Dezember veranstaltet Lufthansa Technik einen Kapitalmarkttag. Börsianer sind bereits gespannt, welche Neuigkeiten dort verkündet werden.
Top-Aktien wie Lufthansa und Alphabet – darum sind die Chancen jetzt so hoch
Denkbar wäre zudem eine Ausgliederung oder ein (Teil-)Verkauf des florierenden Frachtgeschäfts. Das wäre im Sinne von Klaus-Michael Kühne, mit 19 Prozent der Anteile größter Lufthansa-Einzelaktionär. Der Logistikunternehmer ist auch Hauptaktionär der Reederei Hapag-Lloyd, die ihr Produktportfolio durch eine Beteiligung an Lufthansa Cargo um die Komponente Luftfracht erweitern könnte. Im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ machte der Milliardär kürzlich deutlich, dass er mit der Kursentwicklung unzufrieden ist, und kündigte an, seine Vorstellungen der Geschäftspolitik „stärker artikulieren“ zu wollen. Im Passagiergeschäft wäre eine stärkere Konzentration auf die Premiummarken Lufthansa und Swiss, die laut Kühne hinter die Konkurrenz aus dem Nahen und Fernen Osten zurückgefallen sind, eine Option, um höhere Margen einzufliegen. Es ist auf jeden Fall zu erwarten, dass der 87-jährige Kühne aufs Tempo drückt. Folglich könnte zeitnah einiges passieren, um das Potenzial freizusetzen, das in der Aktie schlummert. Zumindest die Untergrenze des nach der Graham-Formel errechneten Ertragswerts von 10,80 Euro sollte bis Ende 2025 erreichbar sein.
Google-Mutter Alphabet: Mehr Wert durch Zerschlagung
Im Vergleich zu anderen Techunternehmen wird Alphabet mit einem deutlichen Bewertungsabschlag gehandelt, eine mögliche Aufspaltung könnte Werte heben. In einem laufenden Kartellverfahren wird dem Konzern in den USA der Missbrauch seiner Marktmacht vorgeworfen. Laut einem Gerichtsurteil von Anfang August habe die Alphabet-Tochter Google bei Onlinesuchen und der damit verbundenen Werbung ein illegales Monopol inne. Damit wurde der Weg frei für ein Anschlussverfahren, in dem es um geeignete Maßnahmen gehen soll, um Googles Dominanz zu entschärfen. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg fordern führende Beamte des US-Justizministeriums nun den Verkauf des zu Google gehörenden Internetbrowsers Chrome. Die Software kommt auf einen Marktanteil von 61 Prozent und ist ein zentraler Bestandteil von Googles Kerngeschäft. Von der designierten US-Regierung kann sich Google nicht viel Abhilfe versprechen. Der von Trump für das Amt des Vizepräsidenten auserkorene J. D. Vance forderte explizit, den Konzern aufzuspalten. Was zunächst wie ein Nachteil aussieht, da Synergieeffekte verloren gehen, könnte sich am Ende für die Aktionäre auszahlen. Denn die einzelnen Bestandteile könnten durchaus mehr wert sein als der Alphabet-Konzern derzeit insgesamt.
Allein die Videoplattform Youtube könnte es laut Schätzungen auf über 400 Milliarden Dollar bringen. Der größte Teil der Einnahmen kommt durch die Werbung innerhalb der Google-Suche zustande, im letzten Quartal waren das fast 50 Milliarden Dollar. Mit einem operativen Quartalsgewinn von 30,9 Milliarden Dollar bei einem Umsatz von 76,5 Milliarden Dollar ist die Sparte Google Services, zu der auch die Anzeigengeschäfte gehören, hochprofitabel.
Auch nach einer möglichen Aufspaltung wäre das Anzeigengeschäft weiterhin lukrativ. Wie eine Aufspaltung genau aussehen könnte, ist derzeit unklar. Ein mögliches Gerichtsverfahren könnte sich Jahre hinziehen. Unterdessen werden andere Techunternehmen wie Apple, Microsoft und Amazon deutlich höher bewertet. Dadurch ergibt sich bereits ein Aufholpotenzial von 60 Prozent gegen über der Peergroup, das spätestens durch eine mögliche Zerschlagung katalysiert werden könnte. Kursziel: 240 Euro.
Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Dort finden Sie den vollständigen Artikel sowie die restlichen Aktien
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Deutsche Lufthansa.