Auch wenn die Aktienmärkte im August etwas konsolidiert haben, stellen sich Anleger immer noch die Frage. Sind Aktien insbesondere der Industrieländer derzeit zu teuer? Wirft man einen Blick auf die großen Indizes wie Euro Stoxx, DAX oder S & P 500, könnte man meinen, dass die Bewertungen angesichts der niedrigen Zinsen einigermaßen in Ordnung sind.

Schaut man jedoch auf Nebenwerteindizes wie den Russell 2000, der zehn Prozent der US-Marktkapitalisierung abbildet, könnte man zu einem ganz anderen Schluss kommen. Sein aktuelles KGV liegt laut Birinyi Associates bei 87,9. Das ist deutlich höher als etwa zu Zeiten der Internetblase um die Jahrtausendwende.

Der Indexanbieter FTSE Russell gibt hingegen ein KGV von "nur" 25,6 an. Allerdings berücksichtigt der Indexanbieter bei seiner Berechnung keine Firmen, die Verluste machen. Dies trifft jedoch für rund ein Drittel aller im Index enthaltenen Unternehmen zu.

Angesichts dessen kann man sich die Frage stellen: Wie gut geht es Corporate America wirklich? Zumal die binnenorientierten Titel stark von der Trump-Euphorie profitierten. Doch seine angekündigten Steuersenkungen und das Infrastrukturprogramm lassen auf sich warten. Ob sie jemals umgesetzt werden, ist inzwischen mehr als fraglich. Von diesen Maßnahmen hätten die kleinen Unternehmen besonders stark profitiert.

Aber auch insgesamt sehen die USA bewertungstechnisch nicht gut aus. Norbert Keimling von StarCapital untersucht regelmäßig die wichtigsten Aktienmärkte weltweit anhand fundamentaler und technischer Bewertungsindikatoren und erstellt daraus den StarCapital Länder-Score. Hier befindet sich die USA auf dem letzten Platz.

Auffällig gut schneiden bei dieser Bewertung viele Schwellenländer ab. Aus seinen Bewertungskennziffern leitet Keimling langfristige Renditeerwartungen ab (zehn bis 15 Jahre). Hier kann man real von US-Aktien auch nicht viel erwarten. 3,4 Prozent pro Jahr dürften es sein. Nur für dänische Aktien liegen die Erwartungen mit 2,6 Prozent noch niedriger.

Am besten sieht es hingegen in Russland aus. Hier solle man 14,3 Prozent pro Jahr erzielen können. Auch in der Gesamtbetrachtung liegen Schwellenländer mit 7,5 Prozent pro Jahr vorn. Für den Weltaktienmarkt erwartet Keimling indes 5,7 Prozent. Untermauert wird diese langfristige fundamentale Betrachtungsweise aktuell durch starke Daten aus den Schwellenländern. "Der Wachstumsvorsprung der Schwellenländer gegenüber den Industriestaaten nimmt weiter zu und der Inflationsdruck geht auf ein moderates Niveau zurück, was den Gewinnanstieg stützt.

Nach Jahren einer schlechteren Wertentwicklung gegenüber den Industrieländern werden Titel aus den Schwellenländern zu attraktiven Abschlägen gehandelt", sagt Suneil Mahindru, Chief Investment Officer für internationale Aktien bei Goldman Sachs Asset Management. Auch Ric Torres, Portfoliomanager des Capital Group Emerging Markets Total Opportunities, sieht in den Emerging Markets viel Licht und wenig Schatten. Selbst in Russland - einem der schlechtesten Märkte 2017 - sieht er einige positive Entwicklungen.

Der Aufschwung gewinne an Dynamik, die Inflation lasse nach und die Staatsfinanzen scheinen stabil zu sein. Daher könne Russland in diesem Jahr sogar das Investment-Grade-Rating zurückerhalten. "Doch obwohl die Reallöhne jetzt endlich steigen, hat sich der Konsum noch nicht wie erwartet erholt", betont Torres. Außerdem müsse die Regierung eine Reihe von Reformen einleiten, damit die Wirtschaft weiter wachse. Dazu zählten eine Rentenreform und eine neue Haushaltsplanung.

Doch Torres stellt klar: "Meiner Ansicht nach wird es dazu aber erst kommen, wenn nach den Wahlen im nächsten Jahr das neue Kabinett Putin übernimmt."